Dass Gawein Bruckner ein Wein-Partner mit einem gewissen pädagogischen Impetus ist, haben wir schon in Teil 1 zu seiner Jahres-Präsentation erwähnt. Vielleicht fiel das bei den Rotweinen aber noch mehr ins Gewicht als bei den Weißen. Denn dass die Thermenregion mit ihren Burgundersorten (St. Laurent und Pinot Noir) anteilig stark vertreten war, konnte man nicht übersehen. Christian Fischer aus Sooß stand da neben „Burgundermacher“ Georg Schneider aus Tattendorf. Dass wir uns schon ein paar Monde kennen, machte seine Prognose klar, die wie ein sicherer Lotto-Tipp vorgetragen wurde: „Am Ende landest Du immer bei Pinot Reserve“. Gerne hätte man dem Winzer widersprochen. Doch er hatte recht. Unter allen Weinen, die er mitgebracht hatte, bezauberte der 2021er „Pinot Reserve“ am meisten. Das begann bei der hellfärbigen Kolorierung, die er ins Glas brachte. Ein Duft nach schwarzem Tee (Assam) und roten Früchten, die herb und säurig in der Nase wirkten, zeigte ebenfalls sortentypische Seiten.
Allerdings steigerte sich das mit dem Wiedererkennen des Pinot Noir dann noch am Gaumen. Leicht, ätherisch fast, in jedem Fall tänzelnd und doch viel Geschmack hinterlassend – das kann nur diese Rebsorte. Oder eine rare Handvoll heimischer Blaufränkisch modernen Stils. In diesem Falle aber gehörte die Kirschfrucht, die erneut satten Ausdruck mit sanfter Säure und einem feinen Gerbstoff verband, zum Pinot Noir. Schneiders Reserve klang mit dem lebendigen Tannin-Biss aus, der wieder an Tee erinnerte im Nachklang. Und da wir Schwarztee mindestens so lieben wie Pinot, hatte uns dieser 2021 schnell „gefangen“. Und der prophetische Winzer wieder einmal einen Treffer gelandet.
So berechenbar wir für Georg Schneider waren, so neu waren Hannes Haidens Weine für uns. Gleich zwei rare Sorten in Rot hatte der Oggauer am Stand. Sie zogen die Aufmerksamkeit so auf sich, dass wir am Ende gar vergessen haben, auch die Cuvée „Sir Gawein“ zu kosten. Die machen Haiden und Bruckner zum 13. Mal gemeinsam aus Zweigelt, St. Laurent und Merlot. Doch wenn ein Cabernet Franc auch vor einem steht, weiß man in der Regel, was zu tun ist. Zumal sich dieser 2022er vom Schieferboden der Riede „Oberer Wald“ als die erst dritte Abfüllung dieser Sorte „chez Haiden“ erweist. Es ist ein überaus fleischiger Duft, den der Boden hier eingebracht hat. Dunkel und röstig wie Schwarzbrot-Kruste duftet der „CS“.
Auf der Frucht-Seite notieren wir „Amarena-Kirsche pur“, dazu die Fleischsaft-Qualität, die in ihrer Art ebenfalls zum Schieferboden passt. Bemerkenswert ist auch, dass dieser Rotwein 300 Liter-Fässern aus neuer Eiche gereift wurde. Diesen doch nicht gerade leichten Holz-Eintrag hat der Cabernet Franc förmlich weggeschluckt. Im Mund zeigt sich das an einer gut austarierten Struktur, in der Säure und nicht Tannin vorherrschen. Das typische Cassis der Rebsorte strömt daher umso satter, was für eine feine Spannung zwischen all den Geschmackskomponenten sorgt. Und explizit hingewiesen sei auf den Preis dieser Sortenrarität – da wird man zum Ausprobieren richtig animiert!
Vom Schiefer stammt auch der zweite Rotwein-Renegat Haidens, nämlich der 2021er Jahrgang vom Shiraz. Rauch, Wildthymian und ein ausgeprägter Mix aus Beeren des Waldes – von Preiselbeere bis Brombeere – treffen hier auf die Nase. Die dunkle Würze flankiert somit einen frischen, rotfruchtigen Zug ebenso wie satte Dunkelfrucht. Am Gaumen überwiegt das saftige Element, nach langem schmecken wir wieder Maulbeere in einem fruchtsüßen Rotwein. Das mag „old school“ geworden sein, doch diese samtig-schmeichelnde Art ergibt eben auch einen richtig sinnlichen Wein. Der jugendliche Gerbstoff hat sich wunderbarer Weise nicht im Abgang konzentriert, sondern sammelt sich zu Beginn des Trinkverlaufs. Worauf dann wie bei einem Dammbruch die Beerenfrucht ungehindert strömen kann. Sehr hedonistischer Shiraz – und in dieser Preisklasse allenfalls viel besser als der x-te Zweigelt.
Bezugsquellen:
Bio Weingut Schneider, Pinot Noir Reserve 2021 kostet EUR 22,10;
Weinhaus Haiden, Cabernet Franc vom Schiefer 2022 ist um EUR 9,40 zu haben, der Shiraz vom Schiefer wird um EUR 7,70 angeboten – alle Weine bei Gawein Bruckner, www.gawein.at