Der historische Zeitraum hat viele Namen: Novecento, Gründerzeit, Victorian era oder Belle Époque. Gemeinsam ist dem immer etwas unscharf begrenzten Fin de Siècle – um ein weiteres Synonym einzuführen – eine gewisse Genussfreude und Sinnlichkeit. Aus ihr schöpft der neue Hendrick’s Gin seine Inspiration, vor allem aber den Namen. „Grand Cabaret“ ist sozusagen ein flüssiger Toulouse-Lautrec oder Alfons Mucha. Ersonnen hat ihn wie stets bei Hendrick’s Lesley Gracie im schottischen Girvan. Alle zwei Jahre kommt ein Limited Release mit speziellen Botanicals, also natürlichen Aromgebern aus ihrem Kreativlabor alias Cabinet of Curiosities.
Diesmal ist es sogar eine doppelte Premiere geworden, denn ausschließlich für Cocktailbars hat man auch den Star der Epoche 1860-1914 schlechthin aufgelegt. Die „grüne Fee“, wie man den Absinthe zu dieser Zeit auch nannte, wird als neue (geschmacklich sehr Anis-lastige) Abfüllung zelebriert. Allerdings hatte man auch den Guignolet, einen Kirschlikör, in den Cabarets gerne im Separée stehen. Und an das Steinobst hat die Destillateurin auch beim jüngsten Streich gedacht. Welche „stone fruits“ genau zum Einsatz kommen, ist offen.
Doch die Frucht ist in jedem Fall das ausgeprägteste Element im Duft. Welches Obst es genau ist, wird schon etwas spannender. Denn von Mango über Pfirsich – da wäre zumindest eine „stone fruit“ – und auch Himbeere reicht der Aromenbogen. Letztere erinnerte einen Verkoster sogar an „Hubba Bubba“. Wichtiger allerdings: Wacholder ist in diesem Duft kaum zu finden. Er kommt für alle Gin-Puristen dann am Gaumen erst zum Einsatz. Das weiche Mundgefühl des limitierten Hendrick’s passt zu den fruchtigen Anklängen, für seine 43,4% vol. ist der „Grand Cabaret“ sehr angenehm im Antrunk.
Im Hintergrund macht sich eine feine pfeffrige Note bemerkbar, die den ausgeprägten Marillen-Mango-Mix begleitet. Dann und wann blitzen auch dezente Wacholder-Würze-Töne durch. Zusammen mit einem leichten alkoholischen „spike“, der sich am Ende einstellt, peppen das Gin-Gewürz und die leichte Pfeffrigkeit die fruchtige Melange auf. Für den klassischen Gin&Tonic ist der Neue aus dem Cabinet of Curiosities eine nicht ganz einfache Wahl. Aber ein Trick Lesley Gracies kann auch hier gut funktionieren: Nicht nur Tonic Water, sondern auch Soda zum Verlängern nehmen, dann wird die Fruchtigkeit nicht ganz so überbordend. Alternativ gäbe es noch den „Grand Cabaret Royale“ als Drink-Empfehlung. Hier übernehmen Cranberry- und Limetten-Saft gemeinsam mit Schaumwein als „Filler“ die Rolle des herb-säurigen Partners der Fruchtbombe aus dem „Novecento“.
Bezugsquellen:
Hendrick’s Gin, „Grand Cabaret“ ist um EUR 39,90 (0,7 Liter-Flasche) bei Whisky.at erhältlich, https://at.whisky.de