Für Mietskasernen-Bewohner sorgt Martin Fankhausers Arbeitsstätte sicher für Lacher: Am Stiegenhaus-Hof entstehen nämlich seine Brände. Doch der befindet sich nicht zwischen Parterre und Mezzanin, sondern im Zillertal. An sich hätte der Vollerwerbsbauer aus Schwendau ja schon genug zu tun, vor allem seine Schafzucht – etliche von ihnen wurden als schönste Tiere als „Miss Zillertal“ ausgezeichnet (auch da mag der Städter schmunzeln) – liebt Fankhauser. Was allerdings aus seiner Holstein-Brennblase kommt, ist auch nicht zu verachten.
Sein Obstler beispielsweise rehabilitiert die ganz Kategorie des gemischten Obstbrands. Weich und zugänglich, bewusst niedriger im Alkohol, dafür vor frischer Frucht schon im Duft berstend: Klarer Birnengeschmack und keine Spur von Spritigkeit oder der hantigen Note, die viele Obstler oft aufweisen. Apfel, Birne, Kirsche und Zwetschke kombiniert der Brenner dafür und die Bezeichnung „Edel-Obstler“, die der 40%-ige Brand trägt, ist keineswegs arrogant, sondern zutreffend. Wohl dem Wirten, der solche Hausschnäpse hat! Die Auszeichnungen bei den diversen Schnapsprämierungen von der „Destillata“ abwärts sprechen ohnehin für sich, das neue Projekt bringt ihn aber auch in die Bars.
Denn Martin Fankhauser hat nun auch einen Gin vorgelegt. Andreas Hotter etwa verwendet ihn in seiner zu den Top 3-Bars in Tirol zählenden Wirkungsstätte im Hotel Englhof in Zell/Ziller gerne. Die Basis dafür ist eine recht alpine, denn statt neutralem Alkohol wird der Heubrand vom Stiegenhaus-Hof verwendet. Die Idee zum Heu-Brand, den er schon länger destilliert, hatte Fankhauser einst in Südtirol, als er beim Familienurlaub im Heubad relaxte. „Zahlreiche Heusorten aus dem Talboden sowie unzählige von den verschiedensten Almen im Zillertal wurden ausprobiert“, beschriebt der Brenner den Weg dorthin. Denn schließlich sollte das perfekte Heu zum Brennen „Blumen und Kräuter vom Zillertal repräsentieren“. Für den Gin hat er noch weitere Botanicals zu den ohnehin in der Bergwiesen-Mahd „inkludierten“ Kräuteln ergänzt.
G‘mahte Wies‘n: Der Gin mit Heugeschmack
Und so stellen sich im Glas beim „Bergheu-Gin“ zunächst definitiv keine Zillertaler Aromen vor: Eine fast explosive Zitrusfrucht steigt einem in die Nase. Da ist vor allem Limette in einer fast greifbaren grünen Frische, dazu Granny Smith-Apfel, der fast untergeht in dem intensiv wie „Hirsch-Seife“ duftenden Zitrus-Nebel. Der Wacholder, mit dem der erste Schluck beginnt, setzt dem Spiel der Schalen-Aromen ein Ende, jetzt wird es würzig – und das bleibt so bis zum letzten Tropfen des 44%-igen Gins.
Dazwischen bäumt sich die Zitrusnote, deutlich gezähmt und diesmal mehr an Grapefruit erinnernd, noch einmal auf. Ab dem mittleren Gaumen dominiert dann aber das Tiroler Erbe; jetzt schlägt die Stunde der floralen Noten und besonders der mitgemähten Kräuter Bärwurz und Co. Mit dieser feinen alpinen Würze klingt der Gin aus, der sich durchaus zum Pur-Konsum eignet. Für ein Gin&Tonic hingegen sollte man mit dem Tonic sparen, rät auch Andi Hotter. Denn die eleganten Würzenoten des Zillertals soll man schließlich nicht wegspülen – nachdem sich Fankhauser so geplagt hat, sie flüssig zu konservieren.
Bezugsquelle:
Stiegenhaus-Hof, „Edel-Obstler“ ist um EUR 21 (0,35 Liter) erhältlich, den „Bergheu Gin“ gibt es um EUR 35 (0,5 Liter-Flasche), beide ab Hof oder im Webshop der Fankhausers, www.stiegenhaushof.at