Noch bis „Johanni“ genießen Traditionalisten ihren Spargel. Am 24. Juni, so will es der alte Saisonkalender, wird das Stangengemüse serviert. Doch welchen Wein gibt es dazu? Die Vorgabe ist einigermaßen klar, denn den feinen Eigengeschmack soll kein kräftiger Wein überdecken. Buttriger Chardonnay, auch wenn er immer wieder auf die Menükarte kommt zum Spargel, orientiert sich aber mehr an der Hollandaise. Für die passt das als Mayonnaise-Variante (Ei und Öl kommen zusammen) schon. Doch der Spargel selbst will es säurearm und zart fruchtig, ein „Nusserl“ wäre auch kein Fehler.
Geht man als „Profiler“ in Sachen Aroma diesen Wünschen nach, landet man bald bei Sorten, die man als Underdogs in der Gastronomie bezeichnen kann. Ein jugendlicher Roter Veltliner, vor allem aber ein Neuburger, bieten sich an – und eine Sorte, an die hierzulande kaum mehr jemand denkt. Weil es sie schlicht kaum mehr gibt. Der betont säurearme Müller-Thurgau hat zwar immer noch über 4% der Anbaufläche in Österreich über, doch seit 1999 ging der Anbau der nicht gerade pflegleichten Sorte zurück – und reinsortig findet man ihn kaum noch wo.
Dabei kann die vom Schweizer Hermann Müller aus dem Kanton Thurgau gezüchtete Sorte (der Botaniker war allerdings im deutschen Geisenheim aktiv) auch Spaß machen. Während etwa im Friaul die dort „Miller“ ausgesprochene Sorte eine kleine Renaissance erlebt, führt sie als „Rivaner“ bei uns ein Stiefmütterchen-Dasein als Jungwein und verschwiegener Cuvée-Partner. Immerhin, die Nachbarn lassen ihren „Müller“ nicht verkommen; bis vor 20 Jahren stand die Sorte noch vor dem Riesling auf Platz 1 in Deutschlands Rieden, heute beträgt der Anteil 14%.
Badische Variationen zur Hollandaise
Ergo greifen wir diesmal zum, badischen Wein. Denn am Bodensee hat sich der Winzerverein Hagnau speziell der Sorte verschrieben. Und es gibt eine explizite „Spargel-Edition“. Ihr Duft nach „Golden Delicious“-Apfel, Grapefruit-Zeste und – weniger ausgeprägt – nach säuriger Ananas zeigt in Richtung Frische. Am Gaumen ist die Säure sortenbedingt mild, dazu kommt mit dem leichten Zuckerrest (4,7 Gramm) ein leicht cremiges Mundgefühl bei diesem leichten 2015er. Aromatisch schiebt sich die Nektarine und wieder ein saftiger gelber Apfel in den Vordergrund, eine zarte Würze schimmert aber durch. Die Pfirsichnote bleibt bis ins Finish erhalten. Insgesamt sieht man die Sauce Hollandaise förmlich vor sich. Einerseits schmiegt man sich mild an, andererseits setzt man einen süßlich-würzigen Kontrapunkt mit der „Spargel-Edition“.
Die lieblichere Variante – hier sprechen wir von 19,7 Gramm Restzucker beim 2015er – stamt ebenfalls aus der Lage Burgstall und duftet bereits leicht süßlich: Animierend nach Pink Grapefruit, Äpfeln und ein wenig Steinobst (vor allem Pfirsich) riecht die Hagnauer „Edition“. Auch am Gaumen beginnt ein Zuckerspitzerl die Zunge zu kitzeln, eh die Säure einsetzt, die zu einer an „Fizzers“ erinnernden Mischung führt. Einerseits sind da säurige Aromen (wieder Pink Grapefruit und auch Blutorange), dazu kommt die saftige Frucht von Nektarinen und eben auch Orangen, die vor allem im Rückaroma auftrumpft. Für die Küche notieren: Blutorangen-Hollandaise einplanen zum Spargel!
Bezugsquelle:
Hagnauer Winzerverein, Müller-Thurgau „Spargel“ 2015 ist um EUR 6,50 ab Hof bzw. im Webshop erhältlich, der Müller-Thurgau „Burgstall“ Edition 2015 um EUR 7, www.hagnauer.de