„Grosse Weine aus den besten Rieden“ versprach die erste Steiermark-Verkostung dieser Art, die in der Alten Universität Graz ausgerichtet wurde. Eine Warnung schrieb Obmann Stefan Potzinger gleich ins Vorwort des Kostkatalogs: „Die steirischen Lagenweine sind sehr stark durch den jeweiligen Witterungsverlauf des Jahres geprägt“. Immerhin stünden in einer reinen Vertikale der letzten Jahrgänge auch das nasskalte 2014 zur Beurteilung an. Wir beginnen unsere kleine Steirer-Wein-Serie aber mit einem, der gleich von 2015 auf 2013 sprang in seiner Präsentation.
Christoph Neumeister hatte seinen Parade-Sauvignon blanc mitgebracht. Als Mitglied der „Steirischen Terroir- und Klassik-Weingüter“ (STK) sind Vergleiche der Lagenweine über mehrere Jahre Standard am Stradener Weingut. Doch die Varianz der Jahrgänge (bei gleichzeitig erkennbarer Familien-Ähnlichkeit) zu erleben, macht immer wieder besonderes Vergnügen. „Typisch steirisch, aber mit einem Extra an Würze“, seien die Weine von den vulkanisch geprägten Böden der Südoststeiermark. Durch den geringeren Niederschlag als etwa in der nahen Südsteiermark (900 statt 100 Millimeter/Jahr) ergäbe sich im „Vulkanland Steiermark“ nicht „die kühle, strahlende Frucht wie in der Südsteiermark, sondern eine deutlich stoffigere Art, eine gewisse Fett’n“. Riecht man am Paradewein von Neumeister, merkt man instinktiv, was er damit meint. Das Sprungbrett in die Moarfeitl-Aromenwelt stellte dabei der 2015er dar. Die beiden Seiten dieses Klassikers aus dem Vulkanland signalisiert schon die Nase: Tropenfrüchte, vor allem intensive Maracuja, aber auch grüne Mango, mischt sich mit dem momentan noch fast versteckten Kräuter-Ton. Zart zeigt sich Melisse und etwas Kamille, aber die Primärfrucht brettert da noch drüber. Noch!
Denn im Kostschluck zeigt sich der Wein bereits recht entwickelt; vor allem die feine Mineralik nimmt der Opulenz des Fruchtkorbs ein wenig den „Nipf“, dazu kommt auch eine schöne Säure, die im Finish an Limette samt Schale denken lässt. Doch so entlässt uns der Moarfeitl 2015 noch nicht. Eine kräftige Ladung Kräuter bleiben lange spürbar, entzieht sich aber aktuell noch einer feineren Bestimmbarkeit. Das sieht mit fortschreitender Reife anders aus, doch dazu später mehr. Jetzt gibt es als Kontrastprogramm den deutlich gelbfruchtigeren Jahrgang 2013 des Sauvignon blancs. Hier ist momentan fast alles Saftigkeit. Die Mango schimmert hier gelb und reif vor sich hin, am Gaumen erinnert das beinahe an ein indisches „Lassi“, zumal sich auch eine feine Safranwürze in die ansonsten strahlende Frucht mengt.
Der Mango beim Reifen zuschauen: „Moarfeitl“ 2012
Die dritte Variante des möglichen Mischverhältnisses aus Exotik-Noten und Würze bringt dann der 2012er Moarfeitl mit. Hier kommt nach einem anfänglichen Rauchton die Fruchtigkeit in ihrer säurigen Version zur Geltung. Die Mango? Sie ist da, aber auch Marillen und Ringlotten, ein Bild, das sich am Gaumen erneut zeigt. Der Vanilleschote und Mango stehen dann grüne Birnen-Akzente, aber auch eine trocken-würzige Note gegenüber, die an Kakaopulver erinnert. Hier beginnt offenbar gerade eine Verpuppung: Die jugendlichen Noten sind schwächer, doch merklich arbeitet der 2012er gerade an seiner weiteren Reifestufe. Der Weg dazu kann durchaus noch dauern, denn den für uns schönsten Wein schenkt der Winzer als letzten ein.
Momentan auf einem ersten Plateau zeigt sich nämlich der älteste Jahrgang, den Christoph Neumeister aus dem Keller nach Graz gebracht hat: Der 2009er Sauvignon bringt einen würzigen Strang genauso mit wie die Tropenfrucht vollreifer Sortenvertreter. Mango mischt sich mit Vanille, im cremigen Mundgefühl lässt sich auch ein satter Honigton entdecken, mit dem die Tropenfruchtigkeit noch schmelziger wirkt. Vor allem die intensiven, herben und grün-würzigen Noten von Wermutkraut und Thymian (!) zeigen aber, dass die Überraschungen mit dem Moarfeitl gerade erst beginnen. Wohl dem, der noch eine solche Flasche findet: Zuhause, in der Vinothek, beim Wirten, das ist egal!
Bezugsquelle:
Weingut Neumeister, Sauvignon Blanc „Moarfeitl“ 2015 ist um EUR 35 ab Hof bzw. im Webshop erhältlich, www.neumeister.cc
Der Jahrgang 2013 findet sich noch beim Weinhandelshaus Döllerer im E-Shop, als Magnum (1,5 Liter-Flasche) kostet er EUR 89,70; als Doppelmagnum (3 Liter) gibt es dort auch den „Moarfeitl“ 2012 um EUR 200, www.weinhandelshaus.at