Wenn man heute an Essig, Sirup und Senf denkt beim Marken-Namen Mautner Markhof, ist das eine ziemliche Verkürzung der Firmengeschichte. Denn die Hefefabrik – und damit auch Bier – standen am Anfang der Dynastie. Schon kurz, nachdem Josef Groll in Pilsen das untergärige Lager erfunden hatte, kam Ignaz Mautner Markhof 1841 aus Böhmen nach Wien und brachte „Abzugsbier“ mit. Die ebenfalls untergärige Variante revolutionierte den Geschmack mit ungewohnt hellem und vor allem ganzjährig verfügbaren Bier.
Ganz riss die Brau-Tradition nicht ab. Manfred Mautner Markhof senior und junior prägten die Geschicke von „Schwechater“ im 20. Jahrhundert und bis heute steht die renommierte Grieskirchner Brauerei unter der Leitung von „Bräu“ (=Brauherr) Marcus Mautner Markhof. Und an ihn wandte sich auch ein leidenschaftlicher Brauer aus der 11. Generation der Familie. Matthäus Mautner Markhof nannte seine neue Marke Seisenegger. Ihre Heimat ist nämlich Schloss Seisenegg im niederösterreichischen Viehdorf. Auch hier braut ein Mautner Markhof, nämlich der Vater von Gründer Matthäus, Maximilian Mautner Markhof. Die kleine Schlossbrauerei stellt ein Hobby dar, ermöglicht aber natürlich auch Versuchssude, um ein Rezept für den größeren Maßstab zu kreieren. Es wurde ein „Wiener Lager“, im Grunde ein ähnlicher Bierstil, wie er auch am Anfang der Mautner’schen Braugeschichte stand. Mit dem Vize-Weltmeister der Bier-Sommeliers, dem Mühlviertler Braumeister Felix Schiffner, fand man einen weiteren Partner für die Rezeptentwicklung.
Denn es sollte in jedem Fall ein besonderes Bier werden, „eines, das man aus dem Champagnerglas trinkt“, so Matthäus Mautner Markhof und Natanel Gottlieb unisono. Letzterer ist Mitgesellschafter bei Seisenegger. Und er ist stolz auf die elegante Flasche, die vom Münchner Designer Pascal Plaumann stammt und in einer Mailänder Glasmanufaktur gefertigt wird. Die Optik schlägt sich zwar auch auf den Preis des Biers, steigert in der Tat aber auch die Neugierde auf den Inhalt. Zumal das Wiener Lager ein wieder beliebterer Stil, aber kein unbedingt leicht auszubalancierender ist. Zu malzig sollte es nicht sein, doch ohne den wahrnehmbaren Röstgrad eines „Wiener Malz“ ist es eben auch kein „Wiener Lager“.
Die zweite Angst besteht beim Seisenegger jedenfalls nicht, die dunkel-goldbraune Tönung und der Duft machen da sicher: Fast nussige Malztöne von Schokolade und Roggengebäck nimmt man sofort wahr. Das in der Grieskirchner Brauerei gefüllte Lager verträgt auch ein bisschen Zeit im Glas – es wird noch intensiver und zeigt mit etwas Standzeit auch einen Touch Orangenzeste. Im Mund fällt die rezente Kohlensäure auf, die dem Malzkörper Paroli bietet. Der wird derweil etwas cremiger und erinnert an gekochte Esskastanien, rohen Steinpilz und etwas Schoko-Haferkeks (als Mischung aus getreidigem Biss und cremiger Fülle) ist für uns auch dabei.
Ganz zart meldet sich final dann auch die Bittere – sie bleibt dafür lange am Gaumen, auch wenn man schon zum nächsten Schluck ansetzt. Denn bei 5,3 % vol. ist die „drinkability“ des Neulings recht hoch. Prost!
Bezugsquelle:
Seisenegger, „Wiener Lager“ ist um EUR 6 (0,33 Liter-Flasche) im Webshop der Brauerei zu haben, www.seisenegger.at