Es ist ein seltsames Bild, das sich am Hof der neuen 10 Mio. Euro teuren Brennerei in Biberbach bietet: Doris und Josef Farthofer winken einem Sattelschlepper nach. Doch es ist nicht irgendeine Lieferung, machen die beiden Mostviertler uns klar: „Das war die erste Großbestellung, die unsere Brennerei verlassen hat“. Erleichtert wirkt das Paar, das noch vor der Pandemie einen Schritt plante, der gewaltig ist. Gestiegene Baukosten, Verspätungen und umzurüstende Maschinen standen an der Tagesordnung, ehe im August 2023 alles fertig war. „Fast alles“, wie Doris Farthofer präzisiert. Aber es kann endlich destilliert und vor allem Geld verdient werden mit dem Schmuckstück, das von Chinaschilf umstanden ist.
Damit heizt man die Mälzerei und die Destillerie zum Teil; weitere nachwachsende Energie liefern die Hackschnitzel der umliegenden Wälder für die Bio-Brennerei. Was vor 20 Jahren („Zeit zum Feiern hatten wir aber nicht“) begann, stellt heute im deutschen Sprachraum eine Rarität dar. Nicht nur, dass gemälzt wird vor Ort, ist einzigartig. Durch das Brauerei-Equipment kann nun auch die erste Stufe der Getreidebrände abgeläutert werden wie echtes Bier. Was unter „Vom Feld in die Flasche“ an Whiskys – Single Grain bzw. Single Malt – destilliert wird, dürfte demnächst also anders schmecken. Zumal der niederösterreichische Tüftler auch mit den Hefe experimentiert. Sieben verschiedene „new makes“, als ungelagerte („weiße“) Whiskys zwischen 88 und 90% vol. kosten wir während des Besuchs. Das Spektrum reicht von grüner Birne bis intensiver Schokolade. Verändert wurde aber nur der Hefestamm – willkommen in der wunderbaren Welt des Brennens!
Bis es so weit ist, dass diese Ansätze gefüllt werden, vergehen aber noch drei Jahre an Whisky-Mindestreifung. Oder mehr. Im neuen Kostraum zu Biberbach, der neben der bekannten „Mostelleria“ in Öhling das gesamte Brände-Spektrum vorstellt, stehen aber noch genug bewährte Getreide-Destillate. Etwa die Farthofer-Brennjahrgänge 2015 und 2016, von unterschiedlichen Feldern und in anderen Fässern ausgebaut. Wir wählen nicht den üblichen Single Malt, sondern entscheiden uns für den Zweier-Flight aus Emmer und Mais.
Speziell der Emmer-Whisky war schon immer ein Liebling unter den Getreidebränden Josef Farthofers. Einerseits erinnert der Name an ein versunkenes Sportgeschäft und den daraus stammenden Gymnasialfreund Emmer, zum anderen ist der Getreide-Underdog in der Brennblase gut aufgehoben. Er ergibt nämlich eine reine Frucht, die sich nicht den Umweg über die zarte Leim-Note eines Roggenbrandes suchen muss. Diese wird durch die sechs Jahre dauernde Reifung im Mostello-Fass (hierin reifte zuvor der aufgespritete Birnen-Wein Farthofers) noch akzenturiert.
Wir singen: Land des Emmer, zukunftsreich!
Ja, Erdbeere und Kirsche mögen ungewöhnlich in dieser Reintönigkeit bei Whisky sein, doch der mit 41,4% vol. gefüllte Brand zeigt sie dennoch trotzig. Nuss und Noisette-Schokolade tragen noch weiter zu einem einladenden Geruch bei.
Salzkaramell und feiner alkoholischer Biss machen auch am Gaumen gehörig Staat. Die nussigen Noten aus dem Duftbild sind auch nicht ganz verschwunden; als geriebene Walnüsse bringen sie Spannung mit. Das wärmende und lange Finale liefert den einzigen etwas pikanteren Geschmack. Doch auch hier ist der Emmer ein angenehmer Zeitgenosse – das Rückaroma wartet mit einer Kombination aus Dörrfeige und Marzipan auf. Und serviert so wieder einen satten, runden und nur dezent süßen Abschluss. Diesen Brand vom „Kirchweg Acker“ kann man jederzeit auch Einsteigern in die Austro-Whisky-Szene servieren.
Für Fortgeschrittene, vor allem solche mit einem Faible für Mais-Whisky, lässt sich unser zweiter Kostschluck in der Brennerei anraten. Nein, das ist kein US-Bourbon der Marke „Popcorn trifft Kokos“! Vielmehr duftet der Mais-Whisky aus dem Mostviertel nach frisch geschälten Erdnüssen und Erdnussbutter zugleich. Ein Touch Weißer Schokolade – wer es ganz genau wissen will: Marc de Champagne-Trüffel – sorgt aber für die Getreide-typische Süß-Anklänge in diesem Duftbild.
Das setzt sich auch im Mund fort, wo der „Kirchfeld“ Schokolade und etwas Reis-Auflauf in Stellung bringt – der Mais ist hell und fruchtig zu schmecken. Erst dann setzt die Power der fast 50 Volumsprozent ein. Etwas Ananas und Weichkaramell werden vom Alkohol etwas maskiert. Doch wir „dashen“ einfach und schließen den Öhlinger Whisky mit etwas Wasser auf. Da wird dann auch das Finale ein schmeichelndes. Zurückgelehnt im neuen Kostraum der Farthofers tritt man doch gedanklich eine Zeitreise an: „Stollwerck“ ist die beste Beschreibung für den Ausklang dieses Whiskys.
Bezugsquelle:
Destillerie Farthofer, Whisky „Emmer“ vom Kirchweg Acker 2015 (Mostello-Fass) kostet EUR 54,90, der Mais-Whisky „Kirchfeld“ 2016 (Starkbier-Fass) ist um EUR 57,60 zu haben – beide im Webshop der Brennerei, www.destillerie-farthofer.at