Selten hat sich in einem Jahr so viel Neues getan in Sachen Wein(gebiets)bezeichnungen wie 2018. Die fast lückenlose DAC-isierung wird auch begleitet von einer Aufwertung der Lagen. Mit dem einheitlichen Reglement der Österreichischen Traditionsweingüter (ÖTW), dem sich die WienWein-Gruppe und Carnuntums Winzer anschlossen, geht auch eine gemeinsame Präsentation der Weine einher. Carnuntums „Ersten Lagen“ werden erst noch endgültig definiert, die Wunsch-Kandidaten wurden beim gemeinsame Auftritt mit den Wienern im Schloß Petronell aber bereits verkostet.
Nach der ersten Folge, die unsere Wiener Weißwein-Lieblinge vorstellte, erfolgt nun also ein Farb-Umschlag im Trinkprotokoll.at. Denn der Rotwein, vor allem Zweigelt, hat Carnuntum als Region bekannt gemacht. Allerdings stehen auch noch weiße Spitzenlagen – vor allem für die Burgunder-Sorten – zur Diskussion. Ihnen widmen wir den Abschluß der Reihe „Erste Lagen (oder fast schon)“. Diesmal geht es um die Roten, beginnend beim „Chef“, der die Gäste auch im alten Römer-Land Carnuntum begrüßte: Gerhard Markowitsch hat die ÖTW-Obmannschaft des neuen „Erste Lagen“-Gebiets übernommen. Von seinen Weinen war es diesmal der „Rosenberg“, der uns am besten gefiel.
Die 2016 gefüllte Cuvée (Zweigelt, Merlot und Blaufränkisch) animiert mit einem Duft nach Heckenrosen, roter Apfelschale und einem Schwung Pfefferkörnern. Die Meisterschaft Markowitschs zeigt sich hier, wie man förmlich zwei verwobene Schichten – die saftige Frucht, vor allem Sauerkirschen – und die Würze (in diesem Fall neben Grünem Pfeffer auch Wacholder und Lorbeerblatt) gerade noch unterscheidbar sind. Denn im Grunde ist trotz der Jugend die Frucht mit der Würze schon verwoben. Die leichten Gerbstoff-Töne müssen nur noch verfliegen und dann ist der „Rosenberg“ wieder eine der roten Top 3-Cuvées aus Carnuntum!
Blaufränkisch-Butzerl mit Amaretto-Windel: Spitzerberg 2015
Und wo wir gerade beim Obmann sind. Carnuntums Winzer-Obmann Robert Payr brach einmal mehr eine Lanze für die Weine von den Kalklagen des Spitzerbergs. Dass dieses Terroir „erstlagig“ sein wird, steht ziemlich außer Frage, doch einmal mehr fiel in der großen Probe der eigenständige Charakter der Blaufränkischen, die hier mehrheitlich stehen, auf. In Payrs (kl. Bild rechts) Fall kam mit einem 2015er ein gerade einmal als Baby zu bezeichnender „BF“ vom Spitzerberg, doch die Anlagen des „Butzerls“ waren klar erkennbar – und sind top: Der Steinton der Kirschfrucht, die die Nase dominiert, streift an Amaretto an. Satte Vanille-Aromatik unterstreicht diesen einladenden Geruch noch. Diesen „Spitzerberg“ will man einfach kosten!
Frisch am Gaumen und mit einer Herzkirschen-Note, die von der Säure zu einem beachtlichen Zug transformiert wird – wir sprechen aber schon von 14% Alkohol – beginnt dieser Rotwein. Die Würze des Kampot-Pfeffers setzt dann ab dem mittleren Gaumen ein, nach hinten sind die Räume quasi offen. Denn da verhaucht der anfangs so präsente 2015er Payrs fast. Saftig, trinkanimierend und ätherisch zugleich, so ließe sich der „Spitzerberg“ in Adjektiven fassen.
Ebenfalls einen „Spitzerberg“ aus dem gleichen Jahr hatte auch Martin Netzl mit. Fleischsaft, Blut und Eisen umkreisen als Tasting Notes im Grunde alle die gleiche Eigenschaft: Einen von Animalik geprägten Duft. Dass hier auch noch eine rauchige Note und deutlicher auch Wacholder dazukommen, macht wahrlich neugierig auf den 2015er Blaufränkisch. Wieder finden sich Pfeffer und Wacholder am Gaumen, interessant dabei ist nur, wo sie das tun. Denn dieser „Spitzerberg“ setzt würzig ein und lässt der Frucht kaum Platz. Erst nach dem Verklingen der würzigen Auftakt-Noten – von der Fasslagerung in Espresso-Nähe gerückt – traut sich quasi die Weichsel, ihre Saftigkeit zu zeigen. Kurzum hatten wir es bei Netzls Blaufränker mit einer Umkehr der Trink-Erwartungen zu tun, die diesen Wein zu einem der spannendsten der gesamten Probe in Petronell machte.
Zwei Zweigelt-Gesichter: Bühl oder doch Aubühl?
Wie immer wird es spannend, wenn Michael Auers Weine dabei sind, er hat vor allem ein Händchen für Zweigelt. Bereits in der Jugend zieht er ihm alle Kitsch-Zähne, die vielen nach wie vor die Rebsorte vergällen. In diesem Fall war aber sein „Bühl“ als Lagenwein des Jahrgangs 2016 am Start. Der Wein bringt deftig-wilde Gerüche mit; Sandelholz, aber auch Schlehe steigen in die Nase, dazu kommt eine an Roggenbrot erinnernde Würze. Diese Schwarzbrot-Note finden wir auch am Gaumen wieder. Da mengt sich in die Anissamen-Würze auch eine klare Pfeffernote, die Frucht ist im Hintergrund, hier wird die Struktur-Karte ausgespielt – und zwar als Trumpf! Denn auch wenn die Säure noch merklich jugendlich sein mag, der eher an Waldbeeren denn an Zwetschken erinnernde Zweigelt zeigt einmal mehr, wie gut er aus alten Rebanlagen (30 Jahre im konkreten Fall) – mit junger Winzer-Begleitung – werden kann. Wegleg-Empfehlung!
Und auch wenn der Name – „Aubühl“ heißt dieser Anwärter auf das Prädikat „Erste Lage“ – ähnlich ist, die zweite Probe des jungen Höfleiners war gänzlich anders. Hier spielt der Blaufränkisch mit 80% die Hauptrolle, der Zweigelt würzt den ebenfalls auf sandigem Löß wie der „Bühl“ gewachsenen 2016er. Auch hier sind die Duftnoten ungewöhnlich und bringen mit Röst-Kastanien, Schuhwichse und Kakaopulver vor allem die Würze des Rotweins zum Klingen. Der Kostschluck fällt zugänglicher aus; wie mit Samt kleidet hier der Zwetschkenröster den Mund aus. Der Gerbstoffe unterstützt die dunkle Fruchtaromatik. Kein Leisetreter ist diese 14% starke, an Schokolade und getrocknete Heidelbeeren anstreifende Cuvée Michael Auers . Auch hier empfiehlt sich Wartezeit, selbst wenn er bereits „antrinkbarer“ ist als der „Bühl“ des gleichen Jahres! „Erstlagig“ sind für uns aber beide.
Bezugsquellen:
Gerhard Markowitsch, Cuvée Rosenberg 2016 kostet EUR 31,40 im Webshop des Weinguts, www.markowitsch.at
Robert Payr, Blaufränkisch „Spitzerberg“ 2015 ist um EUR 39,80 ab Hof bzw. im Payr-Webshop zu haben, www.weingut-payr.at
Martin Netzl Blaufränkisch „Spitzerberg“ 2015 kostet EUR 25 ab Hof bzw. im Webshop des Winzers, www.netzl.net
Michael Auer, Cuvée „Aubühl“ 2016 kostet EUR 26,30, der „Bühl“ 2016 EUR 17,30, beide ab Hof bzw. im Webshop des Winzers, http://weingut-auer.com