Der Jahrgang 2014 kennt viele Verlierer, aber bereits jetzt einen Gewinner: die Thermenregion. So erfreulich die Winzergespräche – 18 Grad KMW wurde beim Riesling da, 21 beim Pinot dort geerntet – bei der Jahrgangspräsentation „Top 100“ auch waren, ein ganz anderes Problem weist der aktuelle Wein auf. 2013 wurde ein opulenter bis fetter Jahrgang, bei dem etwa bei den besten Chardonnays kaum einer unter 13,4 Volumsprozent ausfiel – und wir sprechen jetzt nicht von den Reserven.
Die Kunst, gegen den Alkohol und die regionstypische – zarte bis deutliche – Restsüße beim Weißwein auch Säure in Stellung zu bringen, bereitete mitunter Schwierigkeiten. Selbst Winzern in unserer Runde war einiges im Kostglas zu „breit“. Die Entscheidung für das Burgunderglas zum Verkosten, an sich den Rotweinen zugedacht, erwies sich mit wenigen Ausnahmen als richtig. Aber genug gematschkert, schließlich gab es auch genügend bemerkenswerte Weine, bei denen man die Analysewerte zwei Mal lesen musste, um sie mit dem in Deckung zu bringen, was einem im Glas so gefiel.
Burgunder: Wer hat die Kreide mit?
Dass Eleganz und Trinkanimo auch im Jahr 2013 möglich war, bewies der subjektiv beste Pinot Blanc, der von Othmar Biegler vorgelegt wurde: Kalkig, wie man das erwarten darf, duftet der Weißburgunder aus Gumpoldskirchen, dazu kommen zarte Aromen wie Grapefruitzeste und Weingarten-Pfirsich, kreidig-kühl ist das erwartete Geschmacksbild. Das stimmt, aber nur bedingt, denn am Gaumen wird es sehr saftig, wieder viel Zitrusfrucht, aber auch Ananas und eine nicht ganz reife Marille sorgen für Fruchtigkeit. Die Säure allerdings hält die knapp vier Gramm Restzucker in Schach und macht einen herrlich animierenden Pinot aus.
Rotgipfler: Balanceakt gegen Alk
Als Preis-Leistungssieger ist wohl der von Johann Schwertführer (am Foto rechts), in Sooß besser als „35er Schwertführer“ bekannt, anzusehen. Der immerhin 14 Volumsprozente starke 2013er duftet nach Apfel und etwas Zimtrinde, auch die Aromatik entfernt sich mit einem mineralisch unterlegten Grapefruit-Golden Delicious-Konglomerat von der üblichen Tropenfrucht der Sorte. Animierend und strukturiert, verdient dieser Rotgipfler Beachtung.
Deutlich auf der exotischen Seite der Sorte ist dagegen der Gumpoldskirchner Favorit der Verkostung beheimatet. Christian Schabl hat einen vor allem im Geruch eigenständigen 2013er aus der Ried Schwaben zu bieten: Ananas, Karambol-Frucht, weißer Pfeffer und auch Koriander laden zum Trinken ein. Vollmundig, von saftiger reifer Ananas getragen ist der noch trockene (8,2 Gramm Zucker) Rotgipfler. Dazu kommt eine frische Note, die an Grapefruitzesten erinnert, die Zitrusfrucht trägt den Wein ins Finish, wo dann auch noch würzig ausglüht. Ein herrlicher Speisenbegleiter – was man im Heurigen vor Ort nachprüfen könnte.
A propos Heurigen in „Gumpolds“: Hannes Hofer, der letzte der drei Wein-machenden Cousins, der im Trinkprotokoll.at noch nicht vorgestellt wurde (zu seiner Wiener Verwandtschaft Michael findet sich hier, zu Cousin Wolfgang da etwas; Hannes ist dafür mit Foto zu diesem Beitrag verewigt :-P ), hatte den wohl extremsten Wein mit. Die Cuvée von Rotgipfler und Zierfandler mit dem Namenszusatz „Privat“ müßte eine Alko-Marmelade sein, wenn man nach den reinen Werten geht: 15,7% Alkohol, 11,7 Gramm Zuckerrest. Und doch ist diese „Wuchtbrumme“, die nach der Gänseleber als Speisebegleiter förmlich „schreit“, in jeder Phase lebendig.
Sesam und eine ganze Dose voller Tropenfrüchte machen das Bukett aus, vor allem Papaya schimmert durch. Sie gibt den Takt auch am Gaumen vor; der 2011er buttert als wäre die Zunge eine Kuchenform. Butterkeks, zarte Süße wie von einem guten Briocheteig, dazu immer wieder satte Tropenfrucht, aber auch eine salzige Grundierung, die dem doch so intensiven Wein eine relativ hohe Trinkfreunde verleiht.
Zierfandler: Bio und ohne Fettrandl
Nicht ganz so heftig, aber ein ähnlich gutes Argument gegen die Fixierung auf Einzel-Werte wie Alkohol stellt der ebenfalls 2011 geerntete Zierfandler „Pfarrgarten“ von Andi Schafler dar. 14,5 % Alkohol und ebenfalls ins Halbtrockene zu rechnende 15,2 Gramm Restzucker ergeben eine Mischung aus süßen und sauren Aromen, die man mit den Polen gelbe Paprika und Karamell umreissen kann. Saftig und gelbfruchtig schmeckt er, von allem mag vielleicht ein wenig zu viel da sein, aber an den richtigen Stellen, um es mit einer Frauen-Silhouette zu vergleichen.
Und weil wie gerade beim Zierfandler sind: Aus Mödling vom Bio-Weingut Pferschy-Seper kam jener Wein, zu dem ausdrücklich notiert wurde, dass er „konträr zu den Analysewerten“ schmeckt: Zitronen-Tarte im Duft, auch etwas Kandiszucker lassen sich beim 2013er Zierfandler noch mit den angegebenen 13,2% Alkohol und 14,3 Gramm Zucker in Einklang bringen. Der erste Schluck aber spült Grapefruit pur auf die Zunge, dazu eine mineralische Note, und macht einen hocheleganten Wein daraus, der geradezu eine Werbung für biologischen Landbau in diesem Jahrgang darstellt. Fett ist hier gar nichts, alles dient einer Feinheit, die zeigt, warum man die Thermenregionssorte gerne als Riesling-ähnlich lobt. Das könnte auch Wachau sein. Ist es – bitte auf das Preisschild schauen – aber definitiv nicht.
Wobei auch der Rotgipfler von Birgit Pferschy-Seper (Foto links) aufzeigte: Verhalten und zart im Duft nach Zitronen-Eis und Pudding, bringt er mit seiner feinmineralischen Art, einem Pfirsich-Ton und süß-sauren Paprika-Noten, die zart herb ausklingen, Mödlings Weinbau weit nach vorne. Auch das kann Thermenregion 2013 sein.
Bezugsquellen:
Othmar Biegler, Pinot Blanc 2013, kostet ab Hof 7,90 EUR, www.weingut-biegler.at
Johann „35er“ Schwertführer, Rotgipfler 2013, um wohlfeile 5 EUR ab Hof zu erwerben, www.schwertfuehrer.at
Christian Schabl, Rotgipfler „Schwaben“ 2013, gibt es im Online-Shop des Weingutes um EUR 8,50, www.schabl.me
Hannes Hofer, Spätrot Rotgipfler „Privat“ 2011, wird ab Hof um EUR 18 angeboten, www.weingut-hofer.at
Schaflerhof, Zierfandler „Pfarrgarten“ 2011, ist um EUR 14,50 ab Hof erhältlich, www.schaflerhof.at
Birgit Pferschy-Seper, Zierfandler 2013 ist um EUR 12,40 ab Hof erhältlich, der Rotgipfler 2013 um EUR 10,10. In beiden Fällen gibt es Rabatte ab sechs gekauften Flaschen, www.pferschy-seper.at