Viel war nicht los mit Grappa, „a low profile spirit“ sei er gewesen, als noch rote und weisse Trester-Maische zusammen gebrannt wurde. Cristina Nonino macht den italienischen Brand bewußt ganz klein. Damit die Leistung ihres Vaters eben jeder versteht.Und schließlich ist Grappa immer noch ein italienisches Ding, fast 60% der Produktion verbleiben – trotz des Weltrufs der Friulaner Firma – in der Heimat. 1973 beginnt die Dramaturgie des Aufstiegs, denn da beginnen Benito und Giannola Nonino erstmals mit reinsortigem Trester-Brand. Die Wahl für diesen „monovitigno“ fällt auf die eher wenig ertragreiche Friulaner Picolit-Rebe.
Tipp: Sortenreines für das Liebes-Spiel
Klarerweise beginnt die Verkostung mit der quirligen 51-jährigen, die auch für 15 Jahre jünger durchgehen würde, mit diesem legendären Grappa. Der Duft ist sortentypisch, enthält also Honignoten und auch Bienenwachs-Anklänge, eine würzige Note, nämlich der Wacholder, wird mit etwas Luft immer intensiver. Mild im Beginn – und wir reden von 50% Alkohol – erinnert der Cru Monovitigno Picolit an Rosenblüten, etwas Pfeffer, aber auch nussige Töne grundieren die Fruchtnoten, die sich im Finish in Richtung Feige und Dörrobst deklarieren. „Vor, während und nach der Liebe“, empfiehlt Frau Nonino diesen Trank, wobei „das „Während“ den kreativen Teil darstellt“.
Und wo wir gerade bei amourösen Metaphern sind, kommt ein Sortenreiner, der wiederum „ideal für das erste Treffen mit einem Liebhaber“ sein soll. Il Moscato, mit 41% etwas leichter, riecht nach Marzipan, Orangen, zarter Marille und etwas Rose, deutet also in Richtung Traminer, was nicht so falsch ist. Denn der verwendete Gelbe Muskat stammt ebenfalls aus Südtirol und dürfte hocharomatisch gelesen worden sein. Am Gaumen blüht er regelrecht auf, auf gelben Apfel folgt Milchschokolade, überhaupt ist auch hier die Weichheit des Destillats bemerkenswert, ehe gegen Ende dann noch satte Tropenfrucht-Aromen und Vanille dazukommen. Das sollten Grappa-Verweigerer einmal kosten, die Bekehrungschance ist hoch!
Traubendestillat, nicht Grappa
Ganz anders wiederum zeigt sich der UE Malvasia. Seit 30 Jahren wird die ganze Traube gebrannt, auch hier gibt es sortenreife Varianten, Cristina Nonino schenkt eben den Malvasia ein und warnt zuvor, „das ist nicht der Einstieg zum Grappa“. Die Rosenblüte, die sofort aus dem Glas steigt, dazu die traubige Note unterscheidet bereits den Geruch deutlich vom Tresterbrand. Fruchtige Erdbeer-Akzente wie vom Uhudler, dazu ein wenig Holunderblüte machen neugierig auf den UE, was nichts Anderes als „Traube“ bedeutet im friulanischen Dialekt. Weich und fruchtig ist das Mundgefühl, ein wenig Marille vielleicht, vor allem aber viel Traubenzucker. Mit einer schönen Frische klingt dieses Destillat aus. Denn Signora Nonino hat noch mehr mit.
Wie Espresso: Grappa im Barrique
Die dunkle Flasche erinnert mit ihrer Goldschliff an die Flacons der britischen Edel-Parfümerie Penhaligon’s (nur halt in groß). Tatsächlich werden davon nur 240 Flaschen jährlich nach Österreich versandt, ein gutes Fünfzehntel des Gesamtbestandes. Grappa Nonino Riserva nennt sich der acht Jahre im Barrique gelagerte Blend aus roten und weissen Tresterbränden: Schiopettino, Merlot, aber auch Friulano („the rebsorte formerly known as Tocai“) und Moscato. Limousin-Eiche, aber auch Sherry-Gebinde sind dabei, mit 1.700 Fässern steht in den Reifekellern in Ronchi di Percoto auch genug Auswahl zur Verfügung.
Der zart rauchige Duft des Nonino Riserva erinnert an frisch gemahlenen Kaffee, von der Fasslagerung kam auch Vanille dazu, die eine elegante Mischung mit dem Espresso-Geruch ergibt. Der erste Schluck läßt ebenfalls an Kaffee denken, röstig und auch mit zart blättrigen Noten schmeckt das, etwas Haselnuss-Kuchen und ein Hauch Mandel ist auch noch da. Kräftig und lang fällt vor allem der letzte Eindruck aus, das Finale mit seiner Kaffee- & Gewürz-Schokoladen-Aromatik hält lange an.
Gelernt vom Besuch der Produktionschefin des Grappahauses haben wir zwei Dinge: Die Temperatur ist entscheidend, mindestens 14 Grad und lieber etwas zu warm, als zu kalt sollten die Monovitignos sein, will man sie genießen. Spannender noch waren die Cocktails, die Cristina Nonino mit Jan Pavel, dem neuen Barchef des Wiener Italieners Fabio’s, auf Grappa-Basis kredenzte. Ein Rezept sei vorgestellt, zwei weitere erwähnt. Der Grappa-Tonic funktioniert ebenso wie der Gin & Tonic, aber auch mit Erdbeer-Püree und Limette gibt der Grappa etwas her.
Für die Hausbar aber empfiehlt sich ein Rezept aus „bella Italia“ selbst: Aibes Antonio Germani aus Udine widmete seinen Drink den drei Schwestern – neben Cristina: Antonella und Elisabetta – Nonino und verwendet dazu den erwähnten Moscato-Grappa.
Nonino Sisters
4 cl Grappa Nonino Monovitigno Moscato
3 cl Likör Sour Apple
1/2 Limette
frischer Ingwer
2 Teelöfel Rohrzucker
Frische Ingwer- und Limetten-Stückchen mit Rohrzucker in einem Tumbler-Glas zerdrücken (wie man das vom Caipirinha kennt). Zerstoßenes Eis, Sour Apple und Grappa Nonino dazugeben. Mit Weintrauben garnieren.
Bezugsquelle:
Nonino, Grappa Monovitigno Picolit ist um EUR 79,55 (0,5 Liter) erhältlich, der Moscato um EUR 29,75 (0,7 Liter), den Traubenbrand ÙE “La Malvasia” gibt es um EUR 39,20 (0,7 Liter-Flasche) und die fassgelagerte 8-jährige Grappa Riserva um EUR 116 (0,7 Liter), alle bei Getränke Del Fabro, www.delfabro.at