Die Frage kommt jeden Sommer wieder. Denn auch Weinfreunde machen sich ja auf in den Urlaub. Und neben dem Fahrradstrampeln tagsüber (für’s gute Gewissen) soll es nach der Mittagshitze auch ein Weinderl sein. Was in manchen Regionen leichter klingt, als sich der kleine Ferien-Maxi das vorstellt. Denn die Lesevorbereitungen laufen, Touristenhorden dräuen und eigentlich hat man auch als Weinbauer mal ein paar sonnige Tage ohne Säurewert-Prüfungen und Ab Hof-Rabatt-Diskussionen. Abgesehen davon, dass es Teil des Hausrechts ist, auch keine Gäste zu empfangen. Vor allem die nach drei Weinproben davor schon „Überkosteten“. Aber durchaus auch generell.
Womit wir in der Wachau wären, die sich vor allem im Sommer durchaus Ruhe verdient hätte. Aber: „Schnecken“, wie der selige Großvater gesagt hätte. Und doch gibt es Winzer, die man kennen sollte und die sogar noch einen Buschenschank führen. Den echten. Also mit Eigenbauweinen, ohne Zukauf. 4,5 Hektar speisen den Nachschub von Inge und Gerald Graf in Mauternbach. Das klingt jetzt vielleicht nicht so sexy wie Dürnstein, Achleiten, Spitzer Graben oder Singerriedel, doch die kühlere Seite des Donautals – in diesem Falle mit der Riede Bergern bis an den Dunkelsteinerwald anstoßend – hat ihre Vorzüge. Das zeigt sich bei beiden Weinen der auch seit 1679 als Winzer aktiven Familie Graf, die wir im Glas hatten.
Nicht der Geographie, aber dem Fokus auf Schank und Ab-Hof-Verkauf, verdankt sich ein weiterer Vorteil aus Kundensicht: Die schlanken und trinkanimierenden Weißen aus Mauternbach haben auch einen schmalen und kaufanimierenden Preis. Dazu kommt die Palette der Grafs, die bis zum Merlot reicht, aber auch beim Weißwein nicht nur die Platzhirschen Riesling und Grüner Veltliner in Reinform gelten lässt. Es gibt sogar Sauvignon blanc. Doch der Freudenbringer schlechthin, wenn man alle Parameter einbezieht, ist der „Gemischte Satz“, aktuell des Jahrgangs 2022.
Man hat bei ihm offenbar weitgehend auf Aromasorten verzichtet – wie beim berühmten Cousin aus der Bundeshauptstadt oftmals üblich. Zumindest weist hier schon der erste Duft auf einen echten Wachauer hin. Da ist Marille, dann Pfirsich und somit die Steinobst-kräftige Signatur des Rieslings in der Nase zu spüren. Dass es sich um keinen reinsortigen Wein handelt, zeigt sich aber mit etwas Zeit im Glas. Da geht der 2022er der Grafs wunderbar auf. Nach ein paar Minuten erinnert gelber Apfel („Golden Delicious“) daran, dass vermutlich auch Veltliner im Spiel war.
Den genauen Blend erfährt man sicher beim nächsten Heurigen-Termin (auch der ist ein Geheimtipp, auch wegen der Fernsicht beim Essen!). Doch hier soll genügen, dass der „Gemischte Satz“ ein süffiger und vor allem auch leichter Weißwein ist. 11,5 % vol. sind ein angenehmer Wert. Dank der Mischung aus Birne, Nektarine – stellvertretend für den generellen Geschmack von Steinobst angeführt – und im Finale dann auch Holunderblüten ist man aber nicht zu leichtgewichtig. Daran hat auch das abschließende Bitterl Anteil; ein Hauch Limettenzeste rundet mit dezentem Gerbstoff dieses Glas mit viel „Zug“ ab. Allerdings sollte man den Mischsatz immer gut gekühlt halten. Dann strahlt die Präzision und Säure dieses Graf-Weins so richtig!
Natürlich folgen I.&G. Graf, so der offizielle Name des Guts, auch den Regularien der Vinea Wachau. Der „Smaragd“ als reifste Stufe wird z. B. aus der Ried Galiziberg gekeltert. Doch auch hier zog es uns zum leichtfüßigeren Federspiel hin. Es stammt aus der Ried „Lach Bergern“, die an den quarzreichen Teil der Weingärten in Unterbergern angrenzt. Hier sorgt der Löss für saftige Weißweine – und das 2021er Federspiel stellt keine Ausnahme dar.
Der Orangen-Duft des „Ried Lach Bergern“ ist zu Beginn sehr ausgeprägt. Er verändert sich in eine fast Mandarinen-artige, fruchtsüße Richtung. Dieser mit noch mehr Luft auch an Tropenfrucht (Mango vor allem) anstreifende Geruch wird aber von den würzigeren Akkorden – z. B. Hopfenspargel – gut ausgeglichen. Am Gaumen wird die Rebsorte kenntlicher, die Säure hebt mit Zitronenzeste und Gelbem Apfel typische Geschmacksnoten hervor. Leichtfüßig und mit schönem Trinkanimo stellt der „Lach Bergern“ ein Federspiel dar, wie es früher einmal die Norm war. Heute allerdings sind derlei leichtfüßige und konsumfreudige Weine in der Wachau schon zu suchen.
Bezugsquelle:
I. & G. Graf, Gemischter Satz 2022 kostet EUR 7,-, der Grüne Veltliner Federspiel „Ried Lach Bergern“ 2021 wiederum ist um EUR 8,- zu haben, beide ab Hof bzw. im Webshop, www.weingut-graf.at