Dass der Gin im Grunde eine niederländische Erfindung darstellt, war unüberhörbar im heuer am Karlsplatz. Patrick van der Peet stellte in Wien die Kreation vor, die eine ähnliche Geschichte aufweist wie die beliebte Mix-Spirituose mit dem Wacholder-Kick. Denn auch das Team des Gin 1689 – neben van der Peet Alexander Janssens – stammt aus Holland und traf sich in London. So, wie es mittlerweile fast 400 Jahre zuvor mit dem Genever geschah. Als „Dutch Courage“ das Geheimnis des niederländischen Kampfmuts, verlor das Originalrezept in England den malzigen Destillatanteil („moutwjin“). Dafür gesellten sich später die Gewürze aus den britischen Kolonien hinzu. Und mit William von Oranien auf dem englischen Thron gab es auch einen starken Befürworter von „Madame Geneva“ als Alltagsgetränk im ausklingenden 17. Jahrhundert.
Auf diese Rezepte spielen die Marketing-starken Holländer an, die sich auch bei damals zeitgenössischen Aromagebern (= botanicals) bedient haben für ihren 42,5% vol. starken Gin: Quitte, Muskatnuss, Anis und Nelken, dazu Apfel (Cox Orange). 43 Anläufe hat es benötigt, um das finale Rezept zu kreieren. Das geschah wieder an der Wiege des Gins in Schiedam, wo Herman Jansen als Destillationspartner gefunden wurde. Das renommierte Unternehmen aus der Genever-Hochburg hat u. a. bereits mit Bobbys Wacholder-Erfahrung. 2017 erweiterte man diese Expertise mit Gin 1689.
In der Tat weist der Gin ein markantes, deutlich vom Wacholder geprägtes, Duftbild auf. Etwas Seerosenteich und sumpfige Gerüche, die erdig und herb die Nase kitzeln, stehen am Beginn. Frischer und nicht tot getrockneter Wacholder legt darauf eine Schippe an ätherischem, fast waldig anmutendem Duft. Auf der Fruchtseite sind es interessanter Weise dunkle Beeren, an die man denkt. Auch im Mund kommt pur kaum zitrusfruchtige Frische zum Vorschein, dafür hat man aber ein angenehm rundes Gefühl auf der Zunge, das im Finale in Richtung mentholiger Noten ausapert. Die feine alkoholische Kante (viel weniger „Umdrehungen“ dürfte er nicht haben!) vermengt sich mit Kräuter-Anklängen. Salbei und Lorbeer wären hier aus dem Arsenal der leicht bitteren, grünen Würze-Geber zu nennen.
Spannend wird dann der Test mit Tonic Water – in unserem Fall Schweppes Dry – im Glas. Hier erweist sich einmal mehr, dass Pur-Verkostungen nur bedingt Aufschluss über Gin geben. Denn als Longdrink wird der Gin 1689 deutlich fruchtiger. Die Orangen-Noten werden erstmals spürbar, auch die plötzlich am Gaumen erscheinende Süße tut dem Drink durchaus gut. Wobei man den Holländer auch durchaus allen Freunden eines pur getrunkenen Gins empfehlen kann. Denn so viel klassische Kante hat schon was!
Für alle anderen gibt es den mit Rosenblättern und Erdbeeren aufgepeppten „Queen Mary“, einen pinken Gin, der mit weniger Biss (38,5% vol.), aber viel mehr Süße aufwartet. Hier trifft der Duft eines roten Gummibärchens auf eine Eukalyptus-frische Note, die von den Beeren aber bereits pur sehr fruchtig überlagert wird. „Verkauft sich im Sommer bestens“, berichtet Mijnheer van der Peet. Wird wohl stimmen. Wir bleiben dennoch lieber klassisch. Ist ja auch noch Winter am Karlsplatz.
Bezugsquelle:
Gin 1689, „Dutch Dry Gin“ kostet EUR 33,90 (0,7 Liter-Flasche), der „Queen Mary Dutch Pink Gin“ ist um EUR 32,90 zu haben, beide bei Spiritlovers, www.spiritlovers.at