Die Wirkung des ersten Weines am späten Vormittag ist umso größer, als er einen echten Kontrast darstellt. Noch eben hetzte man in die Cucina Itameshi, um die Bilanz des Weingut mit der größten Bio-Fläche nicht zu verpassen. Und wie immer musste wird dabei aufpassen, beim Weg aus der U1-Station nicht in die falsche Richtung zu gehen. Doch die Praterstraße liegt hinter uns, sobald Lukas Weitschacher von der Domäne Wachau den Smaragd „Brandtstatt“ 2023 eingeschenkt hat. Dieser Wein fordert der Sinne, er fokussiert einen, sodass die Unbilden des Fußwegs nicht mehr zählen. Das liegt vor allem am Duft dieses Rieslings, der eine gewaltige Steinobst-Nase mitbringt. Pfirsich-Gelée und Marillenröster zugleich bieten sich als Assoziationen an, wobei ersteres noch besser die kühle Art dieses Weins ausdrückt. Und wie zur Bestätigung kommt dann auch noch Zitronenmelisse zu diesem Sträußchen an einladenden Odeurs dazu.
Der „Brandstatt“ 2023 ist aber kein „Nasenwein“; er weiß auch im Geschmack zu überzeugen. Wie eine fruchtige Masse kleidet er den ganzen Gaumen aus. Die feine Pikanz (man denkt an Gelbe Paprika) ergänzt die Saftigkeit des Rieslings. Die Säure der Sorte setzt hingegen spät ein. Sie trägt den Smaragd aber in das Finale. Wobei als Supplement noch Piment eine Art Saft für Erwachsene abschließend würzt.
Ein Synonym für die Spitzenqualität der Domäne Wachau durfte nicht fehlen: „Ried Achleiten“, von der man ein Drittel der 18 Hektar bewirtschaftet. Sie kam mehrfach ins Glas, „denn 2005 war der erste Jahrgang, den Heinz Frischengruber vinifiziert hat“. Dieser Wein zeigt auch, dass der etwas wenige üppige Stil (keine Überreife und Botryitis-befalle Trauben) bestens zu reifen versteht. „Achleiten 2005“ ist alterslos und macht aktuell noch viel Freude.
Als Kontrastprogramm fungierte der 2023er aus derselben Riede. Von den 18 Hektar bewirtschaften die Weinhauer („wir sagen nicht Winzer“, so Weingutsleiter Roman Horvath, MW) ein Drittel. Der aktuelle Wein zeigte dem aufmerksamen Verkoster auch, die sich der Stil graduell verändert hat, was auch am höheren Rebstockalter liegt. Allerdings: Das muss man auch herausarbeiten, recte: zulassen. Wie das geht, demonstrierte die „Achleiten“ des aktuellen Jahrgangs: Würzig nach hellem Tabak zeigt sich die erste Nase. Man könnte aber auch von einem Leinsamen-Cräcker sprechen bei diesem Duft. Erst dahinter meldet sich – unverkennbar, aber nicht die Dominante! – der „Golden Delicious“-Apfel und weitere gelbfruchtige Nuancen.
Das Steinobst-Gerücherl eines guten Rieslings ist da, doch in diesem Fall lässt sich klar sagen: Lage geht vor Sorte! Auch im Mund ist die würzige Seite ab dem ersten Tröpfchen spürbar, das die Zunge analysiert. Die an Vollkorn und Ölsaaten erinnernde, fast knackige und ganz zart röstige Ader wird erneut von einem unverkennbaren Steinobst-Körberl abgelöst. Kühl schmeckt dieser Pfirsich, er streift auch an Mispeln an, Gärtner werden auch die „Ungarische Best“ als Marillen-Note herausstreichen. Ein richtig freundliches Gemüt zeigt dieser noch junge Wein in dieser Phase. Der Fruchtcharme blitzt auf wie wärmende Sonnenstrahlen, sobald die Würze-Noten verschwunden sind. Nicht immer ist bei Wachauer Weinen so früh klar, wo die Reise hingeht. Bei der Domäne weiß man das schon. Und das nicht nur bei der „Achleiten“!
Bezugsquelle:
Domäne Wachau, Riesling Smaragd „Ried Brandstatt“ 2023 wird wie auch der Riesling Smaragd „Ried Achleiten“ 2023 um EUR 38,- ab Hof bzw. im Webshop der Domäne angeboten, https://www.domaene-wachau.at/de/