Familie RWB hat Zuwachs bekommen. Nicht allen war das bis zur Jahrespräsentation in Schloß Esterházy klar (lesen hilft manchmal, sag ich leicht tadelnd). Aber, als sich die Menschentrauben um Erich und Claudia Giefings Stand bildeten und man immer wieder vom „Weißwein des Abends“ raunen hörte, war auch den oberflächlicheren Besuchern bekannt: Das Ruster Weingut Giefing ist seit heuer Mitglied der Renommierten Weingüter Burgenland.
Um die Spannung gleich einmal zu lösen, beim Weißen, der rasch seinen Fanclub hatte, handelt es sich um den Chardonnay des Hauses. Contessa nennen die Giefings diesen 2011er, der trotz langem Ausbau im neuen Holz keinen Powerchardonnay der Marke Vanillecreme darstellt. „Internationale Stilistik“ nennt es der Winzer mit deutlichem Understatement, denn hier glückte etwas, das man gemeinhin mit den großen französischen Weißen verbindet: Gekonnter Fasseinsatz bei einem ansonsten würzig-mineralischen und sogar frischen Wein.
Um es einmal von hinten aufzuzäumen – selbst das leere Glas duftete noch nach Räucherfisch. Auf der Anhöhe Richtung Oggau, nahe dem Römersteinbruch, passt einfach alles. Und es sind nicht die französischen Opern, die hier auch gespielt werden, die die Contessa zum Meursault des Burgenlandes machen: Sesam und Soletti verraten im Duft den Muschelkalk der Lage, die Salzigkeit, eher nach Mandeln am Gaumen, zieht sich durch, Säure und eine an Salzzitronen und Maracuja erinnernde reife, aber säuerliche Fruchtnote halten gegen und machen diesen Chardonnay so besonders.
Dreh die Gewürzmühle
Kompromisse – und das dürfte ein Geheimnisse Giefings sein – macht man keine, „2010 gab es überhaupt keine Reserve“, entscheidet man von Jahrgang zu Jahrgang. Auch im Handel findet man die Weine (zu) selten, erläutert Erich Giefing nebenbei. Doch die 2009er Serie der Reserve-Roten birst geradezu vor Würzigkeit. Am markantesten wohl beim Blaufränkisch zu sehen: Cranberry, Fleischsaft und schwarzer Pfeffer machen neugierig auf den Gaumen, der noch einmal „nachlegt“. Zunächst ist da nur der Espresso, der zu der fruchtsüßen Kirsche und etwas Vanille seinen Akzent setzt, ehe dann gegen Ende Nussnougat und immer dunklere Noten, schwarze Olive etwa, wieder dieser Pfeffer, und auch Lorbeer dazukommen.
Auch der Pinot Noir Reserve 2009 serviert ein ganzes Küchengärtchen; Estragon, Liebstöckl, Thymian schweben über der sortentypischen Himbeernase, etwas akzentuiert von Balsamicoessig. Vollmundig nach Preiselbeeren und Kirsche ist dann der erste Schluck, doch kaum, will man Bilderbuch-Burgunder notieren, bestirnt sich die Zunge förmlich mit grünen Pfeffer, der nicht enden will. Das Potential dieses Pinots scheint fast mit den Händen zu greifen. Verabredungen im Keller für in fünf Jahren sollte man jetzt wohl treffen.
Wer die Weine bisher verfolgte, hatte vor allem die Cuvée Cardinal am Schirm. Auch hier beginnt die Würzigkeit vom ersten Augenblick an: Grüne Olive, Wacholder und Thymian prägen die Nase, in der man die dunkle Kirsche erst entdecken muss. Am Gaumen ist der aktuelle Jahrgang 2011 saftig und zugänglich, die nicht unproblematische Ehe Blaufränkisch und Zweigelt (gepuffert von Cabernet Sauvignon) wurde hier gekonnt zelebriert. Kirsche und Kakao prägen den Eindruck, den der saftig-runde Cardinal am Gaumen hinterläßt, dazu kommt natürlich wieder Wacholder, gegen Ende dreht der Kirchenfürst noch einmal an der Gewürzmühle, ehe er lange ausklingt.
Bezugsquelle:
Weingut Giefing, Chardonnay „Contessa“ 2011 ist um EUR 25, der Blaufränkisch Reserve 2009 und der Pinot Noir Reserve um jeweils EUR 29 und die Cuvée Cardinal 2011 um EUR 32 ab Hof erhältlich, www.wein-rust.at