Im ersten Teil unserer Shōchū-Verkostung ging es vor allem um den Stil dieser fernöstlichen Spirituose. Oder besser: die vielen Facetten einer kaum eng zu fassenden Kategorie. Den Anfang machte natürlich der Löwenanteil, der aus Süßkartoffeln hergestellt wird. Doch in Japan zählen auch die aus Reis oder Gerste fermentierten und gebrannten Spielarten zum Kanon. Sie bringen überaus interessante Noten mit – auch wenn unsere Gewährsfrau Yuri Iwata noch nicht alle gelistet hat.
Der Reis-Shōchū der Brennerei Rokuchoshi etwa zeigt die Basis, aus der er stammt, deutlich, ist einmal der erste Alkohol-Duft (der für die Kategorie relativ hohen 35% vol.) verfolgen. Gedämpfter Reis und herbe Noten, die an Tee mit Chrysanthemen erinnern, meldet die Nase. Ein milchiger Ton am Gaumen läßt wiederum an Schlagrahm denken, zumal auch cremige Geschmacksnoten den Auftakt machen. Erst allmählich zweig sich weißer Pfeffer, der aber immer mit der leichten Süße im Widerstreit liegt. Das Finish gehört dann dem feinen Milchschoko-Touch.
Ganz anders hingegen zeigte sich der Shōchū aus der uns vertrautesten Rohfrucht, der Gerste. Er stammte aus der Brennerei Watanabe und dieser „Asahi Mannen-Boshi“ bringt Getreide in mehrerlei Erscheinungsformen mit, wenn man dem Duft folgt. Denn anfangs sind es die röstigen Töne von dunklen Frühstücksflocken (früher gab es die Quadrate der Marke „Gitti’s“), mit mehr Luft ist aber auch Mais zu riechen. Dieser getreidigen Melange in der Nase gesellt sich noch eine leichte Vanille bei. Sie wird auch im Mund eine ausdrucksstarke Konstante, denn zusammen mit den – gegenüber dem Geruch sanfteren – Röstnoten entsteht so etwas wie der Geschmack von Eiswaffeln. Auch an Haselnuss kann man denken, während man den Gersten-Shōchū genießt. Er ist mit seinem Nachklang nach gerührtem Wiener Eiskaffee ein besonders eleganter Vertreter. Die Tropenfrucht-Süße des Süßkartoffels (siehe Teil 1) geht ihm ebenso ab wie die leichte Alkohol-Note des Reis-Shōchū.
Wir bleiben bei der Gerste, bekommen aber einen anderen Stil von Shōchū eingeschenkt. Eine neue Spielart stellt nämlich die Reifung im Holz-Fass dar, die früher für Shōchū total ungebräuchlich war. Damals lagerte man den Brand ausschließlich in Tongefäßen. Doch vor allem mit der eigenen japanischen Eiche lässt sich hier auch international reüssieren. Denn „Mizunara“, wie die Quercus mongolica oder Wassereiche heißt, wurde in der Whisky-Branche fast zu einem Garant für höhere Preise. Beides trifft auch auf den Shōchū der Brennerei Yanagita zu: Er ist a) ein teurerer Brand und erinnert b) an Whisky. Da sind zum einen die an pures Popcorn anstreifenden Duftnoten, die mit dem Nuss-Schoko-Duft diese Illusion perfekt machen. Lediglich am Gaumen erkennt man, dass es offenbar doch etwas Anderes im Glas gibt. Weich und mit einer feinen Süße legt der „Mizunara“ von Tadashi Yanagita los. Die feine Klinge und sanfte Gangart haben wieder Popcorn-Mais zu bieten.
Dazu kommt ein Quäntchen Pfeffer und auch im Finish wieder Babymais – wie bei gutem Bourbon, dem aber alles Scharfe fehlt. Dafür schwingen im Hintergrund immer leichte Tropenfrucht-Noten wie getrocknete Mango mit. Einfach fein und auch als Einstieg in die doch noch fremde fernöstliche Shōchū-Kultur ein „Brückenbauer“ zu vertrauter Aromatik!
Bezugsquelle:
Yanagita Brennerei, „Mizunara“ ist um EUR 72 erhältlich und zwar im Webshop von „Sake no Ba“, https://sakenoba.com