Die ewige Wiederkehr des Gleichen ist auch dem Weinfreund nicht fremd. Aktuell kommen etwa die Ortsweine wieder zurück. Ein klares Profil, das nur die Rieden innerhalb einer Gemeinde aufweisen, ist aber keineswegs etwas Neues. Genauer gesagt, war dieses „Rezept“ schon zu den Tagen der Donaumonarchie vertraut. Eine wundersame Ortserweiterung sorgte sogar dafür, dass in Sachen Wein-Stil die rhetorische Figur des „pars pro totum“ zum Einsatz kam. Man sagte „Gumpoldskirchner“ und meinte einen fruchtig-fetten Stil, während „Brünnerstraßler“ auch knochentrockene Weinviertler abseits der „Route 7“ (Bundesstraße 7) meinte.
Kellertechnisch war der „Gumpoldskirchner“ aus dem Hans Moser’schen „Reblaus“-Lied eine Cuvée aus den beiden Sorten, die nur die Thermenregion in nennenswerter Menge hervorbringt: Zierfandler und Rotgipfler. Bei der Weltausstellung 1873 in Wien etwa erhielten die „Gumpoldskirchner“ die meisten Medaillen und in den Ringstraßenhotels repräsentierten sie neben einem Wachauer Riesling Österreichs Spitzengewächse. „An diese Tradition knüpfen wir an“, meint Michael Reinisch angesichts des 2018ers mit den beiden Rebsorten.
Der Johanneshof Reinisch liegt zwar in der Tattendorf und hat sich dort mit seinen Burgunder-Sorten einen Namen gemacht. Allerdings haben die Brüder Johannes, Christian und Michael Reinisch seit fast 20 Jahren auch Lagen in Gumpoldskirchen (und nicht irgendwelche, sondern Satzing und Spiegel) im Portfolio. Ihnen entstammt das Aufgangsmaterial für die Cuvée aus Zierfandler (60 %) und Rotgipfler (40 %), die dann vier Monate im großen Holz ausgebaut wird.
Der aktuelle Jahrgang der „Gumpoldskirchner Tradition“ duftet nach Mango-Lassi, etwas Safran und Nashi-Birne. Saftig mit einem fruchtigen Kern wie „Juicy fruit“-Kaugummi bringt der 2018er einen Mix aus Nektarine, Orange und Ananas auf den Gaumen. Etwas Walnuss macht gemeinsam mit 15 Gramm Restzucker Druck bei einer an sich schlanken Anlage von 12,5% Alkohol. Doch der reife
Rotgipfler schwelgt quasi in Urlaubserinnerungen aus tropischen Ländern: Die exotischen Früchte sorgen für Schmelz, die Säure und die fast nicht auszumachende pfeffrige Grundierung verleihen diesem Wein Zug.
Wer am Etikett „halbtrocken“ liest, denkt vielleicht an einen Zuckerschock, statt dessen wird man mit einem Allrounder belohnt, dessen Mango-Ananas-Mix zu vielen Speisen passt. Vor allem versteht man – auch angesichts des Preises – warum dieser Wein einst als „Gumpoldskirchner“ Jedermanns Liebling war. Denn zu meckern gibt’s da gar nichts!
Bezugsquelle:
Johanneshof Reinisch, Gumpoldskirchner Tradition 2018 ist um EUR 8,20 ab Hof bzw. im Webshop erhältlich, www.j-r.at