Wer nicht glaubt, dass das Trinkprotokollieren harte Arbeit ist, darf 2017 gerne mit auf die Wiener Whiskymesse. Nur größte Disziplin und ein strenger Kostplan hilft angesichts der Köstlichkeiten aus gemälzter Gerste (und anderen Getreiden). So manche Abfüllung ragte aber dann doch so heraus, dass sie gleich auf das Podest gehört. Dabei klingt der Name – Tun 1509 – den The Balvenie seiner Rarität verlieh, nicht unbedingt so einladend.
Die Destillerie, als Teil des William Grant & Sons-Reiches in der Whisky-Hauptstadt Dufftown („Rome was built on seven hills, Dufftown stands on seven stills“) beheimatet, weist einige Besonderheiten auf. Immer noch wird hiernoch selbst gemälzt, auch wenn die Menge des Whiskys Zukäufe unumgänglich macht. Ein gutes Zwölftel des Bedarfs decken die letzten Floor Maltings in den Highlands aber noch ab. Zudem verfügt man mit David Stewart über einen Master of Malts, der das bereits seit 52 Jahren (!) ist. Er nützte eine aus Eichenholz gefertigte Tun, einen überdimensionalen Bottich zum Vermählen der Whiskies (marriage tun), bereits für den „Tun 1401“. Das eigentliche Mischgefäß wurde für drei Monate zum Lagergebinde, ehe der Whisky abgefüllt wurde.
In den 1980ern tranken alle Wodka, daher haben wir diesen herrlichen alten Vorrat an Whisky
Sam Simmons
Altersangabe trägt der Tun – sowohl der alte, als auch sein Nachfolger, um den es hier geht – keines. Im Gegensatz zu vielen der aktuell so zahlreichen No Age Statement– oder NAS-Whiskies werden hier aber keineswegs jugendliche Malts verwendet. Zwischen 1969 und 1992 destillierte Brände wurden verwendet, wie Sam Simmons erzählt. Da für die Blends von William Grant zumeist jüngere Whiskies zugeliefert wurden, hatte man in den Jahren des Wodka-Booms einiges an altem Edelstoff im Whisky-Lager beisammen. Daraus wurde der weltweit gefragte „Tun 1401“, der allerdings rasch ausverkauft war. „Es kamen nur zehn Fässer oder knapp 2.000 Liter davon in den Handel“, berichtet Simmons. Der Kanadier alias Dr. Whisky hatte in Wien nun den deutlich erweiterten Inhalt – Whisky aus 35 amerikanischen Eichenfässer und sieben Sherry Butts wurden „vermählt“ – des Tun 1509 mit. Und der Nachfolger braucht sich nicht verstecken.
Vorbereitet wurde die Begegnung mit der Rarität von Sam Simmons mit einem Glas 12-jährigen Double Wood. Der duftet nach Orangenzeste und Milchkaffee, also einladend und hell. Auch am Gaumen gehört „smoothness“ zu den herausstechenden Eigenschaften dieses Balvenie-Standards: Weich und mit einer gelben Frucht, die sich am Ende klarer als Marille zu erkennen gibt, rinnt der Malt über die Zunge. Ganz im Abgang wird es etwas würziger, weisser Pfeffer und auch ein Hauch Zimt sind zu spüren.
Tun 1509: Orangenmarmelade zum Trinken
Wie bei allen wirklich guten Single Malts ist auch hier bereits die Nase von einer Komplexität, die betört. Wo anderswo gerade Jod, Tabak und Trockenfrüchte notiert werden kann, ist die Liste nicht nur länger, sie umfasst auch außergewöhnliche Note. Rose zum Beispiel – kurz riecht das Lobmeyr-Kostglas (dünnwandig und dadurch perfekt für Nuancen!) wie eine voll erblühte Rose. Unglaublich! Der markanteste Duft ist aber der nach Orangenmarmelade, wie die britische „thick cut“-Marmelade beginnt der Tun 1509. Dazu auch Butterscotch vom Fass, karamellisierte Ananas und Maracuja, aber auch Marille.
Am Gaumen, um sich nicht nur in die Nase zu verlieben, springt der Whisky zwischen der satten Tropenfrucht und einem betont nussigen Charakter förmlich hin und her. Geröstete Haselnüsse, vor allem im Rückgeschmack, werden begleitet von Bitterschokolade und einer leichten Jod-Note. Die Fruchtigkeit der Orange sowie ihren exotischen Fruchtbegleiter blitzt immer wieder dazwischen, kaum glaubt man die Aromatik begriffen zu haben, kommt ein neuer Aspekt dazu. Dass man den 47,1% Alkohol starken Whisky zu keiner Sekunde mit Wasser „zähmen“ muss, spricht ebenfalls für ihn. Wenn er jetzt noch leichter erhältlich (Österreich erhielt 30 Flaschen zugeteilt) und ein wenig günstiger wäre……… – aber gut, für die Preis-Leistungsfraktion hatte die Whiskymesse im Hotel Wimberger genug zu bieten.
Bezugsquelle:
The Balvenie, „Tun 1509, Batch 1“ ist in Österreich schwer erhältlich, um EUR 298 (0,7 Liter-Flasche) führt ihn Whisky.de, limitiert auf eine Flasche pro Kunde, www.whisky.de