Das Alter bringt es mit sich, dass einem Kindheitserinnerungen immer lieber werden. Lustiger Weise ist man in zarten Jahren ja durchaus gerne anders als der Rest. Was die Soziologen die „kleinen Unterschiede“ nennen, weiß auch schön der frühe Vogel/dasWürmchen/der Fratz zu kultivieren: Wer in der Bande ist oder wer nicht mitspielen darf, wird klar differenziert, lang, bevor man so ein Wort kennt. Während jetzt ALLE am gleichen digitalen Tropf hängen, machte es Kids vor 2000 auch Spaß, Nein zu sagen. Und sei es nur beim Getränk. Womit wir die Weltschmerz-Betrachtung einstellen und uns einfach freuen, dass das in Kindertagen gerne bestellte Tonic Water von Kinley wieder von sich reden macht. Denn das war uns lieber als jedes Obi oder Himbeerwasser beim Wirt.
Eine Zeitlang sah man es – als Produkt der allgegenwärtigen Coca Cola-Company – auch in unseren Restaurant föter. Später dann musste man mit der Oma schon nach Ungarn, um es wie ein Großer bestellen zu können. Aber mittlerweile besinnt man sich auch beim Getränkegigant, dass man keine neuen Marken („Royal Bliss“) für die Generation „Gin&Tonic“ erfinden muss. So wurde mit einem pfiffigen neuen Design gleich ein Quartett an Kinleys zum Re-Start der heimischen Gastronomie (endlich, endlich, endlich!!) lanciert: Die vier Sorten kommen in der 0,25 Liter Mehrweg-Glasflasche, sind vorerst aber nur beim Wirten und im Großhandel zu haben. Aber immerhin braucht unsereins heute keine Großeltern mehr anbetteln um den Kauf – Gewerbeschein haben wir selbst!
Und daher lässt sich Tonic Water und Bitter Lemon, meine alten Bekannten, ebenso verkosten wie Ginger Ale und Bitter Rose (letzteres komplett neu). Vier Städte sind den Fläschchen eher willkürlich zugeordnet; abseits des Memory-Pärchens London//Tonic kommt man ins Grübeln: Stockholm, Bangkok und Buenos Aires sollen aber auch ein wenig das aktuelle Fernweh stillen. Sagt man beim Marketing. Und die Städte sind jetzt eh nicht so wichtig. Obwohl das zitrusfruchtige „Bitter Lemon“ nach Stockholm („Nordisch frisch und schnörkellos“) zu verorten, naja…..
Der Limetten-frische Mittelweg: Bitter Lemon
Dafür ist gerade dieses Getränk ein gelungener Vertreter eines „Fillers“, der mit dem Geruch frischer Limetten aufwartet. Zitronensaft-Konzentrat ist es in technischer Hinsicht, doch auch der Geschmack hat eine gute Balance zu bieten. Knackige Zitrusnoten machen den Auftakt, der Mittelteil ist kurz süß wie frische Orangen, doch die leichte Schärfe meldet sich gleich wieder. Sie stellt mit der Säure gemeinsam im Finish einen zarten Ingwer-Moment dar. Zwischen den meistens zu süßen Varianten am Markt hat man mit 16 Gramm Zucker pro Flasche und einem herben, aber nicht penetrant bitteren Finale einen guten Weg gefunden. Mit Wodka kann das z. B. schon ein netter Sundowner sein!
Feine „Mixability“ weist auch das Ginger Ale auf, das eine beinah schon erdige Ingwer-Note zeigt (als hätte man Ingwerknollen mit Schale aufgeschnitten). Die Süße vieler Kollegen zeigt die Kinley-Version im Duft nicht. Dafür einen Anflug von Alpenkräutern wie Arnika, die es ein bisserl in die „Almdudler“-Richtung rücken. Doch keine Angst vor unseren – subjektiven – Assoziationen! Der Kostschluck bringt eine schaumige Kohlensäure und klare Ingwer-Noten mit. Feine Frische und Säure sind auch da, was einen guten Partner für gelagerte, aber nicht ur-alte Spirituosen abgibt: Tequila Reposado und natürlich ein Blended Scotch (Irish Whiskey geht auch!) würden wir hier empfehlen.
Das „Ginger“ steht als Städte-Trunk übrigens für Bangkok, während die Variante „Bitter Rose“ einen Bezug zu Buenos Aires herstellt. Witziger Weise tut sie das über die Rose, die für uns aber kaum präsent ist. [zum Glück: einer der wenigen Geschmäcker, mit denen wir hadern!]
Dafür riecht es erst einmal nach der von Brause-Pulver bekannten, sehr säurigen Himbeere. Pink Grapefruit gesellt sich auch dazu, oder besser: Es teilt sich das aromatische Bild in kühle rote Beeren und die besagte Zitrusfrucht. Im Mund erfrischt diese Version ungemein. Fast meint man zu schmecken, dass hier bewusst nicht der Weg einer „Wild Berry“-Option gegangen wurde. Aber auch reinsortige Grapefruit-Version ist das keine. Und das Seifige und Herbe der Rose fehlt auch. Ein bisschen blumig und mit breiter Anlage ist die süßeste Variante im Quartett (25 Gramm/Viertelliter) am Gaumen vielleicht. Das mit der Rose führt auch ein bisserl in die Irre. Denn stellt man sich einen Accent („Rosé“) dazu vor, ist der Einsatz in einem sommerlichen „Spritz“ vorgezeichnet.
Und wie steht es um den „Real McCoy“? Also, das in Kindertagen so angehimmelte „Tonic“? Es hat eine gute Wiedererkennbarkeit, denn das Chinin als Bitterquelle ist im Duft kaum im Vordergrund (so wie früher!). Dafür glänzen die Zitrusfrüchte und auch ein bisserl Würze, die an Ingwer-Abrieb anklingt, fällt auf. Die Bitterkeit der Marke „Spätzünder“ stört beim Pur-Genuss nicht, da sind ebenfalls die Zesten zuerst dran. Die geringe Süße gibt Pluspunkte, dafür hat man auch die herben Noten fein dosiert. Die Suche nach einem Gin, der perfekt dazu passt, darf somit als eröffnet gelten! Vor allem die subtilen und nur leicht würzigen Abfüllungen drängen sich hier auf. Doch abseits des Mischens: Ein Tonic Water, das man seinen Kindern gönnen kann, weil’s einen nicht mit Chinin-Bittere erschlägt, ist auch das Kinley Anno 2021. Und da spricht jetzt nicht die Verklärung!
P.S.: Trotz aller Weltstädte-Anspielungen: Abgefüllt werden die vier Sorten im burgenländischen Edelstal.
Bezugsquelle:
Kinley, Tonic Water, Ginger Ale sowie Bitter Lemon und Bitter Rose sind um je EUR 24,96 (24 Flaschen zu 0,25 Liter) beim Fachhändler Del Fabro Kolarik zu haben, https://delfabrokolarik.at