Der Spirituosenmarkt wird von wenigen, weltweit agierenden Großkonzernen beherrscht. Kleine, handwerklich arbeitende Brenner sind vom Verschwinden bedroht, weil ihnen Vermarktungsmöglichkeiten fehlen. So weit, so schlecht für die Vielfalt im Bar-Regal. Doch Theo Ligthart wollte nicht nur raunzen (er ist ja kein Österreicher, sondern Deutscher), sondern wurde aktiv. Mit seinen Mitstreitern gründete er das Freimeister-Kollektiv – und dem gehören sieben Brenner an, aber auch Berliner Barchefs der ersten Liga wie Oliver Ebert am Prenzlauer Berg (Beckett’s Kopf) und Gonçalo de Sousa Monteiro (Buck and Breck).
Aus heimischen Landen verstärken Josef Farthofer und Georg Hiebl das Notwehr-Kollektiv der Destillateure. Letzterer widmet sich Wodka aus raren Getreidesorten wie Amaranth oder Emmer. Ralf Rüller wiederum ist der Barista in der Runde und er brachte den Rohstoff für jene Produkte mit, die Farthofer beim Erst-Event der Freimeister am Bar Convent Berlin vorstellte.
Es sind zwei sanfte Single Origin-Kaffees, die typisch für die so genannte „third wave“ der weltweiten Barista-Kultur sind. Fruchtige Noten bringt der Kochere (Äthopien) mit, speziell als kalt gebrühtes Perkolat – Espresso sollte man keinen damit zubereiten. Rüller brachte Farthofer, der in Öhling schon länger an einem Kaffee-Geist experimentierte, diesen Herkunftskaffee mit, aber auch eine Röstung aus dem in Kenia gelegenen Anbau-Gebiet Kangunu. So haben die Freimeister gleich zwei Abfüllungen zum Testen mit. Denn am Messe-Stand wird teilweise auch noch die Publikumsreaktion auf die mit Chargen-Nummern versehenen Spirituosen erhoben.
Im Falle des Mostviertler Kaffee-Geists neigen wir sehr dem Kenianer zu. Der Kanunu riecht nach Kakao und ist bei gleichem Alkohol (40%) kräftiger im Duft als der äthiopische Kaffee; ihn begleiten auch Noten von Süßholz und dunklen Beeren. Der Kostschluck erinnert mit seiner cremig-milden Art an einen Café au lait, erst gegen Ende meldet sich eine fast zitrusfruchtige Note. Sie trägt den Kangunu-Geist als Art Pink Grapefruit-Geschmack ins Finish.
Für den äthiopischen Kollegen schadet es nicht, den Kaffeekirschen-Geschmack zu kennen (hier unser Eindruck davon). Denn dieser Duft, getreidig und erdig, mit einem Anklang an Roggen-Wodka, kommt neben einer kühlen Orange-Note durch. Die unter Baristas geschätzte Fruchtigkeit des äthiopischen Anbaugebiets findet sich dann auch am Gaumen; sanft und mit leichter Würze werden hier Töne von Kakao und Bitterorange umspielt, die immer markanter bis hin zu einem fast Cassis-artigen Finale werden. Kaffee-Geschmack im klassischen Sinne merkt man im Abgang, dann schlägt er eine zarte Milchkaffee-Note an.
Der spannende Tipp für Cocktail-Fans im Freimeister-Portfolio sei aber auch erwähnt: Es ist ein Orange Curaçao, den Florian Faude, deutscher Spitzen-Brenner vom Kaiserstuhl, erzeugt hat. Neben den Bitterorangen nimmt er noch Grapefruit dazu – frischer Geruch und eine fruchtige Süße bringen ihn nicht nur im Cocktail zum Glänzen. Aus den drei verkosteten Chargen der 40%-igen Zitrusbombe – trocken, 5 und 10 Gramm Zucker – würden wir eindeutig die mittlere wählen. Der (für Liköre ohnehin niedrige) Zucker läßt die Säure nämlich aromatisch noch mehr glänzen.
Freimeister, bitte seid weiter so frei!
Bezugsquelle:
Freimeister, Kaffee-Geist „Kochere“ bzw. „Kangunu“ sind um je EUR 24 (0,5 Liter-Flasche) erhältlich, der Curaçao kostet ebenfalls EUR 24 (0,5 Liter), alle bei www.freimeisterkollektiv.de