Es gibt sie wieder, die gemeinsam Box mit kräftigen Bierstilen aus dem Mühlviertel. Es sind zwar nur mehr drei Brauereien, doch alle drei stehen für Beständigkeit und regionale Rohstoffe: Die famose Brau-Commune Freistadt und die Stiftsbrauerei Schlägl hat ebenso ein Bier (und hölzerne Untersetzer) beigesteuert wie Hofstetten. Um letztere soll es im Detail gehen, denn Bräu Peter Krammer hat die kalte Jahreszeit genutzt und eine Auswahl seiner wärmenden Biere übersendet. Das „Granit“ ist vielleicht das Bekannteste aus seinem Braukessel, doch die Intensität lässt sich locker steigern. Dunkle Malze, entsprechend höhere Alkohol und mitunter auch Restsüße und Holzfass-Aromen sind eine große Spielwiese. Und eine, auf der wir gern mit herumtollen.
Beginnen wir also mit dem „Barley Wine“, den Krammer für die Bierviertel-Selection beigesteuert hat. Gebraut wurde er mit Malz aus regionaler „Heines Haisa“-Gerste. „Bei der Hefe“, lässt sich Krammer in die Karten blicken, „haben wir uns von dem Know-How, das wir in Zusammenarbeit mit den Engelszeller Trappisten erworben haben, inspirieren lassen“. Besonders fruchtige Aromen verspricht man dem Bierfreund bei Hofstetten. Nun, der „Barley Wine“ ist eine echte Brauspezialität geworden, die mit dem Spannungsaufbau schon beim Honigbraun im Glas beginnt. Der Geruch wird von Rosine, Malzkaffee, viiiiel Dörrobst und Ovomaltine gebildet. Gibt man dieser Rarität bewusst mehr Luft im Glas, dann kitzelt der Sauerstoff aus der kompakten, dunkel-malzigen Duftwolke mehr und mehr auch Gewürze heraus. Für uns frischte vor allem Kardamom dabei auf.
Der erste Schluck erinnert dann an den geschmacklichen Nachdruck einer frischen Zwiebelsuppe. Denn auch dieses Mühlviertler Bier verbindet pikante, süße und leicht säurige Aromen mit einem Tiefgang, für den man heute „umami“ sagt. Der gewaltigen Restsüße des Hofstettners entspricht aber auch eine ordentliche Bittere. Sie ist ein Paradebeispiel für Röstbittere, denn kein Alzerl Hopfen-Kräutrigkeit findet sich in diesem adstringierenden Element. Jedes für sich wäre zweifellos zu viel. Doch zusammen ergibt sich ein harmonischer Eindruck. Zumal sich im Nachtrunk auch noch ein salziger Zug hinzugesellt. Wer sich beim Lesen eine Mischung aus Aranzini mit ihrem Bitterschoko-Überzug und Soletti vorstellen kann, hat einen guten Eindruck vom „Barley Wine“.
Wenn man intensive Bier-Aromatik mag, dann kennt man auch „G’froren’s“, ein geeistes India Pale Ale. Der Trick liegt neben dem Ausfrieren des Biers nach der Eisbock-Methode im nachträglichen Hopfenstopfen. Damit wird die Wucht des konzentrierten (das Wasser fror aus!) Biergeschmacks mit einem Aromahopfen kombiniert. In der aktuellen Edition ist das der amerikanische Mosaic gewesen und das unfiltrierte Bernstein im Glas zeigt schon an: Obacht, jetzt wird’s kräftig! Die Hopfen-Note ist ebenfalls unverkennbar, sie bringt Cavaillon-Melone, ein wenig Babymais, am stärksten aber Mandarine an die Nase.
Der Bitterton des Hopfens ist auch im Mund sofort da, danach aber taucht man tief ab in die Geschmackswelt, die so unterschiedliche Pole wie Waldhonig und Salzgebäck aufspannen. Wieder ist Mandarine da, konkret sogar mit der dezenten Bitterkeit der Zitrusschale. Auch Orangen und Zitronenmelisse schmeckt man immer deutlicher, sie darf man dem Mosaic zuschreiben. Ein extrem gelungenes Meditationsbier, das aber auch mit 9,9% vol. keine allzu große Schwere zeigt!
Und weil’s so schön war, wird auch der Granit-Bock geöffnet. Er durfte volle zwei Jahre in einem ehemaligen Whisky-Fass (von der Speyside-Brennerei Glen Moray) reifen. Tiefdunkel und mit praktisch keinem Schaum – um den geht es bei diesem Starkbier aber auch nicht – kommt der Fass-gereifte Bock ins Glas. Schon die erste Nase bringt Maroni, dunkles Karamell und Orangen-Kandis an die Nase. Auch Pumpernickel und Kochschokolade sind präsent. Am Gaumen zieht der Granitbock dann alle Register bis auf einen: Alkoholisch oder auch vom Whisky überlagert, ist dieses Bier nicht!
Dunkle Geschmacksnoten von Schokolade-Guss, Pekannuss, Rum-Rosinen und auch die Power der 9,5% vol kommen in einem Kaskadenartigen Guss auf die Zunge. Die wahre Meisterschaft aber liegt in der Verbundenheit dieser Eindrücke. Die Röstbittere und die Süße sind perfekt ausbalanciert, ein Rest Säure hilft dem Trinkfluss. Und das ist bei der Mächtigkeit vielleicht der wichtigste Punkt.
Mühlviertler Simplexity – das „Helle“
Womit wir beim Kontrapunkt wären. Denn dass sich Peter Krammer auch dem aktuell ziemlich allgegenwärtigen „Hellem“ widmet, überrascht nur oberflächliche Biertrinker. Denn der Stil ist einer, bei dem man – salopp gesagt – richtig brauen können muss. Man kann sich weder hinter Hopfen, noch hinter einem Malzkörper verstecken. Die Idee ist Leichtigkeit mit Biergeschmack zu verbinden, im Grunde der Inbegriff des britischen „simplexity“. Und der Bräu zu Hofstetten hat es sich nicht leicht gemacht.
Denn er besteht auch auf regionalen Rohstoffen für sein „Mühlviertler“. Wenn man so will, ist das auch ein Terroir-Bier aus St. Martin im Mühlkreis. Seine Farbe liegt schon im Idealbereich; helles Gold lädt ein, die Nase tut ein Übriges. Sie ist zart, hat aber Hopfenblume ebenso zu bieten wie helles Malz. Wie Kiwi in einer Cornflakes-Bowl, wenn man so will.
Die Kohlensäure im Antrunk ist relativ dezent, der Geschmack aber ausgeprägt. Etwas Honig schwingt mit in der hellen Getreideanmutung am Gaumen. Der Hopfen ist nur so fein erkennbar wie eine Bleistiftskizze hinter einer Filzstiftzeichnung – eigentlich eine reine Stütze, ohne die aber nichts geht. Die leichte Restsüße wird durch die dezente, aber nachklingende Kräuternote des Mühlviertler Hopfens nämlich abgemildert. Balancierte Drinkability ist das Ergebnis. Gut so!
Bezugsquellen:
Hofstetten, „Barley Wine“ ist als Teil des Bierviertel-Kartons (inkl. Starkbieren von Freistädter und Schlägl) um EUR 19,90 im Freistädter-Shop zu haben, www.freistaedter-bier.at
Hofstetten, „G’froren’s“ (Mosaic) kostet EUR 16,90 (0,33 Liter-Flasche) im Webshop der BeerLovers, https://beerlovers.at
Hofstetten, „Mühlviertler Bio“ ist um EUR 2,30 (0,5 Liter) ebenfalls bei BeerLovers zu beziehen, https://beerlovers.at