Diesen Wein muss man fast kaufen. Wenn wo „Sommelier Edition“ draufsteht, wird das ja wohl außergewöhnlich gut sein. Der erste Gedanke zum St. Laurent der Gebrüder Reinisch ist aber falsch. Es geht nicht um eine marketing-fördernde Bezeichnung für eine vom Konsumenten stiefmütterlich behandelte rote Traube. Dennoch stimmt es: Die „Sommelier Edition“ 2013 sollte man kaufen. Denn man tut Gutes damit. Vor allem sich selbst, wenn man will, dass Kundige mit Leidenschaft und nicht dröge Weinkellner sich um unsere Weinbegleitungen kümmern. Denn der „Untertitel“ des Weines aus Tattendorf signalisiert, dass der Erlös partiell der Ausbildung des Sommelier-Nachwuchses zu Gute kommt. Zum vierten Mal füllen die Reinisch Brothers diesen Wein, der den Österreichischen Sommelierverband bei seiner Nachwuchsarbeit unterstützt.
Der Benefiz-Laurent selbst, aktuell Jahrgang 2013, stammt von trockenen Schotterböden, für die das Steinfeld bekannt ist. Konkret stehen die Reben in den Rieden Frauenfeld und Dornfeld in Tattendorf. Gereift wird der Wein in Barriques und 500 Liter-Fässern, 14 Monate vergehen bis zur Füllung der „Sommelier Edition“. Schon im Duft zeigt sich, dass man die Sorte leider viel zu sehr unterschätzt: Würzige Noten – Waldboden/Unterholz und Wacholder – finden sich ebenso wie deutliche Säure-Indikatoren. Als da wären: Jugendliche Kirscharomen und eine an Heidelbeer-Yoghurt erinnernde Duftnote.
Am Gaumen entpuppt sich die Sommelier-Edition anfangs als Schmeichler, der schon erwähnten Kirsche gesellt sich auch Vanille. Mit mehr Luft wird der Glasinhalt aber immer dunkler im Ausdruck: Brombeere statt roten Früchten zeigen diese Entwicklung aromatisch an. Die Säure wird allerdings ebenfalls spürbarer, vor allem im Abgang, was dem 2013er St.Laurent einen guten Trinkfluss verleiht. Viel Wein für das Geld – und vor allem ein Plädoyer für die Sorte. Vom Weingut Reinisch wird es davon ab 2018 noch mehr geben – der seit Jahrzehnten für den (roten) Jungwein verwendete Blaue Portugieser macht Platz für Neupflanzungen von St. Laurent und Pinot Noir.
Nationalfeiertag für einen Exoten: Zierfandler 2013
Ebenfalls eingeschenkt wird am Johanneshof, dem ikonischen Heurigen-cum-Weingut nahe dem Neufelder See, das Ergebnis der ganz privaten Fitmarschs von Christian, Michael und Hannes Reinisch. Denn am Nationalfeiertag rückte das Brüder-Trio aus, um eine weitere Rarität ins Trockene zu retten. Das darf man in diesem Fall wörtlich nehmen, denn der 26. Oktober blieb im Gegensatz zu den Wochen davor ohne Niederschläge. Und in diesem Mondfenster ging die Traktorfahrt nach Gumpoldskirchen. Technisch steht hinter dem Schmelz nicht nur die 12-monatige Lagerung im grossen Holzfass, sondern auch der lange Hefekontakt einer Teilcharge – ein listiges Verfahren, das hier die richtige Balance zwischen barocker Fülle und Frische bewirkt.
Die Trauben für den Zierfandler der Reinischs stammen aus der Lage „Spiegel“, an der man auf der Weinstraße Richtung Mödling praktisch vorbeifährt. Seit 2006 sind die Tattendorfer auch hier vertreten, die Rebanlage selbst ist aber bereits 40 Jahre alt. Lehm über einer Schotterbasis bildet das Bodenprofil der 2,5 Hektar „Spiegel“. Intensiv nach Papaya, Waldhonig und Guave duftet diese autochthone Thermenregionssorte, lässt man ihr mehr Zeit, lassen sich auch die floralen Aromen – der Blüten-Duft fällt bei dieser Geraniennote einmal nicht „zart“ aus – erkennen. Gewürznelken runden die recht komplexe Melange ab.
Reif und vollmundig zeigt der Zierfandler beim Kosten sein erstes Gesicht: Wieder sind da gelbe Früchte, nicht nur aus tropischen Ländern, auch Marille schmeckt man durchaus. Zimt und zarte Vanille tragen zum reichhaltigen Eindruck am Gaumen bei, erst mit einiger Zeit kommt auch die andere Seite zum Vorschein. Denn der Zierfandler ist in mancher Hinsicht dem Riesling nicht unähnlich, bringt Bernhard Stadlmann, ein anderer Heger der Sorte, gerne einen Vergleich. Und in der Tat hat er bei aller Kraft und Saftigkeit auch Säure zu bieten. Die tut sich nur anfangs gegen die semi-barocke Anlage schwer. Vor allem im Abgang kommt sie deutlich durch. Potential hat der 2013 vom Johanneshof Reinisch also noch reichlich. Zumal sich die Sorte im kräftigeren Ausbau erst oft mit einiger Lagerzeit richtig erschließt. Man muss ihn aber nicht unbedingt am 26. Oktober 2018 öffnen.
Bezugsquelle:
Johanneshof Reinisch , Zierfandler „Spiegel“ 2013 ist um EUR 18,90, der St. Laurent „Sommelier Edition“ 2013 um EUR 12,50 erhältlich im Webshop des Weinguts, http://j-r.at