Der Rundgang durch das Rotweinfestival Mittelburgenland hat schon etwas Rituelles – die heuer 25 Winzer-Stände soll man schließlich in ihrer Gesamtheit würdigen. Man will keinen Wein übersehen, jeder Winzer soll die gleiche Aufmerksamkeit bekommen. Das geht sich natürlich nie ganz so aus, doch man kehrt immer ein wenig Wein-schlauer aus „Creitz“ heim. Diesmal machte Winzer-Obmann Christian Kirnbauer den Scout und sorgte dafür, dass es nicht zu spät wurde im sommerlichen Rotwein-Ort. So konnten wir die Trinkprotokolle über die Weine aus Raiding, Lutzmannsburg, Horitschon, Drassmarkt und Deutschkreutz bis zum Schluss führen. Die Empfehlungen, die man als Nachgang zum heurigen Rotweinfestival lesen kann (oder als Einkaufsliste nützt) beginnen mit der Hauptsorte im Blaufränkischland.
Unsere Runde begann gleich mit einer in Topform präsentierten „Blaufränkisch Reserve“ aus dem Jahrgang 2020. Franz Straß‘ Rotwein wurde nämlich gut gekühlt serviert – und hatte so Zeit sich in allen Finessen zu zeigen. Pfeffer-Kirschen-Duft notierten wir, denn dieser Wein hatte von beidem – Frucht und Würze – einiges zu bieten. Mit mehr Wärme strahlten dann auch reife Waldbeeren im Duftbild. Sie prägen auch den Geschmack, bei dem sich rote und schwarze Beeren kaum trennen lassen; dicht wie ein Mischfruchtsaft kommen sie auf die Zunge. Allerdings sind der Säure-Rest des 2020ers und der stützende Gerbstoff auch noch da. Sie bilden das Gerüst eines momentan sehr zugänglichen Blaufränkisch. Diese Strass-Reserve müsste eigentlich allen Rotweinfreunden schmecken.
Wenn wir bei den Reserven sind, dann sollte man gleich einen ewigen Favoriten am Rotweinfestival erwähnen. Wie in den Vorjahren auch, punktete der „Ried Mitterberg“ des Weinguts Gager schon optisch. Doch die kraftvoll rubinrote Farbe im Glas bleibt nicht der einzige Trumpf des 2021ers. Roter Fruchtmix und nicht nur die sortentypische Sauerkirsche des Blaufränkisch erschnuppert man hier. Etwas Moos und Waldboden wird noch von einem Pfeffer-Touch (Malabar wäre die Sorte) ergänzt. Fast ätherisch wirkt dieser Wein in seinem ersten Schluck, der weich die Zunge bedeckt. Man denkt an Preiselbeere und Schwarzkirschen. Der feine Gerbstoff lässt hier an einen guten (!) Espresso denken. Und das täuscht bei Horst Gagers Meisterstück auch nicht: Der Nachklang des „Ried Mitterberg“ bringt dann Nougat-Schokolade mit. Hier darf man gerne noch ein wenig warten. Muss es aber nicht!
Und da aller guten Dinge drei sind, sei eine weitere Blaufränkisch-Reserve ausgelobt. Das „Alte Weingebirge“ stellt ohnehin die älteste Deutschkreutzer Lage dar; bereits in römischer Zeit soll hier Wein geerntet worden sein. Lisa Pfneisl (im kleinen Bild links „at work“) kann auf teilweise sehr alte Reben – bis zurück ins Jahr 1959 – zurückgreifen. Wobei es erst der zweite Jahrgang dieser Abfüllung ist. Der neue Wein der Pfneisls duftet nach Schwarzbrot und sortentypischer Sauerkirsche. Wobei diese von Tabak und weiteren würzigen Elementen garniert wird. Dem kühlen Antritt des Blaufränkisch am Gaumen folgt ein Geschmackseindruck, den wir als „Kraft mit Verstand“ notierten. Denn 36 Monate in neuen 500 Liter-Fässern hinterlassen Spuren.
Die fast schwarzen Schlehen, die man neben Bitterschokolade schmeckt, gehören dazu. Doch die Säure hält gut gegen; jugendlich und zupackend fällt die so aus, wie man das von der Rebsorte erwartet. Attraktiv und zur dosierten Power des „Alten Weingebirges“ passend, fällt das Finish aus. Der Nachklang von frisch geschrotetem Pfeffer animiert nämlich mit seiner Würze zum Weitertrinken. Zu Hause sollte man das vielleicht noch nicht nachmachen. Flaschenreife wird diesen außergewöhnlichen Wein nämlich noch kompakter und komplexer machen.
Bezugsquellen:
Weingut Strass, Blaufränkisch Reserve 2020 kostet EUR 13 ab Hof bzw. im Webshop der Drassmarkter Winzer, www.weingut-strass.at
Weingut Gager, Blaufränkisch Reserve „Ried Mitterberg“ 2021 ist um EUR 27,- ab Hofe bzw. im Onlineshop der Gagers zu haben, www.weingut-gager.at
Weingut Pfneisl, Blaufränkisch Reserve „Altes Weingebirge“ 2020 wird um EUR 35,- ab Hof sowie online angeboten, www.weingutpfneisl.at