Die Superlative folgen der Brennerei The Macallan spätestens ab der Jahrtausendwende. 1997 war der Export erstmals stärker als das Schottland-Geschäft der Brenner aus dem Örtchen Craigellachie. Heute liegt die technische Kapazität des Neubaus, der 2018 (nach 220 Mio. Euro Invest) eröffneten Destillerie bei 15 Mio. Liter Alkohol jährlich. Und trotz der Größe hat man es geschafft, als Luxusgut vor allem im Sekundärmarkt, auf dem sich die Sammler tummeln, Rekorde zu setzen. Danach sah es 1824, als die Brennerei von Alexander Reid gegründet wurde, noch nicht aus.
Doch zum 200. Geburtstag ließ man nicht nur Reid und seine Nachfahren in der wunderbar animierten Geschichte „Heart of the Spirit“ lebendig werden. Es wurde auch poetisch bei einer Hommage an die Highlands, die unter dem Namen „Spirit“ als zweistündige Show gestaltet wurde. Ein komplettes „warehouse“ hat man dafür von Whiskyfässern befreit, um direkt neben dem historischen Easter Elchies House die Whisky-Marke zu zelebrieren. Die einzigartige Show hatte der Cirque du Soleil konzipiert, der heuer selbst seine ersten 40 Jahre begeht.
Die beiden Geburtstagskinder heckten eine fulminante Show aus, vor der es für Gäste wie ihren Trinkprotokollanten auch eine Führung durch die zweitgrößte Malt-Brennerei Schottlands gab. Der 220 Millionen-Bau trägt dabei sogar ein österreichisches Holz-Dach, das unter anderem das 27 Meter hohe Besucherzentrum beschirmt. Hier stehen in der Whisky-Wall (am Bild rechts) alle Abfüllungen Macallans, inklusive des 81 Jahre alten Rekordwhiskys „The Reach“, der 2022 gefüllt wurde. Einen Stock höher geht es dann mit den insgesamt 36 Brennblasen spektakulär weiter. Ehe man am Ende im Shop, der hier nobel „Boutique“ heißt, landet. Und überlegt, wann der nächste Bausparvertrag ausläuft.
Bei Sammlern ist nämlich niemand unter allen Scotch-Marken so gefragt wie Macallan. Analysten wiesen für das Auktionsjahr 2022 wertmäßig 36% aller Transaktionen der Brennerei aus Craigellachie zu. Womit mittlerweile auch der „18 years“ nicht unter 300 Pfund zu haben ist. Doch zum Glück wurde beim Dinner vor der „Spirit“-Show eine Flasche geöffnet, die deutlich rare ist. „M Decanter Release 2022“ befindet sich wie alle Single Malts dieser Serie in einem Lalique-Dekanter. Die Franzosen haben bei der Hülle aus Kristallglas ganze Arbeit geleistet – doch der Inhalt hätte auch ohne dieses kantige „kleine Schwarze“ verzückt.
Altersangabe zu ihm gibt es keine, doch die natürliche Farbe zeigt, dass man es hier mit Whisky jenseits der 25 Jahre zu tun haben muss. Als Mischung unterschiedlicher, handverlesener Fässer bringt der „M“ in jedem Fall auch First Fill-Oloroso Sherry-Casks mit. Viel mehr ist über diese Rarität nicht bekannt, deren Spezialität es ist, einer der dunkelsten Whiskys aus dem Hause Macallan zu sein. Dieser Ruf wird im Glas sofort bestätigt. Mahagonibraun ist dieser rare Schluck, der der Nase eine ähnlich vielseitige Show bietet wie der Cirque du Soleil: Nougat und Schuhwachs ist zu riechen, Orangenöl sorgt für fruchtige Noten.
Mit Luft wird es dann nasal noch komplexer, wenn zarter Zigarrenrauch und Gewürznelken sich über einen klar, doch überraschend, an Himbeere erinnernden Eindruck legen. Tiefgehende würzig-süße Erinnerungen lässt in dieser Phase auch der Geruch von kandierten Veilchen zu. Diese kontrastreiche Melange wird am Gaumen noch rätselhafter. Denn so weich der erste Schluck (bei 45% vol.!) ausfällt, so sehr bringt dieser Single Malt auch die ewig oft beschriebenen, aber selten auch zu schmeckenden Umami-Noten mit. Wie einreduzierte Sojasauce miut Rotwein schmeckt das für kurze Zeit. Oder: Einfach geil! Ehe dem analytischen Schmecker klarer wird, dass es salzige Nüsse (Pekan vor allem) sind, die hier mit einem intensiven süßen Zug unaufläsbar verquickt sind. Mancher denkt vielleicht auch an Ahornsirup dabei.
Die Sherry-Prägung dieses Whiskys nimmt im Trinkverlauf merklich zu. Sie steigt, bildlich gesprochen, aus der nussigen Nebelwand und der leichten salzigen Gischt des „M“ heraus. Somit kann der Schluss-Akkord dann klar den Mix aus Nougat und getrockneter Kirsche zeigen. Und dennoch bleibt die saline Ader des Luxuswhiskys im Hintergrund weiterhin präsent. Sie ist es, die neben dem leicht rotweinigen Akkord den Macallan noch sehr lang nachklingen lässt. Großes Spektakel – am Gaumen, wie auch dann im Warehouse beim Cirque!
Dort halfen Fergus, der Fuchs (ein typischer „Trickster“ voller Humor) und Natur-Göttin Davonna der Protagonistin Ayla bei ihrer Suche nach dem idealen Rot-Farbton. Sollte sie mal den idealen „dram“ suchen: Wir würden zum „M Decanter“ raten. Denn in der Märchenwelt zählen ja vielleicht auch real existierende Einkaufspreise nicht. Oder Davonna kennt auch jemanden bei der Bausparkasse…
Bezugsquelle:
The Macallan, „M Decanter Release 2022“ wird um EUR 6.300,- z. B. beim Weisshaus-Shop angeboten, www.weisshaus.at