Das Schöne, wenn man mit Marion Ebner-Ebenauer Sekt kostet, ist, dass sie sich auskennt. Weil sie Champagner schon immer liebt. Da fallen dann auch Sätze wie: „Wer schon einmal Selosse getrunken hat, versteht diesen Schaumwein“. Vor dieser Folie ist es interessant, wenn von den bekannten Champagner-Stil-Vorbildern dann abgewichen wird im Weinviertel. „L’Autrichienne“ ist so ein Fall, denn auf die Assemblage aus Zweigelt, Welschriesling und St. Laurent muss man einmal kommen. Aber es sollte eben ein betont österreichischer Stil werden. Nomen est omen! Mit Zero Dosage gefüllt wie alle Schaumweine der Poysdorfer Winzer, benötigt er eine wichtige Handlungsanleitung: Viel Luft geben! Vor Ort beim Verkosten in der Wein&Co-Filiale Jasomirgottstraße wurde die „Österreicherin“ aus dem Jahrgang 2017 von Manfred und Marion Ebner-Ebenauer auch karaffiert. Gute Idee! Denn grandios rauchig legt er in der Nase los, dahinter findet sich dann eine reife Birne, die mit der Schale aufgeschnitten wurde, und ein dezenter Bergamotten-Duft.
Noch markanter – und hier greift Marions Wort vom besonderen Stil – sind dann die Düfte von karamellisiertem Kraut bzw. der pikante Hauch von frischem Letscho. Dieser Januskopf will sich auch am Gaumen nicht entscheiden. Er liefert ein Oxymoron, wie es auch viele große Weine international auszeichnet – die „Österreicherin“ wirkt frisch und reif zugleich. Die Hirschbirnen-Geschmacksnoten ergeben ein zum Beißen dichtes Animo. Dem gegenüber steht ein noch markanter Gerbstoff und breite Schultern, die an rote Beeren, aber in ihrer Expresssivität auch an Rote Rübe – gedämpft und schön fleischig – erinnern. Im Grunde ist das nicht ein Sekt, sondern zwei. Der St. Laurent schwingt das Zepter, die anderen Sorten würden gerne nur knackig frisch sein. So leben beide Seelen in diesem Wein. Was die Vielseitigkeit erhöht.
Ausgeschenkt wurde aber auch eine Jahrgangscuvée aus 2007, 2008 und 2009, den ersten Grundweinen am Gut. 14 Jahre lagerte sie auf der Hefe und den Namen „Courage“ unterstreicht auch die Farbe, ein satter Messington, im Glas. „Ohne Schwefel gefüllt“, heißt es dazu, „wenn der Grundwein gut ist, geht das auch“. Entsprechend nennt man diese Mach-Art auch „Naturschönheit“. Und bei allem Lob, das jeder Kramer (in diesem Fall: Winzer) seiner Ware angedeihen lässt: Die „Cuvée Courage“ war unser erklärter Liebling bei der Verkostung. Ein extremer Frucht-Duft nach Erdbeeren, Kirschen und einem Alzerl Johannisbeeren-Gelée machte neben der Farbe auf diesen lange gereiften Non Vintage-Sekt neugierig. Denn dass er bei den Ebner-Ebenauers nicht so rotfruchtig schmecken würde, wie er duftet, war klar.
Stattdessen liefert er eine nadelspitze Perlage, die am Gaumen für eine Art Petit-Point-Stickerei sorgt. Da ein Pünktchen, dort ein sensorisches Tasten, das wie eine sinnliche Massage der Zunge agiert. Das alles noch mit Druck vorgetragen, aber nicht plump. Also kein „Kärcher“-artiger Druck von Zitrusfrüchten und Säure. Stattdessen bringen die Bläschen einen abgeschmirgelten Gerbstoff mit, der feine Orangen-Töne, etwas Kirsch-Macaron und final auch einen Hauch Weißen Pfeffer zum Vorschein bringt. Die feine Klinge dieses Sekts zeigt sich vor allem dann, wenn man ihn länger am Gaumen rollen lässt. Da bringt die Perlage in der Tat neue, für Österreich ungewohnte Qualitäten mit sich. Und selbst wenn man es nicht so genau wissen will wie ein Trinkprotokollant, sondern in einfach strömen lässt, um noch mehr zu genießen von der „Courage“ – dann hat er immer noch ein As parat. Eine feine Himbeernote liefert den finalen Eindruck.
Einen Liebling des Winzer-Paares Manfred & Marion stellt auch der „Blanc des Noirs“ (Pinot Noir) dar, der vielleicht weinigste Sekt der Serie – und für uns dem „Blanc de Blancs“ (Chardonnay) aktuell vorzuziehen. Sieben Jahren Hefelagerung haben beide 2016er mit viel Tiefgang, man kann auch sagen: Charakter, versehen. Der „Blanc de Blancs“ bringt zwar eine salin-mineralische Ader wie ein Salzcracker mit und lässt auch den Kronprinz Rudolf-Apfel am Gaumen Säure, Frucht und Frische ausspielen – nebst einem feinen Hefe-Ton. Doch gegen die mundfüllende Kraft des „Blanc de Noirs“ war er dennoch Zweiter. Frisch und präzise duftet dieses Glas. Man sieht Pink Grapefruit und Alpenkräuter wie Arnika vor dem geistigen Auge, dazu eine immer präsentere Birnen-Schar.
Druckvoll und mit einer merklich „großblasigen“ Perlage kleidet dieser Mix aus Pomelo und Birne den Gaumen aus. Die breiten Schultern ecken aber nirgends ab, sie passen genau in die Mundhöhle und versorgen sie mit rotweinigem Vergnügen. Ein Alzerl Papaya, wenn auch alles im trockenen Sektor zuhause, erhöht diese Freude. Sollte wer demnächst Bouillabaisse kochen, speziell mit viel Rotbarben – das ist der Begleiter, der dafür gemacht wurde!
Bezugsquelle:
Weingut Ebner-Ebenauer, Sekt Zero Dosage „L’Autrichienne“ 2017 kostet EUR 60,-; der „Blanc de Noirs“ wie auch der „Blanc de Blancs“ 2016 EUR 89,99 und auch die rare „Cuvée Courage“ ist um EUR 89,99 zu haben – alle vier Schaumweine bei Wein&Co. in denFilialen und online, www.weinco.at