Zu einem raren Vergnügen baten Ewald Gruber und Josef Maria Schuster, die Pächter des Weinviertler Weingutes der Familie Abensperg-Traun. Gemeinsam mit den gräflichen Eigentümern wurde im namensgebenden Schloss Maissau das Beste aus fünf Jahrgängen verkostet. Alle Weine entstammten der ehemals „Manhartsrebe“ genannte Traube – dem Grünen Veltliner. Dieser hat gleich links unterhalb des auf wundersame Weise von den Besatzern nicht geplünderten Schlosses („Großmutter konnte zum Glück Russisch“, so die Gräfin) eine ideale Heimat im „Quittengang“.
Die Mineralität der Riede springt einem bei der 2010er Reserve schon aus dem Glas entgegen: Rauchige Noten, die sich mit der Zeit immer mehr als Feuerstein entpuppen, verweisen auf die Unterlage aus Manhartsberger Granit. Saftiger Pfirsich, mit Zimt gewürzt, und Banane liefern die Fruchtakkorde für die Nase. Der erste Schluck ruft ebenfalls Weingartenpfirsich-Assoziationen hervor. Der „Quittengang“ ist herrlich strukturiert, Säure und Mineralität treiben ein Verwirrspiel, wem dieses Gerüst hinter der saftigen Frucht zu verdanken ist. Am Ende bleibt er vielleicht ein wenig kürzer als erwartet, das darf 2010 aber nicht verwundern (und ist Jammern auf hohem Niveau). Wer nicht glaubt, dass das Regenjahr Eleganz am Veltliner-Sektor zu bieten hat, soll bitte diesen Wein kosten.
Ein Plädoyer für reifen Weißwein schloss Schuster dann mit der Vertikale des „Juliusberg“ an – 2007 bis 2009 kamen ins Glas. Geologisch gehört der letzte Stock aus Manhartsberger Granit eigentlich zum Waldviertel, die Weine darauf sind aber Weinviertel pur: Wer noch einen 2006er, der erste Jahrgang überhaupt unter diesem Label, besitzt, kann überprüfen, wie sich die Mineralität in diesen wuchtigen Weinen bewahrt. Auch der 2007er zeigte davon viel, aber das Versprechen schlechthin, wenn auch momentan noch recht alkoholisch, stellte der Juliusberg 2009 dar.
„Fruchtplunder“ fällt einem als erstes ein, wenn man die Aromen-Melange aus Marzipan, glockenheller Marille und Buttercreme wahrnimmt. Leichtes Röstgetreide, Ananas und Karamell erhöhen die Vorfreude. Entsprechend schmelzig kommt der Veltliner dann am Gaumen, geeiste Marille, intensive Würze (Nelken, Piment, Kardamom) nimmt dem Lagenwein im Finish ein wenig von der Schwere. In zwei Jahren spätestens wird er dem 2007er, für viele der Wein des Abends, um nichts nachstehen.
Die Riede, bislang gerade einmal 80 Ar umfassend, wird ab 2013 um zwei Hektar erweitert, flüsterte mir Ewald Gruber am Tisch der Gräfin noch zu. Aber diesen Jahrgang – das haben wir am Schloss gelernt – trinken wir dann ohnehin erst 2018.
Bezugsquelle: Schloss Maissau, Grüner Veltliner „Quittengang – Weinviertel DAC Reserve“ 2010, EUR 15, bzw. „Juliusberg – Weinviertel DAC Reserve“ 2009, EUR 22 bei der Alpe Adria Weinhandlung, www.weinamhof.at