Lass Dich überraschen! Das Motto einer längst verblichenen TV-Show mit Rudi Carrell lebt man auch in Traiskirchen. Allerdings nicht, weil man bei Alphart am Mühlbach so erpicht auf immer neue Sensationen wäre. Nein, ehe weil Winzer Lorenz Alphart ein Freund dessen ist, was man in Japan Kaizen nennt und im Management-Lehre Kontinuierliche Verbesserung. Es soll immer die beste Version eines Weines sein, daher wird ständig etwas angepasst im Weingarten oder Keller. Aktuell, so man das pauschal sagen kann, spielt immer ein wenig reduktiver Ausbau bei den Weißweinen eine Rolle.
Doch so technisch braucht es gar nicht zu werden. Denn immerhin ist der Betrieb auch ein bekannter Heurigen und mag daher trinkfreudige Weine. Unterkomplex muss es daher aber auch nicht werden, wie vor allem der Zierfandler zeigen wird. Er war einer von drei Weinen aus dem Sortiment des Tüftlers, die wir uns schmecken ließen. Eine weitere schöne Eigenschaft von Lorenz Alphart ist, dass er den beiden autochthonen Spezialitäten viel Platz gibt. Rotgipfler etwa wird bei ihm extrem geschätzt. Er neigt aber auch hier zum Glück zu einer süffigen Variante der oft breit und üppig in ihrer Tropenfrucht angelegten Sorte. „Reif, aber schlank“ lautet hier die Wein gewordene Quadratur des Kreises im Keller.
Beim 2022 Rotgipfler „Ried Pressweingarten“ ist der lebhafte Weißwein-Typus schon in der Nase erkennbar. Florale Noten wie Akazienblüte und Orangen-Fruchtfleisch signalisieren Eleganz und Säure, während eine Fährte von roter Tropenfrucht (Guave vor allem) die Rebsorte kenntlich macht. Diesem Duftbild folgt dann auch ein sehr eigenständiger Gaumeneindruck, der wieder an Papaya und Guave erinnert. Feine Säure und eine cremige Gangart machen einen Top-Speisenbegleiter aus. Anders gesagt: Wo Grüner Veltliner passen würde, tut das der „Ried Pressweingarten“ auch – er schmeckt nur raffinierter!
Das mit der Raffinesse gilt bei Alphart am Mühlbach aber auch für den zweiten Lokalmatador. Vom Zierfandler gibt es noch weniger als vom Rotgipfler und er ist auch keine leicht zu bearbeitende Sorte im Weingarten (von den Schwierigkeiten beim Verkauf reden wir gar nicht). Umso spannender ist es, wenn der Ortswein – bei Alphart der Zierfandler „Gumpoldskirchen“ 2023 – so profiliert daherkommt. Denn man kann sagen, dass in seiner Brust gleich zwei Herzen schlagen. Die rauchig-selchige Würze kennt man vom „Ried Otzler“, dem Lagen-Zierfandler, doch sie ist auch hier zu erschnuppern. Als zweites Charakteristikum kommt expressive Tropenfrucht hinzu: Mango-Duft und Passionsfrucht-Anklänge verbinden sich.
Im Mund zeigt sich der 2023er saftig, hat aber zugleich einen cremigen Touch. Die exotischen Noten sind feiner ausgeprägt, aber vorhanden. Mit den leichten Röstnoten und einem Quäntchen Vanille wirkt das, als hätte man die Tropenfrüchte in ein Blätterteig-Strudelblatt gepackt. Ein würziger „Self-Drinker“, der auch vermittelt, wie gut das Thermenregions-Novum Ortswein als Kategorie sein kann.
Neu ist aber nicht nur diese DAC-Kategorie, die Lorenz Alphart schon Jahre vor der legalen Herkunftspyramide pflegte (hier schrieben wir dazu was). Sondern auch der Rieden-Chardonnay des Winzers. „Ried Tagelsteiner“ kennt man zweifellos als eine der bekannten Herkünfte der Region, mittlerweile wird sie auch als Erste Lage der ÖTW-Winzer geführt. Die erste Probe, was Alphart hier vorhat, gibt der 2022er mit dem edlen weiß-goldenen Etikett. Auch hier geht die Frische vor plakativeren Aromen der Rebsorte, wie schon beim „Ried Pressweingarten“. Der Chardonnay duftet nach kühlen, gelben Früchten – für uns vor allem Karambol, Nashi und etwas Guyot-Birne. Die Finesse erinnert an Weißburgunder. Mit Luft – und aktuell sollte man den 2022er karaffieren – steigen dann auch Duftnoten von Mango und brauner Senfsaat in die Nase.
Südfrüchte, die aber immer frisch und „cool“ bleiben, sind dann auch zu schmecken. Noch jugendlich-säurige Ananas, die mehr Struktur bietet als Fruchtigkeit, dazu auch Blutorangen-Schalen. Den mineralischen Nerv des „Ried Tagelsteiner“ bemerkt man erst, wenn der Wein ein wenig wärmer geworden ist. Es ist ein spannende Entdeckung. Und eine, die auf das Reifepotential dieses engmaschigen Sortenvertreters hindeutet. Zumal im Nachklang auch eine Salzzitronen-Komponente mitspielt, die definitiv zum Weitertrinken einlädt. Wie bei guten Burgundern ist auch hier keine Spur vom Holzausbau zu finden. Und vor allem darf man auf zwei Dinge gespannt sein: Wie dieser 2022er sich in zwei, drei Jahren präsentiert. Und vor allem auf weitere Jahrgänge vom „Ried Tagelsteiner“.
Bezugsquelle:
Weingut Alphart am Mühlbach, Zierfandler „Gumpoldskirchen“ 2023 kostet EUR 9,50, der Rotgipfler „Ried Pressweingarten“ 2022 wiederum EUR 12,50 und der Chardonnay „Ried Tagelsteiner“ 2022 ist um EUR 29,- zu haben; alle Weine ab Hof bzw. im Webshop Lorenz Alpharts, www.alphart.at