Nicht weit vom Olympischen Hafen von Barcelona haben Alan Sheppard und Scott
Vanover 2013 ihre „Edge Brewing“-Adresse gefunden. Aus der Brauerei im „Carrer de Llull 62“ kommen mittlerweile 17 Biersorten, die dank der Bierfracht.at nunmehr auch den Weg nach Österreich finden. Dabei spielt das Duo mal mit der spanischen Seite, mal hält man sich strikt an die ungeschriebenen Gesetze der Craft Beer-Hochburg San Diego, von wo das Equipment (inkl. Wasseraufbereitungsanlage) für die Brauerei in der kommt. Das erste von uns verkostete Bier zeigt diese interkontinentale Prägung schon im Namen. Flor de la Vida wird als American Pale Ale bezeichnet. Dieses wartet allerdings mit satten 60 Bittereinheiten (IBU) auf – und die spürt man auch. Vor allem die nachhängende Bittere hat es in sich, obwohl das nach Orangenblüte (man könnte auch sagen: etwas Fanta) und Alpenkräutern duftende Flor de la Vida eher verhalten beginnt. Durch die mächtige Schaumkrone duftet es also wie Limonade, aber zu Beginn schmeckt das hispano-amerikanische Bier vor allem nach der zarten Süße des Malzes. Das erinnert ein wenig an Butterkeks – und nicht an süßes Pumpernickel und Laugen-Croissants wie bei vielen andere – bei diesem 4,7%-igen Bier.
Erst allmählich kommt die Frucht, wieder viel Zitrusanteil findet sich darunter (Grapefruit und Orange), ehe dann die Hopfennoten immer deutlicher in den herben und langen Abgang führen. Die Drinkability bleibt aber beständig hoch, dieses Pale Ale „macht net zua“, wie es ein bayrischer Kenner letztens formulierte. Im Gegenteil, davon will man mehr trinken.
Wir wenden uns aber dem „Hoptimista“ zu, dem noch kräftigeren India Pale Ale (IPA) aus Barcelona. Zwei Mal mit Hopfen „gestopft“, schwankt der Duft des „Hoptimista“ zwischen der salzig-brotigen „Soletti“-Note des Laugengebäcks und einer so grünen Hopfennote, dass man vermeint, frischen Gras-Schnitt vor sich zu haben. Mit Bitterwerten von 78 IBU hat man dem spanischen Bier wahrlich einiges an Hopfen zugeführt, doch zunächst ist es die Cremigkeit des Antrunks, die überrascht. Die Bittere lässt zwar nicht lange auf sich warten, wird durch zarte Milchschokolade-Noten des Malzes aber anfangs noch gebremst. Erst im Finish bricht sich der Hopfen die Bahn, gegenüber vielen eindimensionalen IPAs mit nachhängender Bittere, die den Gaumen nur mehr austrocknet, kommt hier eine eher Artischocken-artige Herbheit im Abgang zum Vorschein. Etwas medizinal mag das wirken, aber auch durchaus anregend.
Dieses Bier, das Wortspiel kann man fast nicht auslassen, balanciert wirklich „on the edge“. Ein schmaler Grat trennt hier die Fans von den Verächtern. Polarisierend im Grenzgang, in jedem Fall aber perfekt gemacht!
Ungewöhnlich wie die Brauerei Edge ist auch die Promotion, die auch Sponsoring von Springreit-Turnieren umfaßt. Aber auch bei der Namensgebung zeigt man sich kreativ, wie das dunkle Bier der Verkostung, „Padrino“ (zu Deutsch: „Der Pate“) zeigt. Das Augenpaar auf der Flasche suggeriert, dass das Porter „stark und verläßlich immer nach Dir schaut“, wie es Sheppard und Vanonver formulieren. Mit 38 Bitter-Units deutlich unter den Hopfen-Bomben zuvor angelegt, hat das 6,9%-ige Porter quasi die Aufgabe an der Malz-Schraube zu drehen. Das gelingt auhc gut, der süße Duft verdankt sich eindeutig einer feinen Malz-Mischung – Lakritze ist da, aber auch Heidelbeeren riecht man. Eine ungewöhnliche Ouvertüre, zumal wir uns nicht täuschten, der dunkle Beeren-Ton findet sich auch im Antrunk wieder. Begleitet wird er vom typischen kalten Kaffee-Aroma und auch etwas Schokolade, die Fruchtigkeit bleibt aber immer merkbar. Cremigkeit, ein weiteres von Porter-Freunden geschätztes Kriterium, stellt sich ebenfalls ein. Aus dem Pumpernickel-artigen Grundgeschmack schält sich er spät die Bittere heraus – dezent und weit hinten am Gaumen sorgt sie für ein trocknendes Finish. Dieses Porter hat tatsächlich hohe Drinkability, wer bisher immer einen Bogen um diesen Bierstil machte, sollte sich vom „Padrino“ mal ein Angebot machen lassen. Er kann es möglicherweise nicht ablehnen…
Bezugsquelle:
Edge Brewing, Pale Ale „Flor de la vida“, das „Hoptimista“ und das dunkle „Padrino“ sind um jeweils EUR 3,60 (0,35 Liter) bei Clemens Kainradls „Bierfracht“ erhältlich, www.bierfracht.at