Das ist mal definitiv ein anderes Bier: Ganz in Papier verpackt, intensiv braun und vor allem mit den Körnern am Etikett, die bislang noch nie in unser Bierglas kamen: Leinsamen ist die spezielle Zutat und sich verrät Agrar-Historikern auch schon, wo das Bräu herkommt. Denn das Mühlviertel baute Lein (besser als Flachs bekannt) schon seit dem Mittelalter an. Fasern waren vor der Baumwolle begehrt, aber auch das Öl nutzte man gerne. Die nach wie vor fleißig Lein pressende Haslacher Ölmühle stellt seit dem Jahr 1379 einen der Eckpfeiler dieser Tradition dar. Schließlich schätzt man an der Kleinen und Großen Mühl bis heute die Leinöl-Erdäpfel (mit Milch und reichlich Kümmel).
Und auch Felix Schiffner und Simon Saxinger hatten gerade einen Teller Leinerdäpfel im Biergasthaus Schiffner (von hier stammt Biersommelier-Vizeweltmeister Felix) genossen, als ihre Idee zum „Collaboration Brew“ reifte. Saxinger als Kreativbrauer der Stiftsbrauerei Schlägl hatte somit eine nahezu gänzlich auf Mühlviertler Zutaten basierende Rezeptur einzubrauen. „Mühlviertler Tradition“ als lokaler Hopfen wurde mit Roggen- und Gerstenmalz und den Leinsamen von Farmgoodies aus Niederwaldkirchen kombiniert. Händisch gemahlen, ergaben die Leinsamen erst einmal 600 Liter des am Ende 4,7 Prozent starken Biers.
Die Neugier war groß auf das „Leinsamen-Bier“ – und sie wurde nicht enttäuscht: Das kombinierte Malz (Roggen und Gerste) kann das neue Bier aus Stift Schlägl nicht verleugnen: Die braune Farbe ist ein Indiz für die Körnermischung (den Leinsamen sollte man nicht vergessen), aber auch der süßlich-nussige Geruch – zwischen Grahamweckerl und Mohnsamen zu verorten – deuten auf einiges an Getreide hin. Doch man soll sich nicht täuschen; das mittelbraune Bräu ist nur mit einer zarten Malzsüße versehen. Vielmehr bringt das Bier am Gaumen eine an Sesam-Cracker erinnernde Nussigkeit mit, der Getreidecharakter kommt hier einmal schön durch.
Das mag nach viel Fülle klingen, doch der Zug wird durch eine spritzige Art im Nachhall befördert. Da meldet sich dann auch die Bittere erstmalig und schließt den getreidig-röstigen Charakter herb ab. Es ist ein Bier, das sich wunderbar zu Pairing-Experimenten mit Speisen anbietet; wir würden ein Garnelen-Risotto oder ein Paprikahenderl mit Tarhonya (oder Perlweizen) vorschlagen. Und weil es heiß war am Test-Tag probierten wir mit dem Leinsamen-„Norgerl“ einen Mix mit Grapefruit-Limo. Das passt – vorausgesetzt, die Limonade ist herb und nicht süß – als Radler überraschend gut. Auch wenn das nicht so ganz im Sinne der Erfinder sein dürfte.
Bezugsquelle:
Stift Schlägl, „Leinsamen-Bier“ ist momentan aufgrund des großen Erfolgs ausverkauft. Der Nachschub wird im Brauerei Shop, im Stiftskeller Stift Schlägl und im Gasthaus Schiffner erhältlich sein, www.stift-schlaegl.at