„Wir hängen vom Klima ab“, sagen viele Winzer. Bei Gerhard Kracher kann das aber selbst der Laie sehen. Passt das Jahr fürs Entstehen der Edelfäule Botrytis Cinerea nicht optimal, gibt es nämlich gleich weniger Weine in seiner Jahrgangskiste, der berühmten „Kracher-Kollektion“. Zur Präsentation der 2013er Trockenbeerenauslesen (TBA) waren es nur acht Stück, für 2014 werden es überhaupt nur zwei oder drei sein –„das wird dann eine kurze Verkostung“, nahm es der Winzer mit Galgenhumor.
Doch bleiben wir bei 2013, das auch kein leichtes Jahr für Prädikatsweine im Seewinkel war (weshalb Muskat und Traminer nicht wie sonst als TBA existieren). Lange war es zu trocken, als dann der Nebel im Oktober einsetzte, blieb der Wind aus, der aber wesentlich für gesunde Trauben im Kracher’schen Sinne ist. „Meine Visitenkarte“ nennt Kracher die bekannte Grande Cuvée aus 60% Chardonnay und 40% Welschriesling gerne. Um es vorwegzunehmen, wie auch die Scheurebe (TBA No.8 des Jahrgangs 2013) und der zuckerreichste Wein, ein Welschriesling mit 305,7 Gramm, fiel sie üppig und expressiv aus. Der Chardonnay-Anteil schlug in diesem Jahrgang durch, Kokos und Nougat im Duft standen Zwiebel-Konfit und Kumquat am Gaumen gegenüber. Doch die letzte Finesse, mit der in der Regel die strahlenden Tropenfrucht-Noten garniert werden, wenn – wie etwa 2010 – alles paßt, zeigten sie noch nicht. Was natürlich noch kommen kann, denn einige Muster, die aus dem Kracher-Archiv serviert wurden (Traminer 1998 als Beispiel), legten im Alter noch gewaltig an Komplexität zu.
Pfeffer bei den Rosen: TBA No. 1
Das bedeutet aber nicht, dass die 2013 verkleinerte „Kollektion“ keine jetzt schon großartigen Weine umfasst. Im Gegenteil, der seit den Tagen Alois Krachers hier gepflegte Rosenmuskateller zählt zu den schönsten seit Jahren. Hibiskus pur, aber auch grüner Pfeffer und natürlich die Rosen-Note, die mit Luft immer mächtiger wird, zeigen, dass heuer etwas anders ist. Nicht bei den Blüten, welche die Sorte ja immer prägen, aber die Würze macht den Unterschied. Denn so rotfruchtig – „frisch gezogener Malventee“, sagt Kracher – der Wein beginnt, wird auch am Gaumen bald spürbar, dass hier auch pfeffrige Anteile zu finden sind. Vor allem das Finish, das satt und fast rotweinig wirkt, lässt den Rosenmuskateller als schönen Wein zur (leichteren) Zigarre erscheinen.
Für Novizen führt wahrscheinlich der Chardonnay (TBA No. 3 der Kollektion 2013) am besten an die Kracher-Weine heran. Karamell in Reinkultur („perfekter Wein zur Creme brulée“, pflichtet der Winzer bei), Kokosnuss, aber auch Spuren von Leder nimmt die Nase wahr. Am Gaumen beginnt der Chardonnay schon intensiv: Satte Vanillenoten und eine expressiv Ananas, als sei sie frisch dem Kompott entstiegen, sind da, dazu kommt eine mächtige Süße. Kurz denkt man an braunen Rum bei all der Exotik und auch diese Noten weist die TBA auf. Das Wichtigste aber stellt ihr elegantes Finish dar, das der Fruchtbombe aus den Tropen Paroli bietet.
Das Salz der Hauptsorte: TBA No. 4
Die Salzigkeit des Seewinkels hingegen spiegelt heuer der Welschriesling richtig schön wider: Quitte, „Türkischer Honig“ und gelbe Kiwi finden sich in der explosiven, gelbfruchtig-honigsatten Nase. Tropenfrucht-Mix mit einer Tendenz zur Ananas, notieren wir ein bisschen später dazu. Das ölige Mundgefühl (wir halten bei 218 Gramm Zuckerrest) ist intensiv wie ein Faustschlag, Honigmelone, Ananas, aber auch Würze: „Ingwer-Zuckerl“, laut Gerhard Kracher, was es gut trifft, wobei auch ein schärferer Senf in Frage käme als Analogie zum das süß-salzig-würzige Finish. Wenn jemand maximale Balance im Süßwein sucht, greift er bei den 2013ern zu dieser Variante. Nicht von ungefähr stellt der „Welsch“ mit rund 50% der Rebfläche die wichtigste Sorte im Illmitzer „Weinlaubenhof“ dar.
Die Scheureben-TBA (229 Gramm Zuckerrest) glänzt mit einem traubigen Duft, der mit dem Anflug von Walderdbeeren kurz tatsächlich an Uhudler-Trauben denken lässt. Zu dieser an sich schon ungewöhnlichen Nase gesellen sich noch Pink Grapefruit und Papaya, dazu ein Stückchen Ingwer. Die säurige, leicht scharfe Note im Duft trügt nicht – auch der Kostschluck zeigt ein würzig-süßes Spiel. Säure ist ausreichend vorhanden, sie trägt neben dem Thymian- und Liebstöckl-Anklang zum Gerüst bei, auf dem sich dann die Frucht räkelt: Papaya und Lychee, die vor allem im Finish immer deutlicher durchkommt. Ein erstaunlicher Wein aus dem fordernden Jahr!
Bezugsquelle:
Weinlaubenhof Kracher, TBA No.1 Rosenmuskateller 2013 kostet EUR 37,50 (0,35 Liter-Flasche), die TBA No. 3 Chardonnay bzw. die No.4 Welschriesling 2013 sind um jeweils EUR 34 erhältlich, die TBA No. 5 Scheurebe 2013 gibt es um EUR 35, alle ab Hof bzw. über www.kracher.at
Die gesamte Kracher-Kollektion (8 x 0,35 Liter) in der Holzkiste kostet ebenda EUR 410.