Die Cocktails, die wir für unser „Heim-Bar“-Serie mixen, holen natürlich immer irgendwie die weite Welt ins Haus. Bei unserem neuen Rezept – einer Alternative zu den Punschständen, die es heuer nicht gibt – gilt das aber ganz besonders. Denn es schwingen viele leere Kilometer in der Fremde mit, wann immer wir den „Hot Rum Cow“ mixen. Diesen Drink stellen wir gleich näher vor, aber die wundgelaufenen Hacken bezogen sich nicht auf das wärmende Getränk, sondern ein schottisches Magazin gleichen Namens. In der graphischen Gestaltung allenfalls dem deutschen Bartender-Heft Mixology vergleichbar, aber mit typisch britischem Humor in der Schreibe, war Hot Rum Cow ein Kind der Edinburgher Agentur White Light.
Womit sich auch teilweise erklärt, warum es in London eher schwer zu erhalten war. Aber immer wieder, meistens in der Nähe des Piccadilly Circus, fand sich eine besser sortierte Trafik, die nach längerem Suchen auch das Heft führte. Selbst in diesem Falle erntete der Käufer in spe prüfende Blicke; „Warme Rum-Kuh“ ist halt auch ein schräger Titel. Aber das war den Machern sicher bewusst, die sich in der Redation vermutlich etliche dieser Monty Python-esken Kaufvorgänge vorstellten. Und ihrem ansonsten tadellosen Alkohol-Heft einen Namen verpassten, der es den Pralinen „Knuspriger Frosch“ und „Lerchen-Kotze“ aus dem Sketch (mit Constable Clictoris (!)) ebenbürtig machte. Dabei ist diese Assoziation gar nicht so weit hergeholt, denn auch Kingsley Amis gilt durchaus auch als Satire-Autor. Und nebenbei als so heftiger Trinker, dass eines seiner Werke auch „Everyday Drinking“ hieß. Mit dem darin von ihm gepriesenen Cocktail „Hot Rum Cow“ wurde er dann posthum – Sir Kingsley verstarb 1995 – noch zum Namensgeber eines Drink-Magazins, das ihm wohl auch gefallen hätte.
Diese Hefte aus Edinburgh gibt es allerdings nicht mehr. 2018 stellte der Verlag das Erscheinen ein. Es war ein Abschied auf Raten. Denn am Ende war Hot Rum Cow auch in Schottland schon schwer zu finden. Unvergesslich bleibt, wie am Flughafen Aberdeen die letzte aufzufindende Ausgabe intern von einer WH Smith-Filiale zur anderen verschickt wurde. Es sollte die letzte für unsere Sammlung bleiben. Aber zum Glück nicht der letzte „Hot Rum Cow“, den wir uns mixten!
Sir Kingsley adaptierte für den Cocktail die im angelsächsischen Advent durchaus gängige Rezeptur eines „Hot buttered Rums“. Heutzutage wird er in Bars mit einer aufwändigen Gewürzbutter zubereitet. Im Grunde kombiniert das Rezept aber schlicht heißes Wasser mit Butter für die cremige Konsistenz und Rum zu einer Spielart des „Hot Toddy“ oder „Grog“. Wenn schon tierisches Fett in den Zuckerrohr-Brand soll, dann geht das doch auch mit Milch! Zumal damit auch eine Zutat wegfällt. Vermutlich in Amis‘ Haushalt irgendwann aus der Not geboren, funktioniert das Ergebnis aber sehr gut – solang man einen markanten und kräftigen Rum nimmt!
Der „21 years“ aus Jamaica, den wir verwenden mag manchen zu „schade“ zum Vermixen sein. Doch der von Joy Spence bei Appleton Estate in Jamaica gereifte Rum hat auch den Vorteil, dass er bereits schöne Noten von Vanille und Muskatnuss aufweist. Insofern ist die Anschlussfähigkeit an diese Zutaten da. Denn nach der langen Vorgeschichte ist hier auch das Rezept dieses feinen Winterdrinks für Rum-Freunde.
Hot Rum Cow
(Trinkprotokoll.at, adaptiert nach Sir Kingsley Amis)
Zutaten:
3,5 cl (dunkler) Rum
12,5 cl Milch
1 Teelöffel Rohrzucker
3 Spritzer (dash) Angostura
2 Spritzer (dash) Vanille-Essenz
Muskatnuss
Zubereitung:
Die Milch langsam erhitzen, sodass keine Haut im Topf entsteht. Parallel in einem Becher(glas) die anderen Zutaten verrühren. Mit der warmen Milch aufgießen und gleich ein bisschen Muskatnuss darüber reiben.
Die Intensität von Zucker, Vanille und Angostura kann man gerne seinem persönlichen Geschmack anpassen. Durchkommen sollte aber klar der Rum. Und wer mit warmer Milch (oder Cocktails ohne Eis) Probleme hat: Der „Rum Cow“ funktioniert auch kalt und wird dann einfach im Shaker zubereitet. Doch dann passt die Story rund um Kingsley Amis und die wackeren, schottischen Magazinmacher nicht mehr ganz so schön dazu.
Bezugsquelle:
Appleton Estate, „21 years“ ist um EUR 79,90 bei Interspar-Filialen oder online erhältlich, www.interspar.at