Was folgt nach einem Gin bei einem Spirituosen-Newcomer? In der Regel ein Sloe Gin. Auch die Brüder Johannes und Martin Steiner machten da keine Ausnahme bei der Veröffentlichungspolitik ihrer Brennerei. In diesem Falle lag die Latte aber sehr hoch, denn der „Steinhorn“-Gin (hier von uns getestet) eroberte aus dem Stand so ziemlich alle Preise, die ein heimischer Brand abholen kann. Auch die wichtigste Probe, die nach der Konstanz bei den weiteren Chargen, bestand der Wacholder der Steiner Brothers. Womit sie nun nachlegen, ist überraschend. Denn der Boom des Absinths gilt eigentlich als lange vorbei.
Die wirkliche Hoch-Zeit – sieht man den dekadenten Dichtern und Malern des 19. und frühen 20. Jahrhunderts ab – hatte die Spirituose mit dem hohen Alkohol und wechselnden Thujon-Gehalt vor dem EU-Beitritt Tschechiens. Dort wurde noch ordentlich mit dem in höherer Konzentration halluzinogenen Stoff hantiert, weil weder die EU-Grenzwerte, noch das Verbot der Spirituose je umgesetzt wurden. Und so mancher Eigenimport brachte wirklich die Raumgeographien in neue, unordentliche Zustände. Und das wissen wir nicht nur aus – hüstel, hüstel! – Erzählungen.
Man kann sagen, die beiden Steiners wollte es einfach wissen. Zumal auch Martin Steiner seiner Tage in Prag unter anderem mit Absinth zubrachte, somit die Qualitäten und ihre Niederungen kennenlernen konnte. Und im Grunde lebt auch guter (!) Absinth von seinen botanischen Zutaten – wie auch der Gin. „Beim „Steinhorn“ war unser Ziel, den für uns subjektiv besten Gin Österreichs zu machen. Bei der „Fee“ verhält es sich für Absinth genau so“. Die Botanicals sind mit Fenchel, Anis und der namensgebenden Arthemisia absinthium, vulgo: Wermut-Kraut, definiert worden, nachdem man just um den Brennerei-Ort Ruppersthal ein feines Wermutvorkommen fand. Mit einem Quäntchen Ysop war auch ein weiteres Kraut, das noch dazu auch natürliche Färbekraft mitbringt, gefunden. Womit der alte Party-Kracher zurück war! In einer Wagramer Version.
Die erworbenen Lorbeeren des Gin-Machens mögen den „Bros.“ vorauseilen, aber für uns riecht der Absinth namens „Steinhorn Fee“ anfangs nach Wacholder. Sehr würzig jedenfalls legt er los, erst danach kommt eine deutlichere Anis-Note und eine leichte Süße, die Botaniker vielleicht mit Mädesüß bezeichnen würden. Für die 60 Volumsprozent läßt sich diese grüne Fee jedenfalls recht sanft im Mund an. Nichts brennt, dafür fächern sich die Kräuter und Gewürze auf. Etwas Lebkuchen-Reminiszenzen bringt er mit (liegt an der Gewürznelke), natürlich auch etwas Ouzo-Feeling. Vor allem nach hinten hinaus explodiert der Austro-Absinth förmlich. Anis pur, etwas Fenchel-Tee und immer auch eine kräutrige Note sind da im Hall zu bemerken.
Jetzt trinkt man den Absinth aber entweder in einem Ritual, z. B. mit Zucker und eigenem Löffel (dazu gibt’s hier ein Video der Steiners), oder eben mit Wasser wie die Griechen ihren Ouzo. Auch bei dem hellgrünen „Fee“ zeigt sich dann die Trübung, die man Louche-Effekt nennt. Spannender aber ist, dass sich die Kräuter hier auch gegen den Anis durchsetzen. Auch einmal sind da Estragon, Kamille und auch etwas Kreuzkümmel – allesamt feine Verdauungshelfer. So könnte man den neuen Steiner-Brand abseits des Cocktails (Sazerac etc.) konsumieren. Oder man nimmt das Zuckerstückchen und Wasser, womit dann wieder Anis im Vorfeld zu schmecken wäre. Allerdings kommt in diesem „Serve“ dann erstmals auch der Wermut durch. Das herb-kräutrige Finale hat dann gar etwas von einem Waldspaziergang. An Möglichkeiten zum Konsum mangelt es als nicht. Aber schließlich erfüllt ja auch eine Fee in der Regel mehrere Wünsche. Sagt man.
Bezugsquelle:
Steiner Bros., Steinhorn Fee ist um EUR 39,- (0,5 Liter-Flasche) im Webshop der Steiner-Brothers erhältlich, www.steiner.store