Sie sind eine eigene Produktlinie, die „Vermentini“ von Cantine Lunae. Denn in den Weingärten des Familienbetriebs der Bosonis ist die weiße Rebsorte seit den 1960er Jahren der Star. Wer sie immer mit belanglosen Weinen in Verbindung brachte, vielleicht gar als eine Art Frascati der 2020er Jahre sah, hat hier die Antithese. Denn die Colli di Luni, hart an Liguriens Grenze zur Toskana gelegen, sind ideal für die Vermentino-Traube. Das kann man als Urlauber auch vor Ort erkosten; neben dem neuen Keller wurde vor zwei Jahren auch die „Ostaia Ca’Lvnae“ eröffnet. Das sympathische Motto („vino con cucina“) kann man aber auch daheim ausleben.
Wir taten es mit zwei Varianten. Zunächst mit dem reinsortigen Vermentino „Etichetta Grigia“ (=Graues Etikett), der im Gefolge von Paolo Bosonis Bemühungen so etwas wie das Aushängeschild des Weinguts wurde. Er ist auch der Bruder des bekanntesten Weines, der schwarzen Etikette („Etichetta Nera“), einem Träger der berühmten drei Gläser des Guides „Gambero Rosso“. Doch man kann auch beim „grauen“ Vermentino des Jahrgangs 2023 erkennen, dass man sich auf die Sorte versteht. Ein nachgerade herrlicher Zitrusduft steigt einem in die Nase. Fast schon Bergamotte meint man zu riechen bei diesen Art, dahinter findet sich auch Cavaillon-Melone, was ein Indiz für gute Reife der Trauben darstellt. Lässt man dem Weißwein etwas Zeit, gesellt sich auch der Duft nasser Steine hinzu. Denn in der Tat versucht man, das Beste aus den unterschiedlichen Böden nahe La Spezia in die Flasche zu bringen.
Rund und saftig beginnt dieser Lunae-Wein, die feine Würze lässt wieder einen Touch Mineralität mitschwingen. Gelbe Früchte wie Zucker-Melone und Quitte spannen einen Bogen von saftig bis herb. Die Frische der Zitrusfrüchte hingegen tritt dann im Hall auf und agiert als Schlichter dieser Diskussion. Mit einem Grapefruit-Ton, der säurige und saftige Akkorde mit verbindet, klingt die „Etichetta Grigia“ 2023 aus. Wer klassische Paarungen mag: Dieser Wein ist zu Spaghetti Vongole ideal!
Gar kein Essen braucht man zur Nummer 2, die aus Ligurien in unser Glas kam. Hier kommt der im Stahltank vergorene Vermentino mit einem kleineren Anteil Malvasia zusammen. Der Name des Weinbaugebiets Liguria di Levante lässt dabei gleich doppelt an den Süden denken – den Orient wie auch die Riviera di Liguria. Und das kann man mit diesem erfrischenden Schluckerl auch. Die strohgelbe Farbe im Glas lässt auf sanfte Aromen schließen.
Aber dieser Lunae namens „Labianca“ birgt einiges mehr, als man glaubt. An die Nase schickt er einen Gruß aus dem Obstkorb – Gelber Apfel, Birne und ein Grapefruit-Achtel sind zu erschnuppern. Säure spielt beim 12,5% vol leichten Weißwein auch mit; wie die Finger nach dem Sauerampfer-Pflücken riecht es aus dem Glas. Was aber nicht heißt, dass der 2023er ein „Säuremonster“ wäre. Vielmehr ist „straff“ die richtige Bezeichnung. Und Frische sein Charakterzug.
Wieder schmeckt man die Agrumen, auch hier angeführt von Grapefruit, diesmal hat sie aber auch Meyer-Zitronen mitgebracht. In beiden Fällen sprechen wir von den Schalen mit ihren ätherischen Ölen, nicht dem Fruchtfleisch. Feine Ananas-Töne und ein Geschmack nach Gallia-Melonen gesellt sich in dem sehr trinkfreudigen „Labianca“ hinzu. Man soll offenbar wirklich an den Süden denken bei diesem Wein. Und die auf der Terrasse verbrachten Stunden im milden Abendlicht.
Bezugsquelle:
Cantine Lunae, die „Etichetta Grigia“ ist um EUR 14,33 zu haben, der „Labianca“ (Liguria di Levante) 2023 kostet EUR 12,07, beide Weine beim Italien-Shop von Tannico, www.tannico.at