Der eine klingt wie Bettwäsche („Satin Noir“), der andere wie Haarwuchsmittel („Pinotin“) – und doch sind beides Rebsorten. In diesem Fall ist es aber nicht die heimische Hochburg der sogenannten pilz-widerstandsfähigen Reben oder PIWI-Sorten, das Vulkanland, sondern die Pfalz. Katja und Ansgar Galler haben dort ein Weingut mit einem markanten Logo – dem Hahn – und einer noch mutigeren Idee etabliert: Seit acht Jahren pflanzen sie in Kirchheim an der Weinstraße ausschließlich PIWI-Sorten. Als sie begannen, hatte der „VB Cal 604“ noch nicht einmal einen Sortennamen. Mittlerweile nennt man ihn „Sauvignac“. Es ist genau die Sorte, der wir kürzlich ein Porträt widmeten (hier nachzulesen).
Doch nicht nur in der Steiermark, auch im Burgenland stehen Versuchspflanzungen, die möglicher Weise einmal der Versektung dienen. Das macht Sinn, denn die Eltern-Reben sind Riesling und Sauvignon Blanc, geben also ordentlich Säure UND Aroma im Schaumwein. Die Gallers aber reüssierten nicht mit prickelnden, sondern stillen Sauvignac (machen aber auch einen Brut-Sekt mit ordentlichen drei Jahren Hefelager!). Und zwar beim deutschen Biowein-Preis. 99 Punkte und „Großes Gold“ klingt nach einem Wein, den man einmal probieren will. Zumal in dieser Züchtung „Papa“ Sauvignon Blanc, der manchmal ganz schön laut werden kann, eine zurückhaltende Sprache führt. Wie aber wird das bei „Feodora“ sein, die als Hommage an den genius loci der Pfalz einen Namen aus der Ahnen-Reihe der Leininger Grafen führt?
Zudem ging der Probe des Weins eine technische Info voraus: Er wurde im Holzfass gelagert, was ihn noch spannender macht. Eine experimentelle Sorte und dann noch Eiche?! Doch der erste Duft in der Blindprobe macht klar, wie außergewöhnlich hier in kurzer Zeit der Charakter der Rebsorte „formerly known as „Cal 604““ erfasst wurde. „Rotgipfler“ meinen die Kollegen, sie hätten aber auch „Kompliment“ sagen können. Die Nase nimmt minütlich andere, vor allem tropische Früchte war: Kaki, Nektarine, Mango, Banane, Lychee sogar – alles da. Vor allem aber sind es kühle Noten, wie man es eben vom Papaya-Duft der Thermenregionssorte Rotgipfler kennt. Bisweilen schleicht sich auch ein Strohstern-Duft dazwischen, wie um zu zeigen, dass man sich eh nicht irrt: Dieser Pfälzer des Jahrgangs 2017 ist extrem fruchtig, aber auch knochentrocken. Es dauert lange, bis man auch die würzige Seite an ihm wahrnimmt. Ein Anflug von Zwiebel-Confit zeigt, dass auch Säure und ein vorerst mehr erahnbares Erbteil des Rieslings da ist.
Das nächste Organ, die Zunge, stellt eine ähnliche Überraschung fest: „Feodora“ hat mit ihren schlanken 12,5% Alkohol eine beachtliche Fülle am Gaumen zu bieten. Druckvoll bringt sie fruchtige, erneut aber trockene und zart säurige Fruchtkaskaden mit. Hier ist es vor allem Gelbe Kiwi und Kaktusfeige, die diesem Bild von Saftigkeit und leichtem Gerbstoff entspricht. Letzterer schleicht sich ganz im Finish erst an. Davor merkt man das feine Händchen für den Holzeinsatz bei Ansgar Galler: Lediglich ein Touch Toastbrot, weit entfernt vom gern von internationalen Verkostern angeführten „burnt toast“, verrät den Eichenkontakt. Man merkt förmlich, wie diese zarte Behandlung dem ungebärdig saftigen Wein Struktur und Fülle – zusammen mit einem langen Hefekontakt, wie zu vermuten steht.
Wie beim Maß-Schneider wurden hier Rundungen kaschiert und Vorzüge akzentuiert. Mehr und mehr verfestigt sich dank der Bekanntschaft mit „Feodora“ eine Prognose: Unter den weißen PIWI-Sorten könnte á la longue der Sauvignac dem aktuell favorisierten Muscaris den Rang ablaufen. Er gibt Pionier-Winzern wie den Gallers eindeutig die größere Spielwiese. Und er ergibt dann im besten Fall höchst ernst zu nehmende Weine. Wenn auch nach wie vor mit lustigem Namen…
Bezugsquelle:
Weingut Galler, Sauvignac „Feodora“ 2017 kostet EUR 13,90 ab Hof bzw. über den Webshop „Wir Winzer“, https://wirwinzer.de