Kühle Jahre machen auch vor Kult-Weingütern wie Ornellaia nicht halt. Wie man in Bolgheri mit einer späten Ernte umgeht, erläuterte Önologe Axel Heinz bei seinem Wien-Besuch. Im Mittelpunkt der Verkostung mit dem seit 11 Jahrgängen für die Vinifizierung (u. a. auch des teuersten italienischen Weins, des Masseto) zuständigen Deutschen standen die Weine des Jahres 2013. Dessen Weinlese erfolgte verzögert; es dauerte lange, bis man in diesem kühlen Jahr die richtige Reife fand, erinnert sich der Önologe im Gespräch mit Trinkprotokoll.at. Heinz hat zwischen den beiden Weinen des Jahrgangs – Le Serre Nuove und Ornellaia – vor allem mit dem Cabernet „jongliert“. Während das Flaggschiff den niedrigsten Anteil an Cabernet Sauvignon und Cabernet Franc aufweist, des es je gab, „ist dieser Anteil beim Serre Nuove höher als sonst“. Wie wirkt sich das aus?
Nun, zart bitter und säurig wie Cranberry wirkt der erste Duft des „kleineren“ Roten der Tenuta dell’Ornellaia. Müßte man eine Überschrift für diesen Wein finden, wäre „Schwarze Würze“ angebracht – Tee-Aromen und dunkle Beeren, vor allem Brombeere und Heidelbeere, zeigen sich anfangs spröde, wirken aber im Verlauf immer süßer. Mit etwas mehr Luft tritt dann auch der Cabernet-Anteil deutlicher hervor, dann kommen auch die grünen Paprika-Noten durch.
Am Gaumen zeigt der Le Serre Nuove 2013 sich dann doch deutlich zugänglicher. Weich und mit einem rote Früchte anstelle der dunklen Beeren erinnernden Beginn hebt der Rosso aus Bolgheri an. Erst ab der Mitte wird es aromatisch dunkler, zu den Beerentönen und einer zarten Ledrigkeit gesellt sich Kakaopulver. Dieser Zug wirkt aber nicht trocknend, denn jetzt ist auch der Moment der (noch) jugendlichen Säure. Sie zeigt im Finish, dass wir hier gerade einmal die ersten Seiten dieses Weins gesehen haben.
Kühle Ornellaia-Jahre mit Zeit-Abstand
Der Ornellaia des gleichen Jahrgangs, der eben auf den Markt gekommene 2013er, hingegen wirkt weit mächtiger bereits im Duft: Dunkle Noten von Unterholz (sous bois), Zwetschken, getrockneter Steinpilz und Steak-Saft prägen diesen Bolgheri DOC Superiore. Um einen aromatischen Kern des fast 40%-igen Merlot-Anteils – Lakritze, kühle Heidelbeere – sammeln sich die vielschichtigen Eindrücke dieses jungen Weins. Die Säure stützt den Trinkfluss des 14,5%-igen Ornellaia, der Gerbstoff ist noch deutlich, aber das eigentliche Charakteristikum stellt seine Tiefgründigkeit dar. Aus dem Kern heraus hallen die Aromen lange nach, die Würze, vor allem im Abgang, erinnert daran, dass wir es bei aller Kraft des Merlots auch mit immer noch 55% Cabernet-Sorten im Blend zu tun haben, die letzte (Pfeffer-)Würze liefert der Petit Verdot, auch sein Anteil ist mit 7% etwas höher als z. B. beim Ornellaia 2011.
Zwei weitere kühle Jahrgänge aus dem Kult-Weingut der Marchesi de Frescobaldi zeigten, was man bei der weiteren Lagerung erwarten darf. Vor allem das früh „totgeschriebene“ Jahr 2002 zeigte sich im Rückblick besser als sein Ruf: Pumpernickel, Zartbitter-Schoko, Steinpilz und Majoran steigen aus dem Glas. Am Gaumen ist der 2002er saftig und wirkt jugendlich mit seiner Amarena-Kirschfrucht und dem erst im Finish einsetzenden Gerbstoff.
Noch beeindruckender war der Ornellaia 2005, der sich gerade öffnet. Zwar zeigt er sowohl im Duft erste Anzeichen von Alterung wie auch in der bräunlichen Randtönung. Hibiskus, Lakritze, Suppenwürze und ein an Kirsch-Marzipan gemahnender Zug zeigen im Geruch eine Balance zwischen Würze und Frucht an. Süß im Beginn, kommt auch am Gaumen mit einer Art Beeren-Kompott-Aroma die Fruchtigkeit durch. Gekochte Knollensellerie leitet den Übergang zur Würzigkeit ein, die sich als lang anhaltende und elegant erweist. Etwas Estragon, könnte man sagen, denn auch die Säure ist noch vorhanden in diesem aromatisch-dichten Finale. 2005 las man 23 Tage lang die Grundweine für die Cuvée, auch heuer dauerte es bis zum finalen Ornellaia – ob das ein Omen für eine ähnliche Langzeitentwicklung beim 2013er darstellt?
Bezugsquelle:
Tenuta dell’Ornellaia, „Le Serre Nuove“ ist um EUR 35,90, der „Ornellaia“ 2013 („L’Eleganza“) um EUR 149,31 bei Getränke Morandell, www.vinorama.at