Martinis Vermouth-Palette funktioniert (abgesehen vom „Extra Dry“) wie eine Farbskala. Mit dem „Ambrato“ (Bernstein) und „Rubino“ (Rubinrot) haben die Turiner zwei Neuheiten im Portfolio, die den zarten Trend zum Bitterkraut-Wein beflügeln dürften. Was Vermouth genau ist, regelt die Spirituosenverordnung auf EU-Ebene – und zwar erstaunlich lax. Neben dem Alkohol (14,5 bis 25%) ist man auch bei der Zusammensetzung recht locker. Der „aromatisierte Wein“ muss zu 75% Grundweine beinhalten und eine der Arthemisia-Arten, also Wermutkraut, unter seinen aromagebenden Stoffen aufweisen. Zur Wahl stehen Arthemisia absinthum, A. Pontica und A. Vulgaris. Bitterkeit bringt die Pontica-Variante, über die hier anlässlich eines österreichischen Vermouths schon zu lesen war, am meisten mit, A. vulgaris steht für Frische und die A. absinthum, nach der auch der berühmt-berüchtigte Absinth benannt ist, sorgt für herbale Noten. Master Herbalist Ivano Tonutti kennt derlei Eigenschaften, er sorgt für die Kräuterzusätze, während sich Master Blender Beppe Musso um die Weine kümmert.
Und eben Signore Musso war es, der letztens statt der Rebsorten Trebbiano und Catarratto, aromatisch mehr eine weiße Leinwand für Tonuttis Aromagaben, mit Moscato d’Asti DOCG und Nebbiolo aus dem Piemonteser DOC-Gebiet Langhe (für den roten „Rubino“) arbeiten wollte. „Na, Danke“, habe er sich zunächst gedacht, erinnert sich Tonutti an diesen Moment. Zwei Jahre lang wurde an den Botanicals getüftelt, die der weißen Aromasorte und dem zarten Rotwein ihr Aroma geben sollten. Chinesischer Rhabarber, die Rinde vom Fieberbaum aus Ecuador und die Römische Kamille – nicht vergleichbar mit der „Sinensis“ im Kräuterteee – wurden es beim „Ambrato“. Rotes Sandelholz aus der Zentralafrikan. Republik gibt dem „Rubino“ Farbe und Aroma. In beiden Fällen steht eine Mischung aus allen drei Arthemisia-Kräutern, angebaut im 15 Kilometer vom Martini-Standort Pessione entfernten Örtchen Pancalieri, und ein Zuckergehalt von 160 Gramm pro Liter dahinter. Für zwei Monate ruhen die Weine mit den Kräuterauszügen dann in einem „Tino“, einem jener Riesen-Bottiche aus Slawonischer Eiche, mit dem schon Co-Firmengründer Luigi Rossi (daher auch heute noch „Martini e Rossi“) 1863 arbeitete.
Der Riserva Speciale-Doppelpack verkostet
Das Ergebnis erweitert die Palette um einen honigsüßen und floralen Martini („Römische Kamille ist ähnlich wie Holunderblüte“, klärt Tonutti auf). Denn auch wenn kein Honig im „Ambrato“ ist, duftet der neue Vermouth intensiv danach. Muskatnuss, etwas Kamille (die wäre ja drinnen) und herbal-bittere Noten, die an grüne Nüsse und Jungzwiebel erinnern, sind ebenfalls da. Süß im Beginn, macht sich neben der Honignote auch ein fruchtiger Geschmack bemerkbar, der am ehesten mit Marille beschrieben wäre. Würzig und herber wird es ab dem mittleren Gaumen, da frischen dann die grünen Noten des Wermuts wieder auf.
Ganz anders und deutlich weiniger ist da der „Rubino“: Minze, Fleisch-Saft, grüner Pfeffer und etwas Thymian lassen zusammen mit dem süßen roten Früchtemix an den Italo-Klassiker „Amarone“ denken. Auch am Gaumen kommt von Anfang an viel an weinigen Aromen durch, vor allem der Gerbstoff, der praktisch ab dem ersten Nippen da ist. Eingekochte Früchte, namentlich Erdbeere und Kirsche, erinnern wieder an Amarone, doch auch hier wird es zusehends bitterer. Im Finish vereinigen sich die fast Hopfen-bitteren, grünen Noten und die rote Frucht in einem Rhabarber-artigen Abgang. Der hält lange an und sorgt für bitteren Nachgeschmack.
Abseits der Italo-Klassiker „Americano“ und „Negroni“ bedienen die beiden Neuen generell das wachsende Segment leichterer Cocktails. Der Signature Serve mit beiden „Riserva Speciales“ nennt sich schlicht „Der Turiner“ – hier das einfache Rezept:
IL TORINESE
1 Teil (z. B. 5 cl) Martini Ambrato
1 Teil (z. B. 5 cl) Martini Rubino
Sodawasser
Zubereitung: Einen Tumbler mit Eiswürfel füllen, die beiden Martinis verrühren und mit etwas Soda auffüllen. Mit Zitronen- und Orangenzeste garniert servieren.
Bezugsquelle:
Martini e Rossi, Vermouth di Torino „Riserva Speciale Ambrato“ (weiß) und „Riserva Speciale Rubino“ (rot) sind um jeweils EUR 14,80 (für 0,7 Liter) bei Getränke Del Fabro erhältlich, http://delfabro.at/