Mit den Leithaberg-Winzern teilten sich die Rotwein-Cracks des Südburgenlandes erstmalig einen Verkost-Tag in Schloss Grafenegg. Doch anders als diese hatte man sich für eine Verkostung der 2018er entschieden. Das setzte eine gewissen Projektionsleistung – wie wird der Wein in einem Jahr sein? – voraus. Als Profi kann man einiges abstrahieren, aber lediglich fünf der 24 gezeigten Rotweine waren auch bereits auf die Flasche gefüllt. Den Rest stellten Fassmuster dar. Das machte es nicht immer leicht, die aktuelle Form geistig vom Babyspeck und Ungestüm zu befreien.
Bei jedem einzelnen Schluck also galt es neben dem aktuellen Zustand die Form nach der Füllung, aber auch bei der Genussreife mitzudenken. Denn gerade die bekannten Spätzünder des Eisenbergs brauchen generell schon etwas länger als z. B. der Blaufränkisch vom Leithaberg.
Doch wir wären nicht das Trinkprotokoll Ihrer Wahl, wenn wir nicht auch hier die vier herausragenden Weine gefunden hätten. Sie überraschten mitunter mit echter Frühform, auch wenn sich noch ein paar Wochen im Fass vor sich hatten. Mitunter war aber auch nur der Weg zur Größe bereits jetzt erkennbar. „Muss sich noch sortieren“, schreiben wir dann gerne als Endbemerkung hin (als wär’s eine Eltern-Sprechtag-Notiz über einen begriffsstutzigen Erstklässler). Und dennoch: Zeit hat einem Südburgenländer Roten noch nie geschadet. Au contraire!
So brachte Christoph Wachters „Weinberg“ eine intensive Würze wie ein frischer Lebkuchen mit. Muskat-Abrieb, Hirschhorn-Salz und Piment gaben dem 2018er Blaufränkisch von Wachter-Wiesler eine intensive Nase. Erst allmählich kamen dagegen die ebenfalls nicht zimperlichen Brombeer- und Holler-Töne an. Diese Reserve muss sich erst finden und da ist noch die Flaschenreife vor. Aktuell trägt die Würze auch am Gaumen noch dick auf; die Zwetschken-Fruchtigkeit ist dicht und „zum Beißen“ wie eine Speise. Aber auch die Gewürznelken können es ordentlich in diesem Wein. In fünf Jahren freuen wir uns darauf.
„Szaparys“ Sonderweg & „Faschings“ frühe Form
Dass die Weine auch bei gleichem Jahrgang unterschiedlich „weit“ sind, macht den Vergleich nicht leichter. Ein perfektes Beispiel eines schon füllreifen Fassmusters etwa lieferte Thomas Kopfensteiner. Der „Szapary“ 2018 ist ein Blaufränkisch, der den Schieferboden in seiner pikanten Nase ebenso zeigt wie das Holz. Zigarren-Box und Rauhleder treffen im Geruch auf Schwarze Oliven und auch etwas Rosmarin, dazu kommt ein schöner, aber dezenter Rauch-Ton. Säure und Kraft spannen hier gleichermaßen ihre Muskeln an – im Mund geht die Struktur klar über die Frucht. Mokka ist zu schmecken, erneut Oliven, aber auch Schoko-Dragées, die vor allem im Finish zeigen, wie fein hier der Gerbstoff bereits ist. „Hochelegantes Tannin“, notierten wir bei diesem Spitzenvertreter in der Grafenegger Kost. Bravo, Kopfensteiner!
Einer der typischsten Eisenberger Blaufränkischen stammt von Walter Stubits. Die Riede mit dem lustigen Namen Fasching gab seiner Reserve aus dem Jahrgang 2018 genau jene dunkle Würze mit, die wir mit dem Gebiet assoziieren. Schwarze Olive wie aus einer Tapenade, dazu getrocknete Tomaten, stellen den Erstkontakt her. Erst hinterher zeigt die Sorte ihren Weichselduft, etwas Fruchtjoghurt verrät noch die Jugendlichkeit. Der Wein arbeitet schließlich noch im Fass, wenn er nicht gerade auf der Grafenegger Bühne seinen Auftritt hat.
Den allerdings absolviert der „Fasching“ durchaus ernsthaft und gut. Dunkle Würze und viel Druck bringt er im Mund mit; Hollerbeeren und saftige Kirsche bringen den Ausdruck der Sorte wieder schön zum Klingen. Säurige Weichsel und viel Gerbstoff, der erneut signalisiert, dass man ein „Weinbaby“ im Glas wiegt, bringen noch ein wenig Ruppigkeit ein. Doch hier braucht es gar nicht viel Vorstellungskraft, um zu sehen, wo wir in zwei Jahren mit diesem Blaufränkischen von Stubits sind.
„Csaster-Flug“ in die Zukunft mit Stubits-Air
Nicht zwei, sonderndrei Jahre muss man sich beim „anderen Stubits“ gedulden. Denn der Blaufränkisch „Opal Ried Hochcsater“ 2018 ist erst ab 2023 erhältlich, heißt es vom Weingut aus Harmisch. Was insofern erstaunlich ist, weil er jetzt schon in außergewöhnlicher Form ist. Doch beginnen wir mit einem weiteren Csaterberger Highlight von Rainer Stubits, dem bereits abgefüllten und erhältlichen „Ried Kleincsater“. Er riecht nach einem ausgedehnten Waldspaziergang. Wiesenchampignons, Steinpilze, etwas Borke und Fichtennadeln leiten ein, die Frucht-Seite deckt mit der Heidelbeere ebenfalls eine dunkle Duftnote ab. Der Kostschluck des 2018er Blaufränkisch ist ein geradezu süffiges Exemplar, was am Ende der fordernden Probe besonders positiv auffiel. Fast ätherisch leicht sind die Eindrücke, in denen die Fruchtigkeit der Sauerkirsche von einem Kräuterstrauß begleitet wird, aus dem deutlich etwas Rosmarin herausragte. Unheimlich trinkanimierend, mit leichtem Pfeffer-Ton (grüne Körner), geht dieser Sortenvertreter ins Finish.
Tiefdunkel erscheint dagegen der besagte „Opal Ried Hochcsater“, der zwar den gleichen Jahrgang aufweist, aber einer anderen Liga anzugehören scheint. Brombeeren der reifsten Art, dazu die herbe Frischeinjektion von Cranberrys, sind schon ein Trumpf. Doch dann zieht auch eine feine Kräuterwürze durch dieses Duftbild, das man am besten mit feinsten Dill-Spitzen beschreibt. Nicht die penetrante Variante aus dem Gurkenglas, sondern die elegante Betupfung von Lachs. Diesem feinen Nerv, der sich auch von der Kraft dieser Blaufränkisch-Reserve nicht einschüchtern lässt, begegnen wir wieder. Am Gaumen ist es die bestimmt auftretende Säure, die zusammen mit der kräutrigen Frische einen Weg durch das Dickicht der dunklen Beeren bahnt. Holunderbeeren und Tinte bringen nachdrückliche Kraft mit, auch die Schwarzen Oliven, schon eingeschrumpelt und zart herb, sind zu schmecken.
Doch bei aller Expressivität wirkt Stubits‚ „Hochcsater“ 2018 aktuell bereits recht ausbalanciert. Wenn er dann 2023 erhältlich sein wird, dann ist er ein „singende“ Variante des südburgenländischen Blaufränkisch. Diese Projektion fällt völlig leicht.
Bezugsquellen:
Weingut Wachter-Wiesler, Blaufränkisch „Weinberg“ 2018 kostet EUR 29 ab Hof, www.wachter-wiesler.at
Weingut Kopfensteiner, Blaufränkisch „Szapary“ 2018 wird um EUR 22 ab Hof verkauft werden, https://kopfensteiner.at
Walter Stubits, Blaufränkisch „Ried Fasching“ 2018 ist um EUR 15 ab Hof erhältlich, www.weinbau-stubits.at
Rainer Stubits, Blaufränkisch „Ried Kleincsater“ 2018 ist um EUR 15 ab Hof erhältlich, auf den „Opal Ried Hochcsater“ 2018 muss man bis 2023 warten, als Preis sind EUR 35 vorgesehen, http://stubits.at/