Mut und Feigheit. Die fetten Jahre. Die Kurve kratzen. Mit Titeln wie aus der Videothek (oder dem Bibliotheksregal, Abteilung Belletristik) haben Bernadette und Markus Altenburger ihre Verkost-Quartetts benannt. Zwanzig Lagenweine ab 2006 zeigte der Joiser in fünf Durchgängen, genauso stand aber der Umbau des alten Streckhofs im Mittelpunkt einer außergewöhnlichen Verkostung. Nach einer Führung durch die Keller, in denen neben Eichenfässern auch Beton-Eier, eine Ton-Amphore aus Stoob und ein Keramik-„UFO“ mit Wein befüllt werden, ging es an die Zalto-Gläser.
Die Probe der Blaufränkischen von Jungenberg und Gritschenberg sowie des Chardonnay-Vertikale von Jungenbergs aus zwölf Jahren, stellte einen Überblick dar, was sich seit dem Beginn als Trauben-Zukäufer am elterlichen Hof getan hat. Im kommenden Jahr erfolgt eine weitere Neuerung, dann erhöht sich durch Pacht der Weingarten-Besitz auf 20 Hektar. „Das ist eh nicht so wenig, wenn man es g’scheit macht, man muss aber auch nicht zu allem Ja sagen“, legt sich der Winzer auf die damit erreichte Obergrenze fest.
Höhepunkt war sicher die Präsentation des „Phantom-Jahrgänge“ 2010 des Blaufränkisch. Die Mini-Menge als Lagenweine von Gritschenberg und Jungenberg zu füllen, hatte sich der damals noch jüngere Winzer nicht getraut. Ergo gibt es gerade fünf Magnums, die er Interesse-halber abgezogen hatte, ehe der Rest in die Cuvées wanderte. Ein Fehler! Der deutlich härtere Gritschenberg mit seinem würzigen Rückgrat aus Maronischale und Espresso denkt nicht einmal daran, sich zu öffnen. Jugendliches Tannin und eine generell würzige, fast rauchige Art zeigen die vertane Chance an. Wir spenden Applaus. Vielleicht tröstet das. Denn auch der Jungenberg, deutlich zugänglicher mit seiner zarten Marzipan-Weichsel-Mischung am Gaumen, ist ein großer, in sich ruhender Wein geworden.
Neben den großteils vergriffenen roten Abfüllungen glänzte der Jungenberg auch mit seinen Chardonnays nach burgundischem Vorbild. Sie kommen aber eben nicht von Kalk, sondern vom Schieferboden, der eine andere Mineralik als das französische Ideal mitbringt. Will man diese Würze-Note charakterisieren, landet man in Mexiko, ergab die Tisch-Diskussion in Jois. Denn sowohl der 2012er, als auch der 2013er Chardonnay erinnerten im Duft an Mais-Tacos und Popcorn.
Beim Jahrgang 2012 kam dazu Sesam im Duft, am Gaumen mischte sich Reineclaude in die Mais-Aromatik. die kühle und würzige Ader wurde von einem salzigen Finish bekränzt, das für einen ordentlichen Zug sorgte.
Noch schöner fiel das heiße Jahr 2013 aus, hier notierten wir Sesamstangerl, Erdbeere und Butterkeks als Duftnoten. Der Kostschluck ließ an Kaktusfeigen, Sternfrucht und Tortillas denken. Dosierte Säure und ein zum Beissen dichter, aber nie üppiger Burgunder waren eine Empfehlung für diesen Jahrgang – der damit schon recht nahe am französischen Vorbild lag.
Der aktuelle, also 2015er Chardonnay wurde nach kurzer Maischestandzeit spontan im Beton-Ei und einem 500 Liter-Fass vergoren. 14 Monate lagerte der im März 2017 gefüllte Wein, der aus einem heißen Jahr stammt und so im Flight „Die Kurve kratzen“ neben den Chardonnays aus 2007 (fruchtsüß, pikant und gut gealtert) und 2009 (üppige Sekundäraromen wie Kokos, aber auch cremig wie Maispudding) stand. Safran in Reinkultur machen schon beim ersten Schnuppern neugierig auf den 2015er Jungenberg. Zum Papaya- und Roter Apfel-Duft kommt auch eine gemüsig-röstige Würze, die man am ehesten mit Karotten-Püree umschreibt. Der Eindruck am Gaumen erinnert an säurigen Gloster-Apfel; er stellt eine wild-animierende Mischung aus kühlen Noten und intensiven Apfel-Birnen-Aromen dar.
Vor allem im Finish zeigt der Wein die Schiefermineralik, die fast salzig (da dachten wir an Kapern!) ausklingt. Man sollte aber schnell sein. Nicht dass auch von diesen 1.700 Flaschen Jahresproduktion alles vergriffen ist!
Bezugsquelle:
Markus Altenburger, Chardonnay „Ried Jungenberg“ 2012 und 2013 ist in Restflaschen zu EUR 33 ab Hof erhältlich, www.markusaltenburger.com Der „Ried Jungenberg“ 2015 ist um EUR 29 bei Getränke Wagner erhältlich, www.wagners-weinshop.com