Die Spirituosen-Welt kennt nur wenige Jubelmeldungen und sie kommen in der Regel aus zwei sehr unterschiedlichen Weltgegenden: Mexico und Irland. Auch Rob Caldwell nannte Tequila und Irish Whiskey als die einzigen Gewinner in Sachen Konsum. Im Charlie P’s referierte der Brand Ambassador aber nur über die zweite Kategorie. Zwar hat man mit der Schwester-Marke Patrón einen starken Agaven-Brand am Start, doch diesmal ging es um einen Neuzugang in der Markenfamilie von Bacardi-Martini. Nach Jahren der strategischen Beteiligung an Teeling in Dublin erfolgte im Vorjahr die Komplettübernahme der für den Irish Whiskey so wichtigen Brennerei.
Sie ist nämlich mit dem Namen John Teeling verbunden, der am Teifpunkt der irischen Whiskey-Geschichte völlig gegen den Zeitgeist eine neue Brennerei („Cooley“ in County Louth) gründete. Von 1987 bis 2011, als er sie wieder verkaufte, war es sogar die einzige privat geführte Destillerie der Grünen Insel. Und Teeling senior erwies sich als „serial entrepreneur“; er gründete die Great Northern Distillery (2012) und 2015 dann die erste neue Destillerie in Dublin seit vielen Jahrzehnten: Teeling. Und wer noch an seinen Ambitionen zweifelte, soll sich das Wappentier der Marke besehen. Der Phönix steht für die Wiedergeburt unter Schmerzen – mythologisch: im Feuer – und passt somit zum Wiederaufstieg des einstmals wichtigsten Whiskylands der Welt.
Die neue Marke wird als Familienunternehmen heute von den Söhnen Jack und Stephen Teeling geführt. Der Grain Whiskey allerdings stammt immer noch aus der Great Northern. Dass es ihn als eigene Abfüllung gibt, hat mit der Experimentierfreude zu tun. Nicht nur bei den Fass-Finishes probiert man von Beginn weg alles aus. Schon als noch nicht selbst gebrannt wurde, ließ man die 6.000 von Cooley „geerbten“ Fässer in diversen Editionen vom Stapel. 25 Märkte weltweit beliefert man heute damit.
Und vor allem der Single Malt zeigt auch das handwerklich hohe Niveau der jungen Brennerei im Stadtteil Liberties. Ein gutes Drittel (30%) des Malzes wird nämlich nicht mit der Gasflamme trocken gedarrt, sondern mit noch feuchtem Stärke-Kern („Endosperm“) durch Erhitzen des Keimwassers der Gerste aufbereitet. Das nennt sich Crystal Malt und wird auch von mancher Brauerei genutzt, etwa bei Smithwick’s. Speziell für die malzig-fruchtigen Brau-Stile, etwa ein „Red Ale“, erhält man so Toffee-Geschmack, aber weniger begleitende Röstbittere.
Wem das zu technisch scheint, sollte einfach den Single Malt von Teeling riechen. Denn hier ist es eine betonte Steinobst-Note, die von Beginn an die hohe Fruchtigkeit aus dem „kristallisierten“ Gerstenkern zeigt. Nektarine trifft auf Nusscreme, aber auch rote Früchte sind zu erkennen. Himbeer-Macarons, etwas Marzipan, und Datteln notierten wir. Die unterschiedlichen Eindrücke erklären sich aus der komplexen Fass-Mischung; neben der US-Weißeiche (neu und einmal mit Bourbon belegt) finden sich ehemalige Gebinde von Ruby-Portwein und Madeira sowie der weißen, portugiesischen Rarität Caravelos.
Am Gaumen ergibt das einen weichen Eindruck, in dem wieder die Mandelmehl-Sanftheit von Macarons auftaucht. Saftig wirken die Noten von Passionsfrucht-Creme, der leichte Pfeffer – es ist gemahlener Weisser – sorgen für eine Lebendigkeit des 46% vol. kräftigen Single Malts. Im Finish taucht dann eine fast süße Mango auf, während der lange Nachhall dann wieder Trockenfrüchte und Nüsse darüber ausstreut.
Unter den 600.000 Liter Jahresproduktion Teelings findet sich aber auch eine Rarität für Irland, nämlich getorfter Whiskey. Das Rohmaterial stammt aus Schottland, wie Rob Caldwell einräumt, „das Rauchmalz wird mit dem hohen Wert von 50 parts per million (ppm) versehen“. Allerdings nimmt die traditionell dreifache Destillation viel von der Rassigkeit des Rauchs heraus. Womit der „Blackpitts“, wie das schwarze Label der Iren heißt, auch einen attraktiven Luxardo-Kirschen-Duft verströmt. Die rote Frucht wird aber auch von einer intensiven Ananas-Note begleitet. „Mit Holzkohle gegrillte Ananas“ ist auch für Master Distiller Alex Chasko die hervorstechende Eigenschaft des „Blackpitts“. Und in der Tat steht der dezente Smoke hier hinter der Fruchtigkeit, die man sicherlich auch zu einem Gutteil der Reifung in Ex-Sauternes-Fässern zuschreiben darf.
Ölig und saftig zugleich umhüllt dieser rauchige Irish Whiskey die Zunge, dem feinen Lagerfeuer-Touch folgt ein würziger Mittelteil. In dieser Phase wechseln sich rosa Pfeffer, Muskat-Abrieb und eine ganz dezente Note von Gelber Paprika ab. Der lange Hall ist keineswegs medizinal, viel mehr denkt man an wenig scharfe Rauchchili der mexikanischen Küche.
Noch mehr staunt man aber über eine Kategorie, die „seriöse“ Whisky-Freunde gerne ignorieren. Der „Single Grain“ wird aber bei Teeling bewußt separat abgefüllt, weil man seiner Qualität vertraut. Genau genommen ist es ja nur die Reifung, die in Dublin erfolgt, doch auch da hat man ein Händchen. Zumal dieser Whiskey recht „amerikanisch“ ausfällt: 95% Mais and 5% Gerstenmalz bilden die Maische, gereift wird in Fässern, die davor Cabernet Sauvignon enthalten haben. Da überrascht es dann weniger, dass statt hellem, oft genug recht banalem, Malzduft Zwetschken-Röster im Duftbild auftritt. Er begegnet dabei Butter-sattem Shortbread. Den Reigen setzen braune Butter und Trauben-Nuss-Schokolade fort. Und auch ein wenig Malaga-Eis bringt der 46% vol starke Single Grain mit.
Am Gaumen fällt diese Verwandtschaft zu Rum noch mehr auf. Hier ist neben der Rum-Rosine auch Muskatnuss an der Spitze der fast schon verspielten Gewürznoten zu schmecken. Die leichte Süße des Mais‘ bildet dann den Übergang zu einem neuen Schwall an Rotfruchtigkeit. Damit ist die Zugänglichkeit, die sich hier nicht nur dem hellen Getreide verdankt, quasi besiegelt. Und man konnte direkt mit einem neuen Grain-Liebling aus dem Charlie P’s gehen. Well done!
Bezugsquelle:
Teeling, Single Grain Irish Whiskey wird um EUR 32,90 angeboten, der Irish Single Malt Whiskey ist um EUR 37,90 erhältlich und der Blackpitts Peated Irish Whiskey kostet EUR 39,90, alle beim Versand von Weisshaus, www.weisshaus.at