An sich sind es zwei getrennte Welten: Ein Jahr lang bangt der Winzer in den Unbilden der Natur, damit er einen einzigen Wein keltern kann. Der Kreativbrauer an seinem 50 Liter-Topf hingegen kippt den Sud einfach aus, wenn er übel ausfallen sollte. Krone(nkorken) richten, weitermachen! Doch mitunter treffen sich die beiden Welten auf durchaus witzige Weise. In einer Blindverkostung lobte Christoph Hoch, bekannt für seine Pet Nat-Serie unter dem Label „Kalkspitz“ (hier haben wir darüber geschrieben), die „geile Reduktion“ eines vermutlich französischen Weißweins so lange, bis sich keiner mehr halten konnte. Denn eingeschenkt wurde keineswegs Bourgogne Blanc. Sondern Bier.
Es war ein Sauerbier aus Belgien, das den Niederösterreicher dann nicht mehr losließ. Heute, so viel darf man vorwegnehmen, braut er selbst. Mit Frischhopfen aus Hollenburg und der Tendenz, irgendwann auch in den Export damit zu gehen. Doch sein eigenes Bier hat der Winzer auch so. Man könnte sagen, er traf sich mit Drie Fonteinen über die Flaschengärung. Auch wenn es mehrerer Zufälle bedurfte, damit die belgische Kult-Brauerei auf den Österreicher stieß bzw. umgekehrt. Denn in der Bierwelt ist die Sauerbier-Brauerei mit dem markanten „3er“ auf den Flaschen schlicht eine Legende. Während man lange der letzte „Verschneider“ von Sauerbieren anderer Brauer war, ist man heute auch selbst Brauer des traditionellen Lambic. Kenner ersehen die selbstgebrauten Kreationen an der Flaschenfarbe – sie ist schwarz statt grün.
3 Fonteinen nutzt das hohe Wissen um Flaschengärung aber auch mit Trauben. Womit der Veltliner von Hoch ins Spiel kommt. Denn mit bio(dynamischen) Weingärtnern als Partner hat man in Belgien eine eigene Range namens „Druif“ in die Großflasche gebracht. Mittlerweile liest sich diese Liste der Biowinzer schon wie ein europäisches „Who is who“: Aus Deutschland liefert Harth+Harth (Rheinhessen) u. a. Riesling und Sylvaner sowie Pinot Gris. Aus der Schweiz stammen Pinot Noir und Chasselas von Mythopia, Marco Tinessa liefert als italienischer Partner Aglianico- und Fiano-Trauben. Frankreich ist mit Elsässer Gewürztraminer vom Weingut Ginglinger und der raren Rotwein-Sorte der Loire, dem Grolleau, von Hauts Baigneux vertreten. „2024 kommen Winzer aus dem Languedoc, Jura, Beaujolais und der Loire dazu“, verspricht Gaëtan Claes seitens der Brauerei weitere neue Spontanvergärungen.
Konkret werden die sorgsam unter Schutzatmosphäre angelieferten, gerebelten Trauben in Sauerbier unterschiedlicher Altersstufen für volle fünf Monate mazeriert. „406 Gramm Trauben waren es für einen Liter, sieben Basisbiere waren im Spiel und im Schnitt ist das Bier mit unserem Veltliner 19 Monate alt“, liefert Christoph Hoch (am Bild links) die technischen Eckdaten. Wie aber macht sich jetzt die Austro-Nationaltraube im Sauerbier? Sie bereichert den normalen Duft-Kanon eines Lambic jedenfalls. Das zeigt der erste Schnupperer am 7,5% vol. starken orangen Bier mit Roségold-Schimmer. Zu Salz, Sesam und Zwiebelkonfitüre kommt nämlich auch Jonagold-Apfel und Hagebutte. Knackige Säure trägt die Aromen beim „Druif Grüner Veltliner“. Ein wenig geklärter Tomatensaft schwingt in der sehr würzigen Anmutung mit, salzig und mit Zitrusnoten macht das Weintrauben-Bier Druck. Im Finish ist der Rebsorten-Charakter dann im Geschmack von gelbem Apfel am deutlichsten spürbar – der Einsatz von Weizenmalz (40% der Schüttung) lässt die Fruchtnoten schön aufleben. Starke Empfehlung als Aperitif-Bier!
Noch älter ist der Flascheninhalt beim „Druif Muscat Ottonel“, das mit Bernstein-Ton ins Glas kommt. 33 Monate reifte das Bier im Schnitt und die Aromasorte bringt ein gänzlich anderes Gepräge mit. Marzipan, Orangenblütenwasser und vor allem Jasmintee sind die ersten olfaktorischen Ideen. Mit etwas Standzeit kommt aber auch Safran immer deutlicher durch. Das sind sicher keine typischen Sauerbier-Gerüche! Das bestätigt auch der Kostschluck, der den Geschmack von Pomelos und – deutlich dezenter ausgeführt – von jungen Weingartenpfirsichen mitbringt. Im Finish wird dieses mir reichlich Muskat Ottonel Trauben hergestellte Bier immer eleganter, bis es fast ätherisch verhaucht. Die feine Säure und Fruchtigkeit schafft hier einen Wein-Ersatz, der überall dort passt, wo Chablis angesagt gewesen wäre: Fisch und Meeresfrüchte kann diese austro-belgische Kombination fein begleiten. Natürlich denkt man auch gleich an das Nationalgericht „Moules frites“. Und man muss im Nachhinein Christoph Hoch recht geben – diese Abfüllung von 3 Fonteinen ginge locker auch als Wein durch.
Apropos Wein: Die Traubentransporte organisiert man in Hollenburg aber nicht allein; aus Gols sendet Winzerkollege Claus Preisinger seinen Blaufränkisch-Trauben nach Beersel in Belgien. Dieses Lambic hat ein Alter von 28 Monaten und ist mit 8,2% vol. auch stärker als die beiden Weißwein-basierten „Druifs“. Die strahlende Rubin-Färbung macht in diesem Fall Laune, der Duft von Kirschkuchen („Clafoutis“) schwebt im Raum, garniert mit etwas Rooibos-Tee. Nektarine ist auch da, sie lässt auch einen leichten Nougat-Ton durchschimmern. Interessant ist der Geschmackseindruck. Denn er fühlt sich wie der Nachhall eines Pinot Noir an, nur, dass er hier am Anfang steht. Leichter Gerbstoff, der Struktur gibt, und eine Mischung aus Weichsel und rotbäckigem Apfel vermengen sich.
Recht spät setzt die Säure des „Druif Blaufränkisch“ ein. Sie ist aber ein „funky“ Element, das den Gaumen belebt – im Nachgang denkt man an Ribisl-Gelée bei diesem säurig-fruchtigen Mix. Für Freunde des „Food Pairings“ ist die Drie Fonteinen/Preisinger-Kooperation eine geradezu ideale Begleitung zu Hartkäse wie Comté und Gruyére jenseits der 18 Monate Reifezeit. Aber auch pur gilt als Motto: Wein(traube) im Bier – das raten wir!
Bezugsquelle:
Brouwerij 3 Fonteinen, „Druif Grüner Veltliner“ bzw. „Druif Muscat Ottonel“ sind wie das auf roten Trauben Claus Preisinger basierende „Druif Blaufränkisch“ in der Großflasche (0,75 Liter) zu EUR 34,20 bei Weinskandal erhältlich, https://weinskandal.at