Wenn eine Winery einen Wein namens „The Unexpected“ am Kosttisch stehen hat, macht das neugierig. Auf den Nachbarn dieser australischen Cuvée aus Cabernet Sauvignon, Tempranillo, Sagrantino, Merlot bereitete aber nichts vor beim Australia Day-Tasting, dessen dritte Nachlese wir hiermit präsentieren (ein Klick führt zu Teil eins und zwei!). Andrew Peace hat nämlich schlich zwei Dinge zusammengebracht, die viele mögen – Kaffee und Rotwein. Und zwar in einer Flasche, die noch dazu den zugegebener Maßen guten Namen „Café de Cabernet“ trägt. Das muss man kosten. Vielleicht ist es Wahnsinn, vielleicht hat es Methode.
Technisch jedenfalls wurden in dem ohne Jahrgang gefüllten Rotwein ganze Bohnen aus Kolumbien infusioniert. Das darf man sich offenbar so vorstellen wie die aktuelle Aromen-Auslaugung in der Bar-Szene. Also geschmacksgebende Stoffe – vom Speck bis zum Estragon – in Alkohol einlegen. Das „Mazerat“ von Kaffee allerdings in Rotwein ist in der Tat neu – und dürfte wohl nicht so ganz mit dem europäischen Weinrecht kompatibel sein. Jedenfalls ist diese Flasche nicht leicht erhältlich (aber wenn wer Australien-Connections hat…). Genug geredet, es wird getrunken!
Der Duft im „Cabernet-Café“ erinnert den gelernten Österreicher vor allem an eines: Wiener Eiskaffee. Allerdings mengen sich hier auch die grünen Paprika-Noten der Rebsorte hinein. Eine schräge Melange, würde ein Wiener wohl sagen. Der Kostschluck mit seinen 13,5% Alkohol schmeckt dann ähnlich – als hätte wer in die Espressotasse Wein gekippt. Das Tannin ist vom Beginn weg da, so den Cabernet-Gerbstoffen kommt auch noch die Bitterkeit des Kaffees, ein wenig gemildert durch die an roten Apfel erinnernde Fruchtigkeit, die mit zarter Schärfe aus klingt.
Die große Frage, die in London am Kosttisch blieb: Wer ist da die Zielgruppe? Baristas, die einen Hangover kurieren wollen? Bei Andrew Peace jedenfalls empfiehlt man die Innovation zu „gebratenem Fleisch und Schokolade“.
Auch das gibt’s: Shiraz aus dem Whiskey-Fass
Genau lesen muss man auch beim Shiraz von Jacob’s Creek: „Double Barrel Matured“ steht gemeinhin auf Whisky- oder Rumflaschen, selten auf Rotwein-Etiketten. Und der Whisky-Eindruck täuscht nicht, denn dieser Wein reifte tatsächlich vier Monate in ehemaligen Barrels des Irish Whiskey-Bestellers Jameson. Die Brennerei in Middleton gehört wie das australische Weingut zum Spirituosengiganten Pernod Ricard. Der Duft ist eigenartig trocken, ein wenig Hibiskus und rote Blüten, dazu auch roter Apfel und etwas Cranberry. Saftig und deutlich dunkler in seiner Fruchtigkeit zeigt sich der Shiraz dann im Mund. Spannend wird es „hinten hinaus“.
Denn der „Whisky-Charakter“ kommt bei diesem experimentellen Wein eher an der Oberfläche durch – die letzten Aromen verweisen aber auf den weichen irischen Brand. Zimtrinde und etwas Haselnuss sind definitiv keine Kennzeichen der Rebsorte. Sie liegen aber irgendwie über dem Weingeschmack, ganz verwoben haben sie sich nicht. Aber vielleicht war auch unsere Erwartung stärker, wenn wo „Whisky“ versprochen wird.
Aber weil wir schon da sind, nehmen wir den Nachbar-Wein auch noch zur Brust. Der Cabernet Sauvignon des Jahrgangs 2016 riecht wie frisches Schwarzbrot, vor allem Fenchelsaat detektiert die Nase. Julie Patel (Foto links) verweist am Stand von Jacob’s Creek darauf, dass genau das die „essence of Coonawarra“ sei. Viel Würze also. Denn auch Kümmel riecht man noch. Wann kommt endlich die Frucht? Da ist sie schon, der Gaumen meldet „kühle Erdbeere“ und auch „Sauerkirsche“! Überflutet wird diese rote Pracht mit einem Schwall Vanille, im Finish ist dann aber wieder dieser rotbeerige Nachhall. Liegt das jetzt am fehlenden Whiskey oder Kaffee?
Bezugsquellen:
Andrew Peace, „Café de Cabernet“ kostet ca. 12,75 Euro direkt im Webshop des Weinguts, www.apwines.com
Jacob’s Creek, „Double Barrel Cabernet Sauvignon“ ist um EUR 18 beim irischen Getränkehändler O’Briens erhältlich, www.obrienswine.ie