Im Cuisino, dem Restaurant des Casino Baden, ließ man sich kulinarisch auf kein Glückspiel ein. Clemens Kainradl, nicht nur Craft Beer-Händler, sondern auch stv. Biersommelier-Staatsmeister, hatte die Begleitung zu den sieben Gängen ausgewählt. Das „Bierkulinarium“ Numero 6 ergab aber nicht nur nur viel Small Talk unter Ehepaaren („das ist ein Stout, das schmeckt Dir sicher nicht“). Sondern es stellte uns auch die bislang vernachlässigte niederländische Brauerei Jopen besser vor. Man kann es ohne viel Übertreibung eine „Braukirche“ nennen, was da in Haarlem steht – denn tatsächlich wurde im pragmatischen Holland kurzerhand eine leerstehende Kirche zur Braustätte umgebaut. Sudkessel statt Altar, damit man eine architektonische Vorstellung hat.
Witziger Weise funktionierte man in ähnlicher Weise den Champagner-Stand zur Bierausschank um im Casino Baden, um das erste Jopen-Bräu unter die Gäste zu bringen. Es spielte seine Rolle als prickelnder Eröffner perfekt. Wobei, ganz allein wurde das „Divine Road“ nicht in Haarlem gebraut. Gemeinsam mit den Kollegen von Two Roads Brewing in Connecticut wurde deren New England IPA etwas leichter (und weniger süß eingebraut), woraus sich auch der Name des „Collaboration“-Biers ergibt.
Die leichten 4% Alkohol lassen die fruchtigen Noten fast schon floral leicht erscheinen, es flirrt eine Wolke aus Holunderblüten und Maracuja um das Sektglas. Der Antrunk ist erwartet frisch, die Blüten sind wieder da, dazu eine Pink Grapefruit-Zeste. Im Mittelteil wird es kurz cremig, die weiße Schokolade – man darf aber auch an Rice Crispies denken – weicht einem trockenen Abgang.
Das ist wesentlich, denn mit einem India Pale Ale (IPA) hat das nichts zu tun – die Holland-US-Crew legt es hopfig, aber nicht bitter an. Am Ende steht keine „grüne Watschn“ vom Aromahopfen, sondern eine angenehm prickelnde Reizung des Trigeminus, das sich der weißen Pfeffer-Note verdankt. Ein schöner Auftakt, zum Glück war genug von diesem New England IPA im Eiskühler!
Fisch muss schwimmen – auch im Weißbier!
Das „eigene“ Bier aus der Jopenkerk, also „Jopenkirche“, war dann ein Wit, der mit Koriander, Orange und fakultativ Salz aufgepeppte Weißbier-Stil der Holländer und Flamen. „Adriaan Wit“ erwies sich dabei als mehr an der Grapefruit als an der Orange orientiert. Der Duft streifte an Yuzu (eine andere Zitrusfrucht), ruft aber auch frisches Fleur de sel in Erinnerung und die Blüten-Noten ließen an weißen Flieder denken. Es ist ein dezentes Wit, das am Gaumen gelbe Kiwi und Apfelkompott mitbringt. Dem fruchtigen Antrunk folgt eine zarte Karamellnote, die im Finish von merklicher Koriander-Frische und einem fast mentholigen Zug beschlossen wird.
Für sich nicht übermäßig expressiv, ergibt sich in der „Schneeballschlacht am Teller“, wie Kainradl das Pairing anmoderierte, eine interessante Beobachtung. Denn zum kühlen Weizenbier reicht man Skrei, den zarten Winterkabeljau, der gerade Saison hat. Dazu gibt es Rote Rüben-Risotto samt Krenschaum und (zwei oder drei) frittierten Kapern. Vor allem Letztere kitzeln die Salzigkeit aus dem „Adriaan“. Doch mit jeder Komponente interagiert dieses Jopen-Bier: Süße zieht es aus en Roten Rüben, Frische und ein kühles Mundgefühl stellt sich bei einem Bissen Fisch ein.
Wäre dieses Jopen-Bier ein Wein, würde man es wohl „idealen Speisebegleiter“ nennen. Die Anschlußfähigkeit an das Fischgericht ist beachtlich. Doch offenbar ähnelt sich der Aufbau – aromen-armes Zentrum und Satelliten in mehrere Geschmacksrichtungen – am Teller und im Glas. Die Idee, statt dem Sorbet ein holländisches Wit zu kredenzen – sie ging voll auf: Gaumen erfrischt, Bier notiert!
Bezugsquelle:
Jopen, „Divine Road“ (Collaboration Brew mit Two Roads) ist um EUR 4 (im 6er-Pack), das Wit-Bier „Adriaan“ um EUR 3,20 erhältlich bei Hopfen & Soehne (Eisenstadt) bzw. auf Anfrage bei Bierfracht, www.bierfracht.at