Es gehört im Jahreskreis der heimischen Bierfreunde seit elf Jahren einfach dazu: das Waldbier. Die jährlich wechselnde Edition, für die Braumeister Axel Kiesbye in die Gehölze der Österreichischen Bundesforste ausrückt, um dort „waldige“ Zutaten zu ernten. Für Journalisten gibt es den kleinen Spoiler-Alert, wenn die ersten Photos von den ÖBf-Zutaten verschickt werden. Doch wie die heuer aus den Tuxer Alpen stammenden Ingredienzen dann im Bier schmecken, ist wieder eine andere Sache. Für dieses Jahr kamen Zirbenzapfen und Schwarzbeeren – wilde Heidelbeeren, würde man abseits des „Heiligen Lands“ sagen – in die Sammelkörbe. Die Gebirgswälder des Oberinntals seien besonders typische für diese beiden Pflanzen, von denen 60 Kilo gesammelt wurden, heißt es seitens der Forstauskenner.
Wer einen harzigen „Hammer“ von Bier wie 2012 erwartet, sollte aber Kiesbyes Erntemeldung genau lesen. Etwa zehn Kilogramm noch unreifer Zirbenzapfen, die mit Förster Ephräm Unterberger eingeholt wurden, stehen nämlich fünfzig Kilo Schwarzbeeren gegenüber. Was sich schon in der Farbe des Biers bemerkbar macht – der fast schon violette Anklänge zeigende kupfer-orange Ton verdankt sich den Beeren. Und auch bei Alkohol wurde es bei der „Edition Tiroler Bergwald“ leichtfüßiger – 5,9% vol. stehen zu Buche. Großflaschen allerdings wurde traditionell ebenso gefüllt wie die 0,33 Liter-Version von Zirbe/Schwarzbeere.
Und die beiden Aromageber verbinden sich unterschiedlich mit dem Gerstenmalz, das gleich vorwitzig den ersten Duft-Gruß schickt. Dahinter finden ich leichte Beeren-Noten, allerdings rofruchtiger Natur. Sie erinnern neben Himbeere an Rhabarber und Hibsikus, auch eine leichte Honigsüße hat der Wild-Heidelbeer-Saft als Duftspur hinterlassen.
Der Antrunk fällt ebenfalls fruchtig aus, die rezente Kohlensäure sorgt für einen guten Trinkfluss von Beginn an. Etwas herbe Frucht – man denke an Hagebutte und Papaya-Würfel – verrät den Zirben-Akkord. Feine, harzige Geschmacksnoten gibt er im Mittelteil ab. Doch da wäre noch das Finale, das wieder süßere Töne anschlägt: Pink Grapefruit, etwas Blutorange und reife Himbeere wetteifern um die Krone der Saftigkeit. Vor allem sollte man die animierende Art dieses Waldbiers loben. Es ist kein Kreativexzess, sondern macht sicher auch den normalen Bierkonsument neugierig mit seiner attraktiven Farbe. Vor allem aber löst es auch geschmacklich diese Animierung zum Austrinken ein.
Übrigens: Mit dem 2021er Waldbier schlägt der Braumeister in Obertrum auch ein neues Kapitel auf. Anfangs wanderten ja Teile von Nadelbäumen (Tanne, Zirbe, Lärche, Schwarzkiefer und Fichte) im Sudkessel. Auf diese fünf Editionen folgen Gehölze und Wildobst wie Wacholder, Traubenkirsche, Holzbirne und Elsbeere. Nun soll die Herkunft, in diesem Falle Tirols Wälder, im Mittelpunkt stehen. Mal sehen, was folgt. Kiefernharz und Holunderbeere aus dem niederösterreichischen Föhrenwald? Granten und Lindenblätter aus Kärnten? In jedem Fall – wir werden wieder „waldig“ verkosten 2022!
Bezugsquelle:
Waldbier, „Edition Tiroler Bergwald“ 2021 (Schwarzbeere/Zirbe) kostet EUR 59 (20 Stück 0,33-Liter-Flaschen) beim Online-Shop von Waldbier-Macher Axel Kiesbye, https://kiesbye.at/