Nicht, dass es bei Jack Daniel’s in Lynchburg/Tennessee einen Mangel an Lagerhäusern gäbe. 96 „warehouses“ zählt man bei der Whiskey-Brennerei – und in jedem lagern 20.000 Fässer à 200 Liter. Doch die neue Kreation musste dennoch in einem anderen Lager reifen. Denn „Jackys“ Neuer ist ein Whiskey, der nach dem Bottled-in-Bond-Act, dem alten US-Gesetz aus dem Jahre 1897, erzeugt wird. Dieses Verbraucherschutz-Gesetz entzog die Lagerung den Brennereien, die kurz zuvor mit dem Zusammenbruch des Kartells namens „Whiskey Trust“ landesweit für Negativ-Schlagzeilen gesorgt hatte. Bis 1909 dann auch 51% Mais verbindlich für Bourbon (plus die Brennstärke und die Reifung in neuen Eichenholz-Fässern) festgelegt wurden, verbesserte sich die Whiskey-Qualität markant.
Bis heute ist diese Regelung für „Bonded“-Erzeugnisse unverändert. Will man Whiskey mit diesem Qualitätssiegel versehen, muss das Erzeugnis
- in einer einzigen Saison und nur in einer Destillerie gebrannt,
- mindestens vier Jahre in einem staatlichen Zolllager gereift
- und mit 100 Proof (= 50 % vol.) abgefüllt worden sein.
Master Distiller Chris Fletcher hat bereits einige Neuerungen gesetzt, etwa den aktuell noch nicht in Österreich erhältlichen „Triple Mash“. Mit dem „Bonded“ lässt der seit 2020 in Lynchburg aktive Brenner nun die „Jacky“-Version in der alten Tradition folgen. Er hat sich für ein Rezept (mash bill) mit 80% Mais, 12% gemälzter Gerste und acht Prozent Roggen entschieden.
Dass das Ergebnis in Cocktails funktioniert, zeigte eine der Wiener Bar-Größen auf: Heinz Kaiser aus Dino’s Apothecary, vom Falstaff eben zum Bartender des Jahres 2023 gekürt, kombinierte etwa Trüffel und Schwarzen Knoblauch mit dem Tennessee-Whisky. Diese Abwandlung eines „Manhattan“ traf den Geschmack zur Wiener Premiere des „Bonded“ voll und ganz – wenn man auf derlei „savoury“ Drinks steht (tun wir sehr!).
Doch wie schmeckt der kräftige (50% vol.) Whiskey nun pur? Erwartungsgemäß ist viel Eichenholz zu riechen nach der langen Lagerzeit, erst dahinter swingen sich die Trockengewürze ein. Es duftet vor allem nach Piment, ehe in der „zweiten Nase“ Karamell den Takt angibt. Überraschend ist die „grüne“ Würze, die auf einen weitaus höheren Roggen-Anteil schließen ließe als die nur acht Prozent der „mash bill“. Fast wie Grüner Pfeffer äußert sich dieser Zug. Gegenüber dem weichen, an Toffee erinnernden Duftbild des klassischen „Jack Daniel’s“ ist das schon einiges anders.
Auch beim Kostschluck frischt die Würzigkeit des Whiskeys aus Tennessee schnell auf. Dunkle Schokolade am Gaumen wird von „hard spice“-Noten im Finish und einem sehr langen Nachhall begleitet. Fügt man etwas Wasser zum „Bonded“, wird die Mandel-Note deutlich, die eine feine Schoko-Süße begleitet. Doch auch hier bleibt der neue aus Lynchburg überraschend würzig und kantig. Die Marschrichtung für die Bar ist jedenfalls klar und wurde von „Dino’s“-Barchef Heinz Kaiser schon vorgebenen – das ist erstklassiger „Manhattan“-Stoff. Auch ganz ohne Trüffel, dafür mit fruchtigem roten Wermut!
Bezugsquelle:
Jack Daniel’s, Tennessee Whiskey „Bonded“ ist um EUR 36,90 (0,7 Liter-Flasche) bei Delicando im Webshop erhältlich, www.delicando.com