Es braut sich was zusammen in Favoriten. Angela Fleischer ist dafür verantwortlich. Und das schwarze T-Shirt, das sie heute trägt, bündelt ihre beiden Professionen in einem einzigen Aufdruck. Wie im Periodensystem der chemischen Elemente notiert, steht darauf „Be“ und „Er“ zu lesen. Als ausgebildete Chemikerin, die sie ist, hätte sie wohl Brom und Erbium gelesen, doch längst dreht sich ihr Arbeitsleben um Bier. Diesen ungewöhnlichen Jobwechsel verdankt sie Erwin Gegenbauer. Der Essigbrauer wollte nämlich Bier brauen. „Wenn’s nichts wird, macht er halt einen Essig draus, werden alle sagen“, zeigt er durchaus Selbstironie.
Bei der Namensgebung hingegen wird nicht tiefgestapelt: „Wiener Bier“ soll es heißen, schließlich wachsen auch die Zutaten – außer Hopfen – in Wien. Mit Emmer und Einkorn wurden zwei Urgetreide vermälzt und das schmeckt man bei der Tankprobe: Das bernsteinfarbene Bier erinnert mit röstig-cremigen Noten an Frühstücksflocken, aber auch etwas Banane ist zu schmecken. Das Bittere des Hopfens wurde bewusst reduziert, klärt Angela Fleischer auf.
Mehr als 1.000 Liter wird es nicht geben von einem Bier. „Wir steuern auch bewusst die Temperatur nicht automatisch“, lässt sich der Querdenker nicht in eine Schublade pressen, „jeder Sud soll anders werden. Wie beim Wein, da ist auch jeder Jahrgang anders“. Die durchnummerierten Biere könne man vergleichen und darüber diskutieren, wünscht sich Neo-Brauer Gegenbauer: „Über Essen und Trinken soll gestritten werden, aber bitte nie über Religion und Politik“. Auch beim Preis will er sich nicht als Billigalternative zum Wein unterschätzen lassen: „Warum sollte man ein handwerklich perfekt hergestelltes Bier, dazu auch noch in Bio-Qualität, einem Wein gegenüber abwerten, für den man locker 20 Euro ausgeben würde?“, fragt Gegenbauer.
Gurkerln, Kraut und Bier
Die Premiere feiert das Bier aus Favoriten von 9. bis 11. Mai beim Genussfestival im Wiener Stadtpark. Danach wird es zwei verschiedene Varianten geben: Da wäre zunächst die exklusive Linie für das Hyatt-Hotel in der ehemaligen Bank Austria Am Hof. Sie wird nur in 0,1 Liter-Gläsern ausgeschenkt. „Weingläsern“, wie Gegenbauer präzisiert, „das war uns wichtig“. Für den Heimgebrauch etwas unkomplizierter wird die „Tankstelle“ sein, die der Essigbrauer in seinem Stand am Naschmarkt einrichtet. Zwischen Essig und Gurkerln zapft er das Bier frisch in die Liter-Flaschen. Ganz wie früher…
Bezugsquelle:
In Gegenbauers Naschmarktstand wird das „Wiener Bier“ frisch gezapft, per Webshop kommt es in der Bügelflasche (ein Liter), jeweils um 16 EUR, www.gegenbauer.at