Das war ein gelungener Abend! Photokunst von Uli Korntheuer (hier geht’s zu ihrem neuen Heim), Kochkunst von Zsolti und dazu kam eine beinah komplette Betriebspräsentation von Winzerin Ingrid Groiss. Schauplatz all dessen war der Karnerwirt Bromberg und Martin Windbichler hatte hartnäckig um Termine für dieses Menü gerungen. Gut so, denn die Bandbreite der Weinviertler Weine startete mit Rosé und führte bis zu einem restsüßen Riesling – beides nicht unbedingt Spezialitäten des nördlichen NÖ-Anbaugebiets. Doch wenn sich die Winzerin für eine Sorte entscheidet, dann muss es auch passen. Bauchladen und 27 Abfüllungen waren nie ihre Sache. Und sind es, das ist nach unserem Wiedersehen in der Buckligen Welt (wo Groiss tatsächlich noch nie war) klar, immer noch nicht.
Nicht einmal der Wein, den die meisten mit der Weinviertlerin verbinden, ist ein Veltliner, sondern der Gemischte Satz „Braitenpuechtorff“. 14 Sorten sind in diesem alten Weingarten, bei dem Ingrid immer liebevoll ihrer Oma fürs Anlegen und Bewahren des Reb-Schatzes dankt, präsent. Der aktuelle Jahrgang 2023 stellt bereits in der Nase klar den kühlen Typus dar: Birne, Grapefruit und diese undefinierbare weiße Frucht aus dem Kompott bei preisgünstigen China-Restaurants sind zu riechen. Saftig und fast dropsig – wir denken an die Grünen Apfel-Bonbons der Kindheit – legt der „Braitenpuechtorff“ im Geschmack los. Doch er wird immer engmaschiger. Eine intelligente Abfolge, die den Trinkfluss beflügelt: Der Laie hat gleich eine Frucht zum Begeistern, der Kenner trinkt wegen des würzigen Abgangs (Melisse, aber auch etwas Ingwer) nach. Hier ist beim Karnerwirt ein Wein im Glas, der immer geht!
Lange hingegen hat die Winzerin gezögert, sich dem Riesling zu widmen. Er gehört (nicht nur für sie) nicht unbedingt ins Weinviertel. Als sie den „Stanahaufen“ besichtigte, auf dem die Rebstöcke wurzelten, war aber klar: „Alles andere als Riesling wäre hier ein Verbrechen“. Und so erweiterte Groiss die Palette um diese Sorte – und man kann ihr das danken. Denn der geradezu geile Rauch-Ton ist Riesling-Freunden vertraut. Und lieb. Das pure Konglomerat-Gestein des Riesling „Braitenpuechtorff“ 2022 wirkt im Glas wie geflämmte Grapefruitzeste, die generell kühl-mineralische Art bestätigt, dass es richtig war, den „Weingarten der alten Frau Huber“ zu pachten.
Im Mund mengen sich Zitrusfrüchte mit dem sortentypischen Pfirsichgeschmack, doch nie zuviel davon. Auch hier bleibt der „Braitenpuechtorff“ mit dem leichten „Smoke“ angenehm mineralisch in seiner Grundierung. Dass im Finale diese Note dann auch ins Pikante abdreht, gefiel am besten – fast ein wenig „Peperonata“, der gedünstete Gelbe Paprika, war zu schmecken. Und es blieb nicht der einzige Vertreter dieser Sorte. Einer der schönsten Weine des Abends ist ihr nämlich „passiert“, wie die Winzerin freimütig erzählt.
Die steckengebliebene Gärung beim Riesling „Auf der Henne“ ergab einen Restzuckergehalt von 18 Gramm. Etwas, das Ingrid Groiss, die bekehrte Riesling-Skeptikerin, nicht im Sortiment brauchen konnte. Doch der Geschmack überzeugte sie, den 2016er doch abzufüllen. Und das Ergebnis – im Stil einem „off dry“ ausgebauten Mosel-Wein nicht unähnlich – überzeugt! Pfirsichgelée, Marillenröster, dazu Maracuja und als pikanter Akzente auch Gelbe Paprika betören schon die Nase. Ein feiner Säure-Nerv, der dem Riesling eigen ist, zieht sich durch das tropenfruchtige Gemenge, das über die Zunge schliert. Sogar etwas Gerbstoff ist als stützendes Element noch dezent zu bemerken. Von einem echten „Süßweine“ weit entfernt, ist das ein hedonistischer Schluck, der zu Marillen-Palatschinken seine Sternstunde hat. Oder zum „dekonstruierten“ Pfirsich Melba, mit dem man bei Martin Windbichler schloss. Soll es uns nie schlechter gehen!
Bezugsquelle:
Ingrid Groiss, der Gemischte Satz „Braitenpuechtorff“ kostet EUR 12,70, der Riesling „Braitenpuechtorff“ 2023 wird um EUR 17,90 angeboten, beide bei Wagner, www.wagners-weinshop.com
Ingrid Groiss, Riesling Reserve „Auf der Henne“ 2016 wird bei Kate+Kon um EUR 27,90 offeriert, www.kateandkon.com