Das Näschen für Wein hat Gerhard „Harti“ Hartmann zweifellos. Auch wenn er es meist in den italienischen Wind (oder Fassmuster) hängt. Als Patron des Wein&Brot im niederösterreichischen Bad Fischau-Brunn hat er aber auch ein Herz für den Winzer-Nachwuchs des Ortes. Und so lud er just vor Weihnachten zum „Stammtisch“, bei dem die gerade 20-jährigen Talente Theresa Flechl und Lukas Tomsits ihre Kreationen vorstellen konnte. Den Holz-Rahmen seiner schmucken Fachwerkhaus-Vinothek und die berühmten „Hartipasti“ checkte der Patron, die Weine schenkten die Youngsters ein.
Erfreulich daran war zu sehen, wie selbstverständlich heute Praktika zur Ausbildung gehören. Neben der Zeit bei den Demeter-zertifizierten Südsteirern Varga-Hack gehört für die Winzerin vom Fischauer Berghof auch eine „stage“ in Montalcino dazu. Weshalb es neben dem klassischen Neuburger Theresa Flechls mit seiner fast tropischen Fülle am Gaumen und dem markanten Senffrüchte- und Pfirsich-Duft eine Spezialabfüllung gibt. Das Etikett erstrahlt in Gold, während der Wein eine Hommage an die Zeit in Italien darstellt: der „Trecento“ trägt seinen Namen nach dem 300 Liter-Fass aus neuem Eichenholz, in dem der Neuburger reifen durfte. Zuvor wurde er auf der Maise vergoren – ein Novum im Biobetrieb, der Flechl auch von „meinem Baby“ sprechen lässt.
Intensiv in jedem Detail, lässt der Duft dieses Weines Pomelo und Birne auf der Fruchtseite erkennen. Je länger der Wein offen ist, desto klarer tritt auch ein Honig-Ton zu Tage. Die salzig-pikanteren Akzente hingegen erinnern manchmal schon an Weißwurst-Senf, aber auch Sojasauce mag man herausriechen. So oder so wird klar, das ist kein langweiliger Weißwein!
Im Mund beginnt der „Trecento“ rund wie ein Bachkiesel, die gelbfruchtige Art wird erneut von einem schönen Honig-Akkord begleitet. Auch die würzige Seite des Fischauer Neuburgers findet sich wieder – diesmal schmeckt man Safran. Doch man will niemand mit einer zu intensiven Maische-Tönung verschrecken. Dazu trägt auch die Zeit im Holz bei. Sie prägt den Abgang des 2021ers; wie ein Karamell-Bonbon schließt sich hier weich und buttrig der Kreis. Ältere Semester werden diesen Geschmack, der am Ende verbleibt, wohl mit „Stollwerck“ beschreiben. Stoffig und wertig überzeugt diese Talentprobe der Winzerin.
Lukas Tomsits wiederum war schon in der Schulzeit mit der Rettung alter Rebsorten beschäftigt. Den Muscat noir d`Eisenstadt wieder auszupflanzen, war Teil seiner Zeit in der Weinbauschule. Insofern ist nicht nur der Mini-Weingarten des aus einer Gemüsebauern-Familie stammenden Neowinzers Raritäten wie Neuburger verpflichtet. Auch Zukauf von für ihn spannenden Rebsorten wie dem Blauburger (aus St. Veit bei Berndorf) erfolgt nach den finanziellen Möglichkeiten des 20-Jährigen. Vor allem der Blaue Portugieser, eine weitere Thermenregion-Spezialität, ist aber sein bester Wein in der Verkostung. Die tiefe und würzige Art des 2021ers schlägt den Bogen von Brombeeren zu Tomatencremesuppe – Grüner Kardamom und Schwarzer Pfeffer verhindern die oft üppige Fruchtigkeit der Sorte. Hier ist alles kühler, auch der moderate Alkohol (12% vol.) steht auf der Haben-Seite. Spätestens aber beim Kostschluck, der wir bei einem Pinot Noir ausfällt, mag man Tomsits‘ Interpretation. Sanft am Gaumen und mit einem intensiven Mix roter Früchte, garniert mit Hibiskus, zeigt sich der Blaue Portugieser. Die technische Information, dass hier mit Eichenchips im Tank gearbeitet wurde, mag man kaum glauben. Doch scheint selbst diese Entwicklung bei der neuen Winzergeneration in guten Händen zu liegen. Mehr als ein leichtes „Gewürz“ von Eichenholz ist diesem 2021er nicht anzuschmecken. Und selbst das dient rein der Unterstützung der geschmeidigen Fruchtigkeit. Ein feiner Roter, der gern auch kühler serviert werden darf!
Bezugsquellen:
Biohof Flechl, Neuburger „Trecento“ 2021 ist um EUR 15 ab Hof bzw. über Mail-Order erhältlich, www.biohof-flechl.at
Lukas Tomsits Weine, Blauer Portugieser kostet EUR 10,20 – der Mini-Betrieb vertreibt ihn (noch) via Nachricht auf Instagram: #weinbau_tomsits