Zum draußen sitzen ist es jetzt zu kalt beim Frühwirth-Heurigen. Die gechillte Atmosphäre in der Teesdorfer Wr. Neustädter-Straße verbinden wir aber bis heute mit dem Namen des Weinguts Frühwirth. Ein moderner Betrieb, der aber leise auf sein Können vertraut und sich nicht den SUV-Fahrern des daran nicht armen Raums südlich von Wien angebiedert hat. Insofern freute die Nachricht, dass Johann Frühwirth sich die erstmals verliehene Auszeichnung „Thermenregion DAC Weingut des Jahres“ holte. Wessen Weine die meisten Topbewertungen bei der regionalen Kost holen, wird so geehrt.
Weshalb es auch an der Zeit war, zwei der Weine des Teesdorfers zu trinkprotokollieren. Es waren Reserven, was nicht zuletzt wichtig ist, da viele die Heurigengegend ausschließlich als Heimat von Spaßwein und Spritzer-Material konnotiert haben. Doch selbst dem alten Langeweile Zweigelt vermag man eine seriöse Form zu verleihen. Das zeigte der 2022 von Hans Frühwirth, der zum Fondue ins Glas kam.
Der typische Granat-Ton und die Amethyst-violetten Aufhellungen erfreut Mineralien-Sammler und Zweigelt-Kenner gleichermaßen. So will man die Sorte im Glas sehen! Die typische Zwetschkenfrucht der heimischen Rotwein-Traube Nr. 1 fällt bei Frühwirth hingegen dunkler aus. Man denkt an Powidl, denn der Schokolade-Ton der Fass-Reifung ist noch stark. Sie trägt zum intensiven Eindruck von diesem 2022er ihr Scherflein bei. Im Mund kann die Säure dann ungestüm unterstreichen, dass wir es mit einer jungen Reserve zu tun haben.
Vor dieser Folie wirkt auch die Bitterschokolade-Tönung mächtiger, als sie es ist. Der Kontrast verstärkt diesen Zug, geschmacklich darf nun die reife Weichselfrucht glänzen. Aber die säurige Frucht und der Gerbstoff müssen noch zusammenwachsen. Das sollte in acht Monaten erledigt sein. Womit dieser Zweigelt im November ein perfekter Begleiter zum Gansl oder dem Wildbraten sein wird.
Während die Wartezeit dem Zweigelt aus Teesdorf noch gut tut, hat Johann Frühwirth mit einer Sortenrarität ein anderes Kunststück geschaffen. Der vom Holz schön geschliffene Weißwein wirkt nämlich so frisch, als wäre er kein Jahrgang 2021, sondern deutlich jünger. Zudem findet sich Grauburgunder selten in der Thermenregion, schon gar als Reserve ausgebaut. Die Wienerwald-Eiche, die sich einige Winzer der Region als Reifebehältnis aus der unmittelbaren Nachbarschaft ausgeguckt haben, kam auch da zum Zug. Doch wie gesagt, merkt man das im Duft kaum. Stattdessen ist der würzig-säurige Senfgurken-Duft da, der mitunter auch maische-vergorene Weiße begleitet.
Hier aber kommen noch Kaktusfeige und andere herbe Gelbfrucht-Töne dazu. Mit Luft blinkt das sortentypische „Nusserl“ auch auf, aber es geht unter gegenüber den Duftnoten von brauner Butter, Senfkörnern und dezentem Tropenfrucht-Wabern vor der Nase. Richtig schmelzig darf die Nussbutter dann am Gaumen werden. Wie ein feucht gewordener Butterkeks verteilt sich die wohltuende „Fettn“ dieses dennoch von Frucht und Frische getragenen Weins. Ein feiner Zucker-Rest (4,5 Gramm) hält die überraschend jugendliche Säure in Schach und so können sich die Nuancen diesen Weins noch besser entfalten. Er ist am Punkt. Er hat den Landessieg in NÖ geholt. Und damit auch die Burgunder-Kompetenz unterstrichen, um die sich Teesdorf und Tattendorf seit langem „matchen“.
Fazit: Ein überraschender Wein Frühwirths, der auch in der Blindprobe durchaus fordert. Dort nämlich biss man sich bei Alter und Sorte die Zähne aus. Eines aber war den Mit-Rätslern schnell klar: „Vorsicht, guter Wein“!
Bezugsquelle:
Weingut Frühwirth, Zweigelt Reserve 2022 kostet EUR 16,80, der Grauburgunder Reserve 2021 ist um EUR 18,- zu haben – beide Weine ab Hof bzw. im Webshop der Frühwirths, https://fruehwirth.bio