Wenn man schon alles erzählt hatte im Superhelden-Kosmos von Marvel, dann ließ man unter Comic-Titan Stan Lee immer ein „What if…?“-Heft vom Stapel. Absurde Annahmen wurden umgesetzt, Fan-Fantasien ausagiert: Spider Man wurde kein Verbrechensbekämpfer, der Mächtige Hulk bekam trotz Verwandlung den Super-IQ Bruce Banners mit oder Conan musste gegen Thor kämpfen. In der Whisky-Welt heißt „What if…?“ ein wenig anders. Man erzählt aber auch. Denn „A Tale of…“ ist der Name der Spielwiese von Dr. Bill Lumsden bei Glenmorangie. Inspirationen kommen da aus der Konditorei (hier die „A Tale of Cake“ -Story) oder von einem Waldspaziergang (2022 war das hier beim „A Tale of Forest“ der Fall). Ja, auch ein Wollpullover durfte schon mal als Single Malt interpretiert werden (auch den haben wir verkostet).
Diesen Herbst geht man den Weg weiter. Und wenn eine Eismaschine bei der Neuheiten-Präsentation von LVMH, der Mutter-Company Glenmorangies, steht, dann weiß man: 2024 ist das Jahr für „A Tale of Ice Cream”gekommen. Salon-Eis trifft Single Malt!
Die Kern-Aufgabe hatte diesmal aber nicht „Dr. Bill“ über, sondern Gillian Macdonald, die Master Blenderin von Glenmorangie. Sie prüft ja auch die Fässer im Bestand der Highland-Destillerie. Und für die Aromen einer Eisdiele ging sie auf die Suche nach so genannten „High Vanillin casks“. Diese Eichenfässer weisen durch das intensive Toasting eine höhere Konzentration von Vanillin auf. „A Tale of Ice Cream” zeigt das dann auch in der Verkostung. Doch wir wollen nicht vorgreifen.
Denn erst ist da eine beinahe klassische Nase für den Destillerie-Stil. Orangen-Öl und viel Malz lassen aber mit der Zeit und der vorherigen Konditionierung auf das Speiseeis an Waffeln denken. Weniger die splitternd knusprigen zum Eisbecher, eher die belgischen vom Waffeleisen, speziell wenn man sie ein bisserl dunkler anlegt. Die zarte Vanille steigt dazu passend in die Nase, aber der Kenner der Brennerei aus Tain in den Highlands bemerkt vor allem eines. Die Apfel-Noten, als „orchard fruit“ allgegenwärtig in den Verkostnotizen des schottischen Samtpfötchens, gibt es diesmal nicht.
Wenn man die fruchtigen Akkorde sucht, dann sind es eher rote Früchte, die die Aromatik ausmachen. Vor allem Erdbeere, wofür der „A Tale of Ice Cream“ aber Zeit im Glas braucht. Und eher einen Tumbler als das klassische Nosing-Glas.
Zugänglich ist dieser Glenmorangie auch am Gaumen, doch auch da fehlt die süße Fruchtigkeit der Marke. Sie geht einem aber nicht ab. Denn das malzige Element springt gerne ein und bringt einige Verzierungen mit. Die gebackene Waffelblatt-Note („Manner“-Schnitte ohne Creme) ist da zu nennen. Aber auch eine wohlschmeckende Nuss-Seite zeigt sich. Bei ihr denkt man am ehesten auch wirklich an Eiscreme. Das gute „Nocciola“ vom Italiener nämlich. Die cremige Haselnuss weicht im Finale dann einem pfeffrigen Akzent. Hier kann der Alkohol kurz sein Haupt erheben, schüttelt es aber nur und taucht wieder ab. Denn der „A Tale of Ice Cream” will einfach sanft bleiben. Oder auch nur schmelzen im Mund. Wegen dem Namen wär’s…
Bezugsquelle:
Glenmorangie, „A Tale of Ice Cream” ist – so lange der Vorrat reicht – um EUR 84,90 im Online-Shop von Weisshaus zu haben, www.weisshaus.at