Für die sechs Wiener Mitglieder der Traditionsweingüter war es der zweite Jahrgang mit der Lagen-Klassifikation, der vorgestellt wurde. Mit 25 Weinen war es ein schmales Segment unter den 198 Weinen der Probe in Schloss Grafenegg, die wir nun im zweiten Teil der Serie „ÖTW en primeur“ vorstellen. Doch die WienWein-Gruppe erweiterte dabei das Spektrum der Grünen Veltliner und Rieslinge. Wobei letztere Sorte in vierfacher Ausführung aus der Ried Preussen kam – allerdings auch in momentan noch arg jungen 2018er Abfüllungen von Cobenzl, Fuhrgassl-Huber, Mayer am Pfarrplatz und Wieninger.
Dafür gefiel der Maurer 2017er, den das Weingut Edlmoser mitgebracht hatte; ein Sandwich-Wecken, frisch aufgeschnitten, war die erste Assoziation beim Riesling von Michael Edlmoser. Der 2017er „Ried Sätzen“ bringt dann eine überreife Tropenfrucht-Nase mit, die fast an Botrytis-Trauben denken lässt. Im Mund allerdings entwickelt sich aus dem anfänglichen Frucht-Spitzerl eine satte Mango-Note, die mit Koriander-Grün verbrämt ist. Ab und an zeigt ein Touch Maracuja die jugendliche Säure an und sorgt für den beachtlichen Trinkfluss dieses Edlmoser-Weines, der auch zarte Sesam-Röst-Noten mitbringt. Wer hier Geduld zeigt, lagerte Großes aus Wien ein.
Ähnliches lässt sich auch über den immer famosen „Ried Falkenberg“ von Rainer Christ sagen. Wer die subtilen Noten sucht, wird von diesem Bisamberger Weißburgunder des Jahrgangs 2017 förmlich weg-gebeamt. Reife Tropenfrüchte wie Mango, Banane und Papaya wetteifern im Duft um die Vorherrschaft, als hätte der fossile Kalkstein „Tropifrutti“ von Haribo in die Flasche gebracht. Die kühlere Art bahnt sich langsam dann am Gaumen ihren Weg: Da ist dann Weiße Schokolade, aber auch der zart röstige Ton von Rice Crispies in einem überaus cremigen Weißwein, der nach Abbau des „Baby-Specks“ noch viele Jahre Trinkspaß machen wird.
Überhaupt machten die wenigen Weißburgunder in Grafenegg Werbung für diese Sorte, die in Wien prächtig gedeiht. Selbst der Jüngling aus dem Jahr 2018, den Fritz Wieninger für das Weingut Hajszan-Neumann biodynamisch vinifiziert hatte, konnte begeistern. Er ist ein rauchig-kühler Vertreter, das macht der Duft nach gelben Tulpen, Sesamkörnern, angekokeltem Toast und Assam-Tee klar. Im Typus also nicht die strenge Gouvernante, sondern eher ein durchtrainierter Halb-Marathon-Läufer. Das zeigt der eigenwillige Wein, der aus der Riede Gollin – zwischen der Ried Ulm und der sattsam bekannten Ried Rosengartel am Kalk des Nussbergs – stammt.
Rauch und Frucht sind schon in der Jugend untrennbar verwoben. Zum hellen Tabak gesellt sich saftige Mandarine, die herbe Einsprengsel aufweist. Ein bereits recht kompletter Wein, der mit seinem sorten-typischen „Nusserl“ ein weiteres Häkchen in der Geschmacksnoten-Checklist setzen kann. Ein bisserl Reife tät‘ nicht schaden – aber zum Osterschinken 2020 wäre der „Gollin“ 2018 schon bereit für seinen Auftritt. Oder gleich bis zur Grafegger ÖTW-Kost im September warten?
Bezugsquellen:
Weingut Edlmoser, Riesling Maurerberger Kalkstein „Sätzen“ 2017 kostet ab Hof 34 Euro, www.edlmoser.com
Weingut Christ, Weißburgunder „Falkenberg“ 2017 ist um EUR 29,- ab Hof zu haben,
Hajszan-Neumann, Weißburgunder „Gollin“ 2018 kostet EUR 23,80 bei Döllerers Weinhandelshaus, www.weinhandelshaus.at