In (noch) geheimer Mission waren wir in Tirol unterwegs. Genauer gesagt in Landeck bei Christoph Kössler, einem der erfolgreichsten Brenner des Landes. In Stanz hat zwar jedes zweite Haus eine Destille, durch die fast verpflichtend die „Stanzer Zwetschke“ rinnt. Doch was sich in der JP Feindestillerie tut, hat besonderen Charakter. Das beginnt beim Kostraum Kösslers, der eine historische Stube im ehemaligen Gasthof darstellt, der hoch überm Tal thront. Hier wurde 1660 der bekannte Barockbaumeister Jakob Prandtauer (Stift Melk) geboren – das „JP“ im Brennerei-Namen erinnert daran.
Doch weniger der alte Ruhm, denn die gegenwärtige Qualität interessiert Kössler, der neben seinen Edelbränden auch eine sommerliche Linie entwickelt hat, die den Ur-Tiroler Namen „Granta“ trägt. So nennt man die Preiselbeere, die nicht nur gesund ist, sondern auch im Übermaß in den Wäldern zu finden ist. Denn ohne zu sehr in die Brennphilosophie einzudringen, liebt man hier den möglichst natürlichen Ausdruck der Früchte. Geschmacksverstärker oder künstliche Aromen sind Dinge, bei denen man Christoph beinahe ausspucken zu hören glaubt. „Preiselbeere, Minze, Zitrone und sonst nichts“ ist etwa die Rezeptur des „Granta Sprizz“, mit dem er die Gäste begrüßt.
Auch das feine Rot im Glas verdankt sich lediglich der natürlichen Auslaugung der Beeren. Intensiv rotfruchtig fällt auch das Duftbild aus, das mit seiner säurigen Grundierung an Ribisln erinnert. Immer sind da aber auch die herben Noten der Preiselbeere im Hintergrund. An sich mit Soda zu trinken, funktioniert der Stanzer Likör auch als pures „Stamperl“. Saftig und herb legt er sich auf die Zunge. Immer extraktreicher wirkt er dort, die feine Bittere emanzipiert sich vom Fruchtkern und der dezente Gerbstoff wirkt am Ende leicht adstringierend. Genau dieses trockene Finale macht den „Granta“ dann mit Soda und etwas Minze zu einem erfrischenden „Spritz“ (bzw. „Sprizz“, wie es auf der Flasche steht). Das hätte man gerne auch beim Wirt des Vertrauens, wenn es die Sonne wieder so „kann“ wie bei unserer Verkostung in Stanz.
Für Cocktails ist das aber noch nicht die gesamte Veredelung der „Granten“ – auch als Bitter hat Christoph Kössler sie im Programm. Hier sind die ausschließlich natürlichen Zutaten neben der Preiselbeere 26 Kräuter und etwas Honig für die Süßung. Auch die Bitterkeit liefern alpine Quellen wie Kalmuswurzel, Blutwurz oder Bergwurz. Der Duft des „Granta Bitter“ erinnet denn auch an herbe Eindrücke von Kornellkirsche und Weichsel. Die feine Minze-Note lässt sich der Bergminze zuordnen, mit der man vor Ort auch den Drink mit dem „Granta“ garniert.
Im Gegensatz zu industriellen Bitterlikören kommt hier die Süße zuerst auf den Gaumen. Die Bitterkeit frischt langsam auf; was anfangs an Schwarze Johannisbeere und Minze erinnert, wird zusehends herber am Gaumen. Zum Beißen dicht ist dieser „Granta“, da sich die Süße immer mehr zurücknimmt und am Ende den Kräutern das Feld überläßt: Der Nachhall gehört dann ihnen; vor allem getrocknete Kamille bleibt lange haften. Guter Stoff und fein für einen alpinen „Negroni“, aber auch mit Tonic Water eine echte Tiroler Sommer-Erfrischung!
Bezugsquelle:
JP Feindestillerie, „Granta Sprizz“ ist um EUR 23 (0,5 Liter-Flasche) zu haben, der „Granta Bitter“ kostet EUR 18 (0,35 Liter), beide ab Hof bzw. im Webshop Kösslers, www.edelbraendetirol.at